Review
von Charley_Chase
Sind eigentlich sämtliche Theaterstücke von Tennessee Williams verfilmt worden? Die meisten schon– einige sogar nur wenige Jahre nach deren Uraufführung. Das sagt einiges über Williams‘ Erfolg und auch über seine Nähe zur Filmwelt aus.
Sweet Bird of Youth ist eines dieser damals brandaktuell für die Leinwand adaptierten Stücke: 1959 hatte es in New York City Premiere, der Film folgte bereits drei Jahre später – die wichtigen Rollen waren mit den Schauspielern der Theaterpremiere besetzt. Regie führte Richard Brooks, der bereits vier Jahre zuvor mit der Verfilmung des Williams-Stücks Cat on a Hot Tin Roof (dt.: Die Katze auf dem heissen Blechdach) Furore machte – ebenfalls mit Paul Newman in der Hauptrolle.
Der Herumtreiber Chance Wayne (Newman) stattet seiner Heimatstadt St.Cloud in Florida wieder einmal einen Besuch ab. Im Schlepptau hat er die abgehalfterte Hollywood-Schauspielerin Alexandra Del Lago (Geraldine Page), die er als seine Chance ansieht, in Hollywoods Filmwelt Fuss zu fassen. Er hoffiert sie, spielt den jugendlichen Liebhaber; die alkohol- und hasch-abhängige Diva ist jedoch viel zu sehr in ihr eigenes Ego verstrickt, um ihn richtig wahrzunehmen. Durch Waynes Auftauchen im Städtchen werden alte Geschichten ans Tageslicht gespült, die man dort lieber unter dem Deckel gehalten hätte – allen voran die noch immer brennende Liebe zwischen Wayne und Heavenly (Shirley Knight), der Tochter des korrupten Lokalpolitikers „Boss“ Finley (Ed Begley). Wayne wird mehrmals gewarnt, die Stadt zu verlassen, doch sein störrisches und unbekümmertes Wesen lässt ihn alle Alarmzeichen in den Wind schlagen; ohne es wahrhaben zu wollen, beschwört er eine Katastrophe herauf...
Das schreckliche Original-Ende (Wayne wird vom irren Finley-Sohn kastriert) musste wegen des damals noch streng gehandhabten Production-Codes geändert werden – in etwas, das einem Happy-Ende recht nahe kommt, sich aber im Kontext fremd anfühlt. Wohl deshalb gilt Sweet Bird of Youth als nicht besonders geglückte Williams-Adaption.
Alles andere an diesem Film ist gelungen. Obwohl er seine Bühnenherkunft nicht verleugnen kann (wenige Szenenwechsel, viel Dialog), fesseln die schauspielerischen Leistungen sämtlicher Beteiligter über die gesamte Filmdauer – vor allem Geraldine Pages Leistung als abgetakelte Filmdiva brennt sich ein: Sie gehört zu den schauspielerischen Höhepunkten des amerikanischen Kinos. Richard Brooks Regie ist einfallsreich, subtil und feinfühlig – und die Vorlage, Williams' Stück, glänzt mit tollen Dialogen, lebendigen Hauptfiguren und felsenfestem Aufbau.
Thematisch ist das Ganze schon sehr weit entfernt; aber wem hervorragende handwerkliche Qualität genug ist, wird an Sweet Bird of Youth seine Freude haben.