Rückschritt durch Technik
"Cube" ist für mich ein moderner Klassiker des Sci-Fi-Horror, "Cypher" halte ich für maßlos unterschätzt, "Haunter" versagt erst hintenraus. Und "Splice"? Der ist polarisierend und gefällt mir ebenfalls richtig gut. Vincenzo Natali ist einer der Regisseure, deren Namen man viel zu selten hört und von dem man gerne mehr sehen würde. Nicht nur Auftragsarbeiten für TV-Serien. Ein mutiger, selbstbestimmter und alles andere als glattgebügelter Zeitgenosse, so scheint es. In dieser Kreuzung aus "Frankenstein" und "Species" erschafft ein Wissenschaftlerpärchen eine Kreuzung aus verschiedenen Tieren und menschlicher DNA. So entsteht Dren, ein mysteriöses Geschöpf, das anmutig wie bedrohlich zugleich wirken kann...
"Splice" hat definitiv trashige Momente und das actionreiche Finale will nicht so recht zur sonstigen Stimmung passen. Trotzdem ist der Genremix für mich ein starker, eigenständiger Hybrid aus Unterhaltung und existenziellen Fragen, den man erstmal hinbekommen muss. Natali traut sich etwas, Natali hat keine Angst anzuecken und sogar Tabus zu brechen. Kein Wunder, dass Hollywood sich erst letztes Jahr mit "Morgan" nochmal EIniges von ihm geborgt und nicht besser gemacht hat. Adrien Brody und Sarah Polley sind zwar unterfordert, dafür stiehlt ihnen Delphine Chaneac als Dren aufsehenerregend die Show. Wunderbar außerweltlich und anders, vor allem kombiniert mit (meistens) feinen CGI-Effekten. Freaky, sexy, gefährlich. Mitleid und Angst spielen Ringelpietz mit Anfassen.
Und nebenbei werden allerhand Fragen aufgeworfen. Psychische, familiäre, menschliche, soziale, sexuelle und selbstredend ethische. Das ist eine Menge, gelingt aufreizend lässig und zudem maximal unterhaltsam. Stellenweise wäre cronenberg stolz. "Splice" zeigt, dass ein Film nicht nur clever oder flach sein kann. Beides gleichzeitig ist möglich. Doch dann muss man damit rechnen, dass die Zuschauer das Werk entweder hassen oder lieben. Zwischenstationen sind hier rar. Vielleicht lehnt die Masse sogar zur negativen Reaktion. Mir fiel die Wahl leicht. Zu interessant, zu speziell, zu reizend ist dieser Hybrid konzipiert.
Fazit: Sci-Fi-Horror-Trash trifft auf philosophische Fragen, familiäre Ängste und Urinstinkte. Man kann kaum hinschauen, noch weniger wegsehen!