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Rock Hudson spielt eine echte Koryphäe im Angelsport, den gefragteste Verkäufer in einem Geschäft für Anglerbedarf, der sogar ein bekanntes Fachbuch über den Sport verfasst. Da sich sein Chef und eine von Paula Prentiss gespielte PR-Expertin einen großen Werbeerfolg davon versprechen, soll der Angelexperte nun an einem mehrtätigen Turnier teilnehmen. Dumm nur, dass der noch nie geangelt hat und sich dabei alles andere als geschickt anstellt. Die PR-Dame, die sich mit dem “Experten“ von Anfang an einige kleinere Scharmützel liefert, bietet diesem schließlich an, ihm die Grundlagen des Sports bis zum Turnierbeginn zu vermitteln, damit der nicht als Betrüger dasteht und womöglich seinen Job verliert - natürlich mit dem Hintergedanken, sich selbst ihren neuen Schützling zu angeln.

Seinerzeit, 1964, an den Kinokassen nicht unerfolgreich, aber auch kein Kassenschlager und zunächst mit gemischten Kritiken bedacht, sicherte sich „Ein Goldfisch an der Leine“ über die Jahre doch noch seinen Platz in der Filmgeschichte. Zuletzt tauchte die Komödie gar in der Top 100 der FILMSTARTS-Redaktion als einer der wenigen Genre-Vertreter auf. Ihn auf eine Stufe mit „The Big Lebowski“, „Harry und Sally“ oder „Das Leben des Brian“ zu stellen, ist jedoch sicherlich etwas übertrieben, weil der Film einige unübersehbare Schwachstellen aufweist, die ihn phasenweise deutlich ausbremsen.

Von seinem Witz hat „Ein Goldfisch an der Leine“ über die Jahre aber wenig verloren. Die Slapstick-Momente, die vor allem aus der Ungeschicklichkeit des vermeintlichen Angel-Experten resultieren sowie auch die immer wieder gekonnt zugespitzte Situationskomik sorgen auch über 50 Jahre nach Erscheinen des Films noch für Heiterkeit. Die amüsanteste Sequenz ist zwar ganz am Anfang zu sehen, wenn Rock Hudson unter den Augen eines Polizisten durch das Schiebedach eines fremden Autos klettert, um es umzuparken, doch auch im weiteren Verlauf lässt sich Howard Hawks einiges einfallen, um seine Zuschauer zu unterhalten, angefangen mit einer selbstaufblasbaren Anglerhose bis hin zu einem Motorroller fahrenden Bären.

Überhaupt ist „Ein Goldfisch an der Leine“ ein typischer Hawkes-Film und das nicht nur weil der passionierte Jäger und Angler seinen Lieblings-Hobbys unmittelbar nach „Hatari!“ erneut einen Film widmet. Die Handschrift des Kultregisseurs, der sich auch im Western-Genre unsterblich gemacht hat, merkt man zudem den spritzigen, kurzweiligen Dialogen durchweg an, in denen sich Hudson und Prentiss nach gängigem Schema ein bisschen necken, bis sie sich schließlich wenig überraschend ineinander verlieben.

Damit ist zugleich eine der großen Schwächen des Films angesprochen: Die Kalkulierbarkeit. Der Film verläuft - und das auch nach damaligen Verhältnissen - sehr stark nach Schema F, greift viele Geschlechterklischees auf und inszeniert einen so schon oft gesehenen Geschlechterkampf, mit dem sich Hawkes u.a. bereits in „Leoparden küsst man nicht“ befasst hatte. Er nimmt dabei zwar die männliche Versagensangst gekonnt auf die Schippe, strapaziert das Hin- und Her zwischen seinen beiden Hauptfiguren, die sich alle paar Minuten näher kommen, um sich dann wieder zu zerstreiten, aber deutlich über. Die Laufzeit von runden zwei Stunden ist angesichts der absehbaren Handlung dementsprechend deutlich zu lang, sodass die Geduld des Zuschauers stellenweise etwas strapaziert wird. Das geschieht vor allem zum Ende hin, wenn sich das Ganze sehr behäbig dem Happy-End entgegensehnt.

„Ein Goldfisch an der Leine“ ist dennoch insgesamt unterhaltsam und auch für die Generation „Hangover“ sicherlich kein Reinfall, weil Hawkes eine meist gut getaktete, wenn auch zu lange, Komödie gelungen ist, die durch den von Henry Mancini komponierten Score stimmig und heiter unterlegt wird. Dann wäre da noch der sonst so coole Rock Hudson, der sich in seiner ulkigen Rolle für nichts zu schade ist, während die gut aufgelegte Paula Prentiss stellenweise vielleicht ein wenig zu schrill auftritt. Hinzu kommen die drolligen Nebenfiguren, die von einem spielfreudigen Ensemble gelungen auf die Leinwand gebracht werden.

Seinen besonderen Charme schöpft der Film zudem aus seinen Anspielungen und Zweideutigkeiten, bei denen das Angeln auch mal als leicht obszöne Metapher für den Sex herhalten muss, worin der Protagonist offenkundig ebenfalls der Nachhilfestunden bei Mrs. Prentiss bedarf. Der englische Originaltitel „Men`s Favorite Sport?“ ist da in jedem Fall eindeutiger als der deutsche. Was in den frühen 60ern, in denen die letzten Nachwehen der McCarthy-Ära noch zu spüren waren, wohl in erster Linie den Zensor zufriedenstellen sollte, bietet heute einen netten Kontrast zu Komödien, bei denen der Sex in Bild und Sprache kaum mehr expliziter sein könnte.

Fazit:
Howard Hawkes` Komödie, die mitunter zu den Klassikern des Genres gezählt wird, unterhält mit charmantem Slapstick, neckischen Wortgefechten und einigen witzigen Zweideutigkeiten, bei denen das Angeln zum Sinnbild für das Schäferstündchen wird, gelungen, verarbeitet aber auch derart viele Klischees, dass für keinerlei Überraschung gesorgt wird. Trotz der versierten Umsetzung ist Hawks vor allem die hohe Laufzeit anzukreiden, die zu vermeidbaren Längen führt. Sehenswert ist „Ein Goldfisch an der Leine“ weiterhin dennoch.

61 %

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