Review
von Leimbacher-Mario
Ida Lupino hat Eier!
"Outrage" ist ein früher Film von Ida Lupino, einer der ersten und berühmtesten Schauspielerin-turns-Regisseurinnen der Traumfabrik, eine absolute Powerfrau, Kämpferin und Wegweiserin. Und kaum ein Film ist wohl mehr nach ihrem Geist und Gusto als diese psychologische Studie einer Frau nach einer grässlichen Gewaltattacke samt Vergewaltigung (obwohl Letzteres nie wirklich ausgesprochen wird). Außerdem kann man ihn als eine Art Vorläufer sehen, sowohl zu feministischen Rape&Revenge-Rachereissern sowie psychologisch gehaltvolleren Herangehensweisen und natürlich auch Themen wie allgemein der Gleichberechtigung oder der aktuell grassierenden #Metoo-Debatte.
Thematisch beißt Lupino hier wirklich einige, vor allem zu dieser Zeit beachtenswerte Stücke ab, da kann man nur staunen. Sicher haben das damals auch einige ihrer männlichen Kollegen und Studiobosse. In einer Zeit der heilen Welt und des heiligen Frauchens, war eine Vergewaltigung samt psychologischen, verstörten Folgen bei dem Opfer schon eine harte, fortschrittliche und schockierende Nummer. Selbst wenn es natürlich nie explizit wird, ist das erste Drittel dieses aufrüttelnden Dramas bockstark. Lupinos Regie insgesamt ist das auch und Hauptdaratellerin Mala Powers gibt alles, sie will man nur noch in den Arm nehmen und wieder gesund pflegen, von ihrer Angst vor ach so bösen Dreibeinern heilen. Ideale Besetzung nennt man das wohl. Und da Topic, Regie und Lead in einem derart knappen (75 Minuten) Film nunmal das Wichtigste sind, ist der Film empfehlenswert. Dass die zweite Hälfte arg langsam und kitschig gerät, das Casting (wahrscheinlich beabsichtigt) fast alle Männer gleich aussehen lässt und außer Angst und Verzweiflung nicht mehr viel vom Drehbuch in die Protagonistin geschrieben wurde, verhindert allerdings mit Nachdruck einen Klassiker oder kompletteren Film. Was schade ist, aber kein Weltuntergang. Für ein in vielerlei Hinsicht richtungsweisendes Beispiel reicht es locker.
Fazit: seiner Zeit extrem mutig voraus, entgegen den Production Code (der erst kurz zuvor abgeschafft wurde) und den sterilen Zeitgeist. Es hat schon einen Grund, warum Lupino als Vorreiterin und Wegbereiterin und Legende gesehen wird. Doch über sein wichtiges Thema und die bezaubernde, bemitleidenswerte Leading Lady kommt das psychologisch wertvolle Vergewaltigungsdrama leider nie ganz hinaus. Für ein "gut" reicht es aber noch!