Review

Folgen 1-3: Nur alter Käse, frisch verpackt?!

Schöne Sets, gelungene Tricks, attraktiv gewachsene Schauspieler, rumschwebende Kamera: Die Serie ist fernsehtechnisch „state of the art“. Auch werden die „Besucher“ von einer Frau, mit modernem Kurzhaarschnitt, kommandiert. (*)

Doch inhaltlich hat die Menschheit seit dem Original aus 1983 nichts gelernt, jedenfalls der filmemachende Teil nicht. Man kopiert z.B. die Paranoia-Klassiker „They live!“ oder „Invasion of the Bodysnatchers“, ignoriert aber „2001 – A space odyssey“ und „Phase IV“ (die eine alternative Art von Begegnungen mit fremden Intelligenzen zeigen) (**) und legt eine durchgehend anthropozentrische Weltsicht als erstickendes Tuch auf die Geschichte. Den „Besuchern“ wird nicht nur menschliche Gestalt gegeben, sondern gleich auch die menschlichen Eigenschaften. So müssen sich weder Zuschauer noch Macher geistig anstrengen.

Vor allem werden den „Besuchern“ natürlich die schlechten menschlichen Eigenschaften angedichtet, so wie sie jeder „Mensch“ aus dem Fernsehen kennt (aus „Dallas“ und 50 Jahre alter Science Fiction): Intriganz, Machtgier, Betrug und Verrat. Die Ausserirdischen sind, wie der Film, lediglich technisch „höherentwickelt“. Moral, Kommunikation und Empathie sind keinesfalls entsprechend mitgewachsen – womit sie genau das Abbild der simpel gestrickten Menschen sind. (***)

Von denen einige, sogar Mitglieder unserer „intellektuellen Elite“ (Moment! Fernsehautoren als „Elite“?!), diese Geschichte ja schliesslich erfunden haben.

Der einzige Fortschritt, den der Film den „Besuchern“ nachsagt, ist eine fortgeschrittene PR – doch auch hier versagt der Film. Von aussen betrachtet, ist es auch mit der Alien-PR nicht weit her: Allein ihre Politik der Intransparenz, Presseabwehr, Informationskontrolle und Kurzstatements voller hohler Phrasen müsste Misstrauen wecken – selbst das dieser einfältigen Menschlinge im Film. (Diese Einfaltspinsel fragen sich z.B. bei wackelnder Erde wörtlich: „Was ist das?“ - Wie wäre es mit „Ein Erdbeben!“ als Erklärung? Oder mit der Idee, davor Schutz zu suchen?)

Und auch die Behauptung der „Besucher“, die Menschheit sei eine „intelligente“ Lebensform, kann im Jahr 2009 nur noch Hohngelächter hervorrufen: menschgemachte Klimakrise, Wirtschaftskrisen, Ressourcenkrisen, Wachstumswahn: Ich erwartete stets, die Besucher würden den arroganten Reporter Chad anweisen: „Wir freuen uns, auf dem Planeten Erde eine intelligente Art gefunden zu haben. Aus dem Weg! Bringt uns zu den Delphinen!“ (Diese Idee klaue ich von Gordon R. Dickson: „Dolphin's Way“, 1964; dt. „Durch die Delphine“.)

Interessant ist dieser US-amerikanische Trash immerhin, weil er eine zerstrittene Menschheit im Griff von PR-Agenten zeigt, weil er einerseits so ungeniert im amerikanischen Wahnsinn lebt, rassistisch und fremdenfeindlich ist, den Kampf Gut vs. Böse führt, Terrorfurcht und Unterwanderung durch „geheime Zellen“ und „fünfte Kolonnen“ heraufbeschwört (also die US-Regierungspolitik seit dem 11. September wiederholt) und andererseits (wohl eher unbeabsichtigt) die Lügen eben dieser imperialen Weltmacht zum Thema macht, die mit der gebetsmühlenhaft wiederholten Behauptung, Frieden und Wohlstand zu bringen, weniger „entwickelte“ Länder als Rohstofflieferanten ausbeutet.

Die „Besucher“ sind einerseits das, wovon sich die USA bedroht sehen, andererseits spiegeln sie die dunkle Seite der USA.

Doch interessanter fände ich die Fragen: „Warum sich gegen die Machtübernahme durch die 'Besucher' wehren? Was wäre so schlimm daran, wenn der Mensch als Herrscher der Erde abgelöst würde? Könnte das nicht ein Ende des Krieges bedeuten, den der Mensch gegen sich selbst und gegen die Natur führt? Wäre das nicht eine positive Utopie?“

Wieder mal ein Film, der erst noch zu drehen ist.

(*) „Frau“ ?!? Naja, ein Alien, VERKLEIDET als menschliche Frau.
(**) „Sie leben!“ - John Carpenter, 1988.
„Die Dämonischen“ (auch: „Invasion der Körperfresser“) - Don Siegel, 1956. Diverse Remakes.
„2001: Odyssee im Weltraum“ - Stanley Kubrick, 1968.
„Phase IV“ - Saul Bass, 1974.

(***) Stopp! Vielleicht verhalten sich die Besucher ja nur zu den „Erdlingen“ so gemein/unsozial. Vielleicht betragen sie sich innerhalb ihrer Art „hochentwickelt“, nämlich fair, sozial und korrekt – und sehen die Menschen einfach nur als eine Art „Schädlinge“ oder „Unkraut“, die nicht wie ihresgleichen behandelt werden müssen (Vorbild: „The Genocides“, Thomas M. Disch, 1965. Dt.: „Die Feuerteufel“, 1975). Auch das wäre allerdings typisch menschlich: Andere Lebensformen nicht als gleichwertig zu behandeln.

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