Review

Einen Schwarz-Weiß-Trip in die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele gefällig...?

Hmm... sauschwierig zu diesem filmischen Kauderwelsch ein Review zu schreiben.
Eins ist aber mal klar: BEGOTTEN ist völlig handlungs- und logiklos und wartet nur darauf, dass eifrige Philosophiestudenten mit frisch gespitzten Bleistiften und Gehirnen daherkommen, die willkürlich interpretierbaren Bilder miteinander in Verbindung setzen und daraus dann ein flickenteppich-artiges Gebilde basteln, das man dann "einen tieferen Sinn" nennt.
Im Klartext: BEGOTTEN überlässt alles, aber wirklich restlos alles (also: Rollen, "Handlung", Sinn und Unsinn...), dem Auge des Betrachters und zugleich dem Interpretiervermögen des Zuschauers.
Über die Kernaussage, oder allgemein, über die Bedeutung dieses dreckigen Filmfetzens kann man also mal wieder jahrhundertelang streiten.

Die Inhaltsangabe kann eigentlich fast nur von einer Person verfasst worden sein, die bei der Produktion des Films beteiligt war, denn: da der Streifen vollkommen ohne Dialoge, eindeutige Rollenverteilung und ersichtliches Geschehen dahingammelt, ist es eigentlich unmöglich in diesem Drunter-und-Drüber eine Art "Handlung" zu erkennen.
Kurz zu den auftretenden Charakteren, deren "Name" man aber erst im Abspann erfährt:
- "Mother Earth"
- ein verkrüppeltes Wesen, dem ein Tumor aus dem Mund wächst (...), namens "Son of Earth" aka "Flesh on Bone"
- der legendäre "God Killing Himself"
- und unzählige, undefinierbar vermummte Kaputzenmänner
Die Aussage der Film handle von der personifizierten "Mutter Erde", die den Eingeweiden eines Gottes entsteigt, der sich selbst auf bestialische Art und Weise umgebracht hat, ist durchaus noch nachvollziehbar und ersichtlich.
Von dieser Szene hatte ich persönlich schon des öfteren gehört. Als alter Splatterhase erhoffte ich mir hierbei natürlich ein paar nette Effekte, aber ganz so drastisch wie behauptet, fällt diese Szene dann doch gar nicht aus.
Was dieser einführenden Szenerie aber folgt, ist mit einem menschlichen Gehirn einfach nicht mehr als "Handlung" wahrzunehmen. Düstere pechschwarze, oft kaum mehr erkennbare Bilder in Verbindung mit psychotischen Hintergrundgeräuschen, die man besten Falls als eine Art "Schneiden", "Schaben", "Kratzen", "Ächzen" oder "Wispern" beschreiben kann, geben nun ca. 40 Minuten lang den Ton an, wobei aber der Sinn oder die Bedeutung dieser Talfahrt durch die Hölle dem Zuschauer immer schön verheimlicht wird.
Laut Inhaltsangabe geht es um, .. Moment, ich zitiere: (...) Sie gebiert eine kahle, geschlechtslose Kreatur, mit der sie in die Wüste zieht. Dort treffen sie auf ein gewalttätiges Nomadenvolk, die ebenfalls Fleisch zerstören, um Neues zu erschaffen...
Was man aber sieht, ist eine auf dem Boden liegende, zappelnde Figur (Son of Earth), die von den Kaputzenmännnern von einem Platz zum anderen geschleppt wird. Recht viel mehr passiert die nächsten 30 Minuten nicht.

Was ich nur ganz zu Beginn erwähnt hab: der Film (soweit man zu BEGOTTEN wirklich "Film" sagen kann) ist schwarz-weiß.
Allerdings handelt es sich hierbei um nicht irgendein "Schwarz-weiß", sondern um das düsterste, downenste, tristeste und pessimistischste Schwarz-weiß der Filmgeschichte, so dass man das Wörtchen "weiß" eigentlich getrost vernachlässigen kann.
BEGOTTEN ist ein insgesamt recht amateurhaft und billig gemachter Streifen. Bei der mehr als gekonnten Optik hat man sich aber sichtlich viel Mühe gegeben.
Beigefügt wurden diesem "Schwarz" noch ständig auftretende Bildfehler und Unschärfe der Kamera, so dass man erstens das Gefühl hat, der Streifen stamme von den Anfängen oder dem Ende der Zeit, und man zweitens oft minutenlang kaum erkennt, was gerade gespielt wird...

... oh, bei dem Wort "minutenlang" fällt mir noch was ganz anderes ein:
BEGOTTEN bedient sich sehr, sehr oft der Zeitlupen-Technik. Phasenweise sitzt man also vor der Glotze und starrt auf einen grauen, unidentifizierbaren, langsam ruckelnden Einheitsbrei, wobei das Gehirn ständig die mühseelige Aufgabe hat die gezeigten Bilder irgendwie einzuordnen.

Optisch ist BEGOTTEN aber gerade durch seine drückende Trostlosigkeit, seine halluzinogene Dunkelheit und seine schier klapsmühlenreife Abstraktheit wirklich sehr beeindruckend und gelungen.
Der Film legt sich wie ein pechschwarzer Ölteppich auf den Gemütszustand des Betrachters und schließt diesen in seinen Bann, ohne dass man weiß warum.
Über den Inhalt, die Handlung, egal wie man's nennt, will ich jetzt aber nicht all zu viel positives sagen:
Ob diese filmische Geisteskrankheit nun besonders anspruchsvoll, tiefsinnig oder intelligent ist, wage ich fast zu bezweifeln, da die alptraumhaften Bilder und besonders deren Aussage ungefähr fuchzigtausend verschiedene Sichtweisen zulassen und somit eigentlich fast schon jenseits jeder Bewertbarkeit liegen.
Darüber hinaus mundet diese dunkle Bilderflut auch dank des lahmarschigen Erzähltempos und dem Fehlen von allem was einen üblichen Film so ausmacht (nämlich Handlung und Charaktere) wie ein gedünsteter Turnschuh, spricht das Teil ist so spannend und unterhaltsam, wie wenn man einem Schneemann beim Schmilzen zu sieht.
Wäre BEGOTTEN ein Kurzfilm, wäre er gewiss mundgerechter verpackt. Mit seinen stolzen 80 Minuten ist der Streifen aber schon brutalst schwere Kost, die ihn als "Film" eigentlich unerträglich macht.
BEGOTTEN käme bestimmt gut, wenn man ihn in einem ChillOut-Raum nebenbei laufen lassen würde.

Meiner Meinung nach darf BEGOTTEN eben nicht als "Film" in gängigen Sinne, sondern sollte mehr als Kunstwerk a la "Der andalusische Hund" betrachtet werden. Parallelen zu TETSUO kommen mir gerade noch in den Sinn, doch leider hab ich nicht mehr den Nerv diese schriftlich auszuführen.

Fazit also:
So schwarz und unergründlich wie Charles Mansons Seele in einer Vollmondnacht, so runterziehend und Gedanken anregend wie eine verheerende Naturkatastrophe, aber auch so langweilig, anstrengend und sinnfremd wie eine Lateinhausaufgabe
- das ist BEGOTTEN.
Muss sich, und sollte sich jeder selbst ein Urteil drüber bilden. Ein Erlebnis ist das Teil hier auf jeden Fall.

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