Review

Kindheitserinnerungen – die nächste!

Es gab da mal eine Serie. Eine Serie über plüschige Knuddelbärchen, die im Wolkenland lebten und einen Regenbogen rauf- und runterkletterten. Auf ihren Bäuchen waren Symbole abgebildet, etwa ein Herz. Damit konnten sie Strahlen abschießen. Diese Serie kenne ich bis heute nicht. Aber ich kenne einen der Filme, auf denen die Serie basiert: ihr zweites Abenteuer mit dem simplen Titel „Der Glücksbärchifilm“. Und ich habe es geguckt. Und geguckt. Und geguckt.

Ursprünglich als Grußkarten 1981 auf die Menschheit losgelassen und später auch in Form von Stickeralben und Sammelfiguren boomend, ist die Zielgruppe des Films ebenfalls die der ganz Kleinen. Für Kinder älteren Semesters und Jugendliche löst der Film mit großer Wahrscheinlichkeit einen Zuckerschock aus, denn das, was „Der Glücksbärchifilm“ ist, ist süßer als Zuckerwatte. Damit nicht genug, daß die Hauptfiguren regenbogenfarbenbunt sind, sie haben sich auch noch alle so furchtbar lieb. Ihre Lebensaufgabe lautet, alle unglücklichen Menschen auf der Erde wieder glücklich zu machen, so auch Kim und Jason, die neue Eltern brauchen, und den Jungen Nicholas, einen Zauberlehrling, der von seinem Mentor ziemlich untergebuttert wird. Beim Aufräumen findet er ein geheimnisvolles Buch, in dem ein böser Geist haust. Dieser schafft es schnell, Nicholas in seinen Bann zu ziehen. Mit seiner Hilfe soll alles Glück auf Erden verschwinden. Dadurch wird wiederum das Wolkenland gefährdet, der Zeiger des Glücksbarometers fällt und fällt. Mit der Hilfe von Kim und Jason sowie einigen Cousins aus einem weiteren Land, dem Wald der Gefühle, machen sich die Bärchis auf, um den Geist zu bekämpfen – mit der Kraft ihrer Liebe.

Was heute wohl nur noch wenige Erwachsene ohne Folgeschäden ansehen können, und wenn, dann vornehmlich mit ihren Kindern, war damals ein großer Renner. Und wer noch einmal das Kind in sich entdecken möchte, ist hier genau richtig. Auch der Film mag lediglich ein Merchandising-Produkt gewesen sein, um die süßen Plüschis noch populärer zu machen, aber die Geschichte, die man sich für diese Produkte ausgedacht hat, ist relativ liebevoll und sympathisch aufbereitet. Klar, daß sich am Ende auch alles in Wohlgefallen auflöst, Friede, Freude, Eierkuchen allerorten herrscht und alle das bekommen, was sie sich so sehnlich gewünscht haben. Bis es soweit ist, gibt es jedoch neben vielen kindgerechten Niedlichkeiten auch so einige heikle Momente zu überstehen, denn auf ihrer Reise auf die Erde zu Nicholas legt der böse Geist unseren Lieblingen allerlei Steine in den Weg, etwa einen vom Bösen besessenen alten Baum, dem Einhalt geboten werden muß, und einen Sturm, der die Weiterfahrt des Wolkenschiffes torpediert.

Erst auf der Erde angekommen wird sogar versucht, auf Atmosphäre zu setzen, wenn die Protagonisten über die dort herrschende Düsterheit erschrocken durch die Gegend gehen und emotionslosen Kindern begegnen, die zwar nichts Bösartiges tun, aber emotionslos-zombiehaft mit dunklen Augenringen umherwanken, weil der Geist bereits alle Liebe zerstört hat. Dies gelingt sogar ausgesprochen gut, so daß die beabsichtigte Stimmung nicht verfehlt wird. Abgesehen vom Geist, der als Kopf in der Mitte des Buches seine Drohungen ausspricht, und dem Baum sind dies wahrscheinlich die Szenen, die in der Erinnerung festsitzen und Kindern durchaus Angst bereiten können.

Das Finale gerät dann leider allzu plump, indem die oben erwähnten Glücksstrahlen angewendet werden, die allein aber nicht ausreichen. Es müssen schon Kim und Jason, nicht mit derlei Kräften ausgestattet, her und auf den besessenen Nicholas mit Beschwörungen über Freundschaft einwirken, damit der Gewinn des Guten garantiert werden kann. Das ist eine Erklärung, mit der man sich als Kind zufrieden geben mag, als bereits Normaldenkender wirkt das dann doch reichlich dick mit dem Edding aufgetragen. Daher verwundert es nicht, daß die hier proklamierte klebrige Botschaft, daß Liebe und Freundschaft über alles siegt, dann gern mit Ablehnung gestraft wird und den Glücksbärchis der Ruf vorauseilt, eine Horde fragwürdiger, weil ja ach so lieber Liebeszwerge zu sein, sofern man drauf angesprochen wird, was einem von diesen Gesellen hängen geblieben ist.

Extrem ungenießbar folglich auch der eine oder andere eingestreute Song. „Wald der Gefühle“ ist so ein Kandidat, in dem der Refrain uns so schöne Zeilen wie „Gehst du nur mit Freunden Hand in Hand, ist Heimat überall“ einbläut. Singulär gut ist da nur das Titellied „Wolkenland“, das zum Vorspann gesungen wird, der auf die Exposition folgt, einer Rahmenhandlung, die konventionellen Mustern folgt und in Form eines Märchens daherkommt, indem ein älterer Mann natürlich sehr bereitwillig zuhörenden Kindern eben diese Geschichte von den Glücksbärchis erzählt – um sich nach Abschluß des Bärchenabenteuers als Nicholas herauszustellen, was für ein Kind noch eine überraschende Wende sein dürfte, wenn man noch nicht richtig mitdenken kann. Obwohl nicht wesentlich weniger süßlich als besagtes „Wald der Gefühle“ betört wenigstens die weibliche Stimme.

„Der Glücksbärchifilm“ ist seine vollen 70 Minuten lang eine extrem kurzweilige und noch nicht mal zu stark auf kleinkindliche Humorbedürfnisse (d.h. der Klamauk ist nicht zu zahlreich) ausgerichtete Angelegenheit geworden, einerseits berechnend und immens klebrig, bis an die Grenze der Erträglichkeit und darüber hinaus, aber andererseits doch so ziemlich das Optimale, was man einem kleinen Kind zumuten kann, wenn es erste Berührungen mit dem unentbehrlichen Gerät, dem Fernseher, macht. 7/10.

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