Review
von Alex Kiensch
In seinem ersten außerhalb Finnlands gedrehten Spielfilm erzählt der Kult-Regisseur Aki Kaurismäki die lakonische Geschichte des französischen Gastarbeiters Henri, der in London ein tristes Leben führt und endlich beschließt, sich umzubringen. Zu diesem Zweck engagiert er einen Auftragskiller, der ihn töten soll. Dummerweise begegnet Henri ausgerechnet jetzt Margarete, in die er sich verliebt und mit der er sich ein neues Leben vorstellen könnte. Doch für Stornierung ist es zu spät: Der Killer ist ihm schon auf den Fersen.
In den Arbeitervierteln Londons drehte Kaurismäki diese Ballade über Tod und Leben, Unglück und Liebe. Sein typischer Stil verleiht der an sich schon schwarzhumorigen Geschichte so viel Intensität und Charme, dass man sich der Atmosphäre dieses Films kaum entziehen kann. Die formale Strenge, die er schon in seinem kleinen, aber gewaltigen Meisterwerk "Das Mädchen aus der Streichholzfabrik" zur Perfektion gebracht hatte, bleibt dabei zentrales Merkmal: Die Dialoge sind auf das nötigste Minimum beschränkt, durch ausgeklügelte Kameraeinstellungen entdeckt er Detailausschnitte im gewöhnlichen Alltag, die bisweilen geradezu grotesk anmuten, und die Lakonie seiner Hauptfiguren scheint sich bald in jeder kleinen Geste, in jedem unbedeutenden Blick zu manifestieren.
Bleibt diese stilistische Prägnanz durchgehend erhalten, findet in Bezug auf die Atmosphäre ein deutlicher Umschwung im Film statt: Anfangs treibt Kaurismäki die Absurdität der tragischen Situation seines Helden auf die Spitze - die Szene, in der ihm von seinem Chef gekündigt und für "15 Jahre treue Dienste" eine fünf Pfund teure Uhr geschenkt wird, gehört wohl trotz ihrer unaufgeregten Inszenierung zum Skurrilsten, was die Filmgeschichte hergibt - und steckt dennoch so voller symbolischer Kraft, dass es einem die Sprache verschlägt. Wenn Henri dann jedoch seine Liebe zum Leben wieder entdeckt und vor dem Killer flieht, verliert der Film größtenteils seine komischen Untertöne und wird zur reinen, kalten Tragödie.
So zeichnet "Vertrag mit meinem Killer" ein im Kern beängstigendes Bild einer gefühlstoten, stummen Gesellschaft. Die in tristen Farben gehaltenen Bilder dreckiger Straßen vermitteln trotz der formalen Künstlichkeit ein realistisches Bild der Randbezirke von Großstädten - dieser Kontrast zwischen Form und Inhalt erzeugt einen wahren poetischen Realismus. Kaum eine Figur hier, die nicht irgendwie unter dem Leben, unter Schicksalsschlägen und Ängsten zu leiden hat. Nur durch die besonders anfangs eingefangenen absurden Aspekte dieses Dahinvegetierens wird die ganze Situation für den Zuschauer erträglich.
Trotz dieser mitreißenden Intensität verliert der Film jedoch gegen Ende deutlich an Schwung. Das ist wirklich schade, denn bis dahin unterhält er prächtig auf eine Art und Weise, wie sie wohl nur Kaurismäki bewerkstelligen kann und die wohl als Vorläufer späterer schwarzhumoriger Knaller aus Skandinavien angesehen werden muss. Trotz dieser Durchhalteschwäche gegen Ende ist "Vertrag mit meinem Killer" aber ein großartiger, formal bestechender Film über Einsamkeit, Elend und Absurdität des menschlichen Lebens, der sich Cineasten bestens empfiehlt.