Kontemporärer Trash – THE ASYLUM (23)
FINAL DAY – DAS ENDE DER WELT
(MEGAFAULT)
David Michael Latt, USA 2009
Vorsicht – dieses Review enthält SPOILER!
Dies ist schon ein etwas älterer Film aus der kalifornischen Schundbude „The Asylum“, und noch dazu einer, der offenbar als Chefsache betrachtet wurde: Regie führte mit David Michael Latt der Leiter des Unternehmens höchst persönlich, und das Skript stammt von seinem Chief Operating Officer Paul Bales. Vielleicht war das Budget deshalb so hoch: Für diesen Streifen sollen laut IMDb 1,2 Millionen Dollar zur Verfügung gestanden haben – dafür drehen die Kalifornier in der Regel locker zwei bis drei Filme. Sollte Final Day – Das Ende der Welt tatsächlich mehr sein als der gemeinhin von Syfy ausgestrahlte TV-Katastrophenheuler der Woche ...?
Nun, der deutsche Titel ist leider schon mal nicht der erhoffte Grund zum Jubeln, sondern eine Lüge: Dieser Film, der im Original deutlich passender MegaFault heißt, zeigt uns natürlich nicht das Ende der Welt. Ein paar Katastrophen oder besser gesagt eine Katastrophe mit katastrophalen Folgen gibt’s derweil schon – da ist das Skript erwartungsgemäß nicht kleinlich. Mal sehen, ob ich’s zusammenbekomme: Bei der Sprengung eines Berges wird eine bisher unbekannte Erdfalte im eigentlich harmlosen amerikanischen Kernland, ähm ... gewissermaßen gereizt oder aufgeweckt und verursacht nun ein Erdbeben, welches die gesamten Vereinigten Staaten in Ost-West-Richtung aufreißt (bei Stärke 7, wie hier gemessen, ist das schon erstaunlich ...). Der Riss bewegt sich dabei auf den schlummernden Supervulkan im Yellowstone-Nationalpark zu und droht auch diesen zu wecken – und überhaupt droht er auf der ganzen Welt noch alle möglichen anderen Falten und Platten zu aktivieren, womit es dann wirklich um die Erde und ihre Bevölkerung geschehen sein sollte.
Aber es wäre ja noch schöner, wenn sich nicht ein paar Nasen finden würden, die das mit Tatkraft und genialen Ideen zu verhindern wissen. In Final Day übernehmen das in offensichtlicher Ermangelung kompetenter höherer Stellen die Wissenschaftlerin von Dienst, hier passenderweise keine Meeresbiologin, sondern die Seismologin Dr. Amy Lane (gespielt von einer Darstellerin, der man nicht einmal eine Kellnerin abkaufen würde), und der Sprengmeister Charley „Boomer“ Baxter, den sie unterwegs aufgesammelt oder genauer gesagt ausgegraben hat (er war mitsamt Auto bereits von der sich öffnenden Erde verschluckt worden). Und da es im Asylum-Kostümfundus zwar kaum etwas Aufregendes, aber immerhin eine Menge Uniformen gibt, darf auch das Militär wieder kräftig mitmischen. Das bringt sich dann auch gleich auf seine Weise in den Kampf gegen den Weltuntergang ein: Man hat nämlich eine geheime Wunderwaffe erfunden, die vom Weltall aus gezielt Erdbeben erzeugen kann, indem sie im Zielgebiet ruck, zuck das Grundwasser vereist, wodurch sich irgendwie die Erdschichten verschieben und irgendwie glühendes Magma hinzukommt und das wiederum irgendwie dazu führt ... okay, das hier führt jetzt zu nichts – den in jeder Beziehung haarsträubenden wissenschaftlichen Unterbau des Streifens kann man wirklich kaum wiedergeben. Im Übrigen gerät der Einsatz der Wunderwaffe ohnehin zum sprichwörtlichen Schuss in den Ofen, da sich der fortschreitende Riss nicht wie geplant mit dem künstlich erzeugten „Gegenbeben“ aufhalten lässt.
