Als Graf Dracula mit einem Pflock im Herzen stirbt, erhofft sich seine Tochter Nadja ein neues, ein freieres Leben. Sie träumt von einem weltlichen Dasein, den Schmerz des Momentes hinter sich lassend. Als sie Lucy kennen lernt verbreitet dieses moderne Drama Vampirismus auch durch lesbischen Sexualkontakt, die Figuren von Bram Stokers ursprünglicher Romanvorlage sind weitgehend geblieben, doch in die Großstadt transponiert. So gibt Peter Fonda den langhaarigen Freak Van Hellsing und Nadjas Sklave Renfield ist eher unauffälliges Anhängsel, stets zu ihren Diensten. Unterlegt mit einem Soundtrack von Portishead bis The Verve entwickelt das Drehbuch und die Regie von Michael Almereyda vordergründig ein Liebesdrama, die Sehnsucht nach Nähe verschmilzt mit einem globalen Mythos, der sowohl in New York City wie auch dem traditionellen Transsylvanien spielt. Nicht umsonst fragt Nadjas Bruder Edgar, „Warum ist es im Inneren des Menschen finster“, Almereyda benutzt simple Effekte und Schattenspiele wie aus den Anfängen des Vampirfilms (u.a. mit einem Verweis auf Bela Lugosi). Liebe und Verzweiflung liegen in diesem Drama nahe beieinander, ein schickes Produktionsdesign schlägt unversehens den Bogen vom Original zur Gegenwart. Lebensnotwendiges Blut wird in Form von Plasmaersatz konsumiert, klassische Beißereien werden zu neuzeitlichen Aderlässen. Die Wechsel zwischen klassischer Fotografie und unmittelbarem Arthauslook mit überhöhten Kontrasten sind als Stilmittel fragwürdig, statt der Grobkörnigkeit in der Ezählweise eines David Lynch, der diesen Film präsentiert, sieht man grob gepixelte S/W-Bilder. Die düsteren Bildcollagen im Digitalzeitalter sind sicher nicht jedermanns Geschmack, ebenso die ungeschliffene Art, die Blutsauger im Hier und Jetzt leiden zu lassen. Überzeugend ist die Darstellerriege, besonders Elina Löwenstein ("Die Weisheit der Krokodile") in der Hauptrolle weiß zu gefallen. Stimmiger und fesselnder ist im Vergleich Abel Ferraras "The Addiction", doch der hat auch ein anderes Thema und ist damit ergiebiger, "Nadja" hat zweifellos seine schönen Momente.
Fazit: Modernes, ungewöhnliches Vampirdrama mit optischen Höhepunkten in seinen Verweisen auf Genreklassiker. 6/10 Punkten