Sei wie Wasser
Sandmann, lieber Sandmann, warum bleibst du nicht bei mir,
ich liebe dich, und pflege dich, sehe nur aus, wie ein Vampir.
Der Sand fließt, um uns herum, in uns hinein,
das geht in Mark und Bein.
Eine Frau, ein Haus und so viele Körner,
wirst du gehorsam oder wachsen dir ein paar Hörner?
Einen Sinn zu finden, nicht zu ersticken, gar nicht leicht,
dieses ruhige Kammerspiel zaghaft den Kern der Sache erreicht.
Hervorragend gespielt und noch besser eingefangen mit der Kamera,
in ihrer Gemeinschaft sind die fließenden Sandkörner der eigentliche Star.
Egal ob als Metapher oder handfestes Alptraumszenario,
wenn diese Bilder nicht traumhaft sind, dann heiß ich ab sofort nicht mehr Mario.
Irgendwie losgelöst von Zwängen und Konventionen,
ein Besuch in dieser Grube kann sich für jeden lohnen.
Zwischen Verzweiflung, Wut und Leben im Jetzt,
hat sich dieses kleine Wunderwerk wie ein sandiger Nebel auf meine Seele gesetzt.
Staubtrocken und doch ergiebig, saftig und stark,
wie ein Kraftwerk läuft der Japano-Klassiker völlig autark.
Reif und recht, ausgewachsen und Samen säend,
hinterlässt er verbrannte Erde, emotional ziemlich niedermäend.
Wer ist das Tier, was brauchen wir wirklich zum Leben,
schier unendlich wirkt es, was diese Meditation dir kann geben.
Wie relativ ist die Zeit und unser Leben, unsere Bedeutung dazu,
begreift man die universelle Tragweite, ist diese Geiselnahme vorbei wie im Nu.
Nie rollten mikroskopische Steine eleganter hinunter,
eine solch bittere Fluchtversuchsshow endet überraschend munter.
Ein Ausbruchsfilm mal ganz frisch und anders,
selbst in der neuen Welle des japanischen Kinos, nicht jeder kann das.
Sisyphusarbeit zum Verdursten schön,
über das elegische Tempo ich nur noch ganz selten stöhn'.
Mysteriös, durchdacht, ein Monument der Erkenntnis und Stille,
fesselnd und hypnotisch, nicht nur Sand in einer Rille.
Fazit: kriecht in jede Ritze und hat kein Sand im Getriebe - eine körnige Parabel auf den Sinn und das Entrinnen des Lebens. Entschleunigt, emotional, philosophisch. Läuft außerhalb der Zivilisation, der Konkurrenz, der Zeit. Weltkino von zeitloser Eleganz.