Damit sind unsere beiden Helden an der Reihe, und die haben eine ganz und gar naheliegende, aber von allen anderen bislang sträflich übersehene Lösung des Problems zur Hand: Man muss nur schnell den Grand Canyon versetzen (!!) (!!!), um dadurch das Reißen der Erdkruste zu stoppen. Okay, wirklich „versetzt“ wird der Grand Canyon dann doch nicht, aber man sprengt einen neuen, 25 Meilen breiten (!!) Canyon in den mittleren Westen der Staaten (schließlich ist gerade ein Sprengmeister zur Hand ...). Das geht übrigens schneller als erwartet – es dauert kaum eine halbe Stunde, bis eine Handvoll Soldaten 20.000 Tonnen (!!) Sprengstoff verteilt hat und Boomer die Detonationen auslösen kann. Danach sieht der Erdball zwar mächtig zerfurcht aus, aber die Gefahr ist gebannt und Final Day findet sogar noch zwei Minuten Zeit für etwas finalen Kitsch, der in Filmen wie diesem natürlich bestenfalls als Parodie durchgeht.
Man sieht also: Rein inhaltlich ist das allerfeinste, komplett bescheuerte Asylum-Kost. Und auch von einer weiteren Tugend der Kalifornier (wenn man das Vorgenannte denn wie ich als Tugend werten möchte) macht David Michael Latt Gebrauch: Sein Streifen legt ein enorm hohes Tempo vor und hält es bis zum Schluss durch. So gibt es wirklich nur die nötigsten Dialoge, dafür aber immer und immer wieder Szenen, in der irgendjemand vor der aufreißenden Erde fliehen muss und gefühlt eine halbe Million Explosionen – es könnten auch ein paar mehr sein. Allein eine Sequenz um einen Trucker, der mit seinem bereits brennenden Benzintanklaster eine Landstraße entlangrast, während ununterbrochen am linken und rechten Straßenrand irgendetwas explodiert (was zum Kuckuck soll das eigentlich sein?), scheint sich den halben Abend lang hinziehen zu wollen. Der Knackpunkt daran ist allerdings, dass auch Explosionen langsam öde werden, wenn man mehr als eine Viertelmillion von ihnen gesehen hat. Vor allem aber befindet man sich hier emotional komplett im luftleeren Raum: Die Protagonisten, so gern man ihnen zuschaut (was man tatsächlich tun kann), sind nichts als Lachnummern und der Ausgang des Treibens steht ohnehin fest – Spannung oder echte Anteilnahme stellen sich hier demnach nicht eine Sekunde lang ein. So gestaltet sich Final Day letztlich doch etwas langatmiger, als man bei all dem pausenlos von ihm aufgefahrenen Wahnsinn und Krawall erwarten sollte. Zumindest ungläubiges Staunen und herzhaftes Lachen kann der Streifen aber regelmäßig auslösen – und das sollte man schließlich keineswegs unterbewerten.
Visuell ist David Michael Latts im üblichen TV-Format vorliegende Arbeit grundsätzlich unauffällig, leidet aber erwartungsgemäß unter den berüchtigten Rechnertricks der für Asylum arbeitenden Effektspezialisten. Hier betrifft das vor allem die endlosen Aufnahmen von aufreißenden Feldern, Wiesen, Straßen und Tagebaulandschaften, die nur in seltenen Glücksmomenten halbwegs gelungen sind. Ganz und gar Erstaunliches tut sich aber in Sachen Explosionen: Manche von ihnen sehen tatsächlich recht gut aus – zumindest gut genug, um die Annahme zu rechtfertigen, dass hier mit echter Pyrotechnik gearbeitet wurde. Unglaublich eigentlich – vielleicht erklärt das die Höhe der eingesetzten Geldmittel. Sicher, man dreht uns jede dieser Explosionen fünf- bis zehnmal an, aber von irritierender Qualität sind sie auf jeden Fall.
In Sachen Schauspiel fallen im Wesentlichen nur die beiden Protagonistenrollen ins Gewicht – und hier wird man von einem sehr bekannten Namen überrascht: Brittany Murphy. Die kurz nach den Dreharbeiten tragisch und etwas mysteriös Verstorbene (es heißt, dieser Film sei ihr letzter gewesen, das stimmt aber nicht ganz) wurde einst vielerorts kräftig hochgejubelt, weshalb der Auftritt in einem Asylum-Heuler für sie schon einen ziemlich entwürdigenden Karrieretiefpunkt dargestellt haben dürfte. Betrachtet man derweil, was sie hier als Wissenschaftlerin von Dienst abliefert, dann kann sie nicht einmal die Qualifikation für irgendwelche TV-Trash-Gurken nachweisen. Mag sein, dass es mit der Motivation nicht weit her war, aber das entschuldigt nicht alles an ihrer schwachen Vorstellung. Allerdings fand ich sie und ihren Auftritt des Öfteren derart drollig, dass ich ihr letztlich doch ausgesprochen gern zugeschaut habe. Auch ihr Filmpartner Eriq La Salle hat mir als Sprengmeister Boomer sehr gut gefallen – obwohl er in bester Steven-Seagal-Manier nur mit einem einzigen nicht gerade fröhlichen Gesichtsausdruck unterwegs ist. Bei ihm will ich das aber einmal als willkommene und seine Figur angenehm eigenwillig und auch witzig gestaltende Zurückhaltung interpretieren. Alle anderen machen in den Nebenrollen ihr Ding, so gut es eben geht – darunter der bewährte Bruce Davison (einst Hauptdarsteller in The Strawberry Statement), der hier in erster Linie für seinen Namen entlohnt wurde. Eine Bemerkung zu den mitwirkenden Statisten muss allerdings doch noch gemacht werden: Es gibt eine sehr kurze, aber unglaubliche und selbst innerhalb des hier gebotenen Unfugs herausragende Szene, in welcher drei Passanten in einer Stadt umherlaufen, deren Boden sich aufgrund des aufsteigenden Magmas (oder weshalb auch immer) schon so weit erhitzt hat, dass eine dieser Personen schmilzt (!!!) und die beiden anderen zu brennen beginnen (!!) – und zwar am Kopf (!!!). Wie nun die drei dafür eingesetzten Statisten hier über den Gehweg hatschen und umfallen, muss man einfach gesehen haben – so mies kann man eigentlich nicht einmal mit Absicht spielen (beziehungsweise umfallen). Ein Fest.
Einen Score gibt’s natürlich auch noch, und der stammt nicht von Chris Ridenhour oder Chris Cano, sondern wieder einmal vom Scorpions-Basser Ralph Rieckermann, der bereits die öde Musik für 100 Million BC verbrochen hatte. Hier tut sich musikalisch nun deutlich mehr, aber gut klingt das noch lange nicht – ein, zwei nette Motive stehen vielen seelenlosen Passagen gegenüber.
Trash-Liebhaber sind somit herzlich eingeladen: Final Day – Das Ende der Welt ist ein klassischer Asylum-Katastrophenheuler – billig produziert, hemmungslos hirnrissig und dem von ihm heraufbeschworenen Schwachsinn erhobenen Hauptes und mit bewundernswerter Konsequenz bis zum Ende treu. Mag sein, dass er sich auf einigen Ideen zu lange ausruht und zum wirklich großen Trash-Knüller à la Allmighty Thor oder Mega Piranha noch ein Stück fehlt, aber schon allein für solche Szenen wie die zuletzt beschriebene und seine kühnen Gedanken zum Grand Canyon (die übrigens für Sharknado 4 wieder aufgegriffen wurden – dort will man ihn sprengen) muss man diesen Film einfach lieben. Tatsächlich spricht er wie auch einige andere dafür, dass David Michael Latt und seine Leute in der ersten Dekade des neuen Jahrtausends noch etwas mehr Freude an ihrer Arbeit hatten als gegenwärtig. Ob es jemals wieder so eine Zeit geben wird, darf vorsichtig angezweifelt werden, aber selbst das Unmögliche lässt sich schließlich wenigstens hoffen. In diesem Sinne also: „Warum können wir den Grand Canyon nicht versetzen?“
(01/24)
Dankbare 5 von 10 Punkten, Trash-Freunde dürfen gern noch etwas hinzuzählen.