Für mich waren die Amerikaner ja noch nie die großen Filmemacher, mach ich doch zumeist Bögen um Hollywood-Persönlichkeiten wie Steven Spielberg, etc. Da bevorzuge ich schon liebe die Briten, die es allesamt verstehen, zwar nicht besonders bekannte, aber umso mehr gefühlvolle und schöne Filme zu schaffen. Auch die Skandinavier verstehen ihr Handwerk, vor allem der Isländer Fridriksson, dem der Independent-Fan kleine Geniestreiche wie "Angels of the Universe" oder "Cold Fever" zu verdanken hat. Mit Aki Kaurismäki hat sich aber auch ein Finne als brillanter Regisseur etabliert.
Seine Filme sind zwar alles andere als actionbetont oder rasant erzählt, das ist aber auch nicht Sinn und Zweck. Vielmehr legt es Kaurismäki darauf an, dem Zuschauer teils dramatische, teils schon wieder gewollt komische Geschichten vorzulegen, die zum Schmunzeln anregen, aber gleichzeitig tiefste Melancholie zum Vorschein bringen. Persönlich habe ich zwar erst einen Film des finnischen Regisseurs gesehen, ihm wird aber nachgesagt, seinem Stil sehr treu zu bleiben, daher schließe ich von "Wolken ziehen vorüber" einfach mal auf all seine anderen Filme. Dieses Werk besticht auf jeden Fall durch seine wunderbare, aber auch eigenartige Erzählweise, währenddessen er auf fast jedes filmische Mittel verzichtet. Komponierte Musik taucht überhaupt nicht auf, ab und zu gibt es ein englisch- oder auch in der Heimatsprache gesungenes Lied zu hören, spannungsfördernde Mittel jedoch bleiben Mangelware. Das ist gut so, denn Kaurismäki lässt den Film auch teilweise gar nicht wie einen solchen aussehen, meines Erachtens versucht er oft, alles so zu zeigen, wie es im normalen Leben wirklich auch sein oder ablaufen könnte.
Wie oben aber schon erwähnt, wäre Kaurismäki nicht Kaurismäki, wenn nicht sein fast schon naiver Stil, Filme zu drehen, wäre. Das soll nun keinesfalls negativ klingen, aber die Hauptpersonen haben eine dermaßen lockere Einstellung dem Leben gegenüber. trotz allen Übels, dass manche Situationen zwar irgendwie nicht nachvollziehbar wirken, aber dennoch nicht ärgerlich erscheinen. Im Gegenteil, sie machen die Protagonisten sogar noch sympathischer und der Konsument, zumindest ich, fühlt noch mehr mit ihnen mit.
In "Wolken ziehen vorüber" geht es um das Ehepaar Lauri und Ilona. Er arbeitet als Straßenbahnfahrer, der jeden Abend seine Frau von ihrem Arbeitsplatz abholt, einem Restaurant namens "Dubrovnik". Wie es der Zufall bzw. das Schicksal so mag, werden beide binnen kürzester Zeit entlassen. Lauri aus dem Grund, dass wegen Sanierungsarbeiten der Stadt einige Linien gestrichen werden müssen, die nicht genug Geld einbringen. Per Zufallsprinzip trifft es ihn und drei Kollegen. Bei Ilona läuft es ähnlich, bekommt sie doch eines Tages von ihrer Chefin gesagt, dass sie das Restaurant an ein Unternehmen verkauft, das dann ihre eigenen Arbeiter gleich mitbringt und somit keine weiteren Angestellten braucht. Das sowieso schon in Armut lebende Ehepaar gibt aber nicht auf, geht gemeinsam durch die schlimme Zeit, bis es schließlich die Idee hat, selbst ein neues Restaurant zu eröffnen.
Wie mein Vorrezensent Arminowitsch schon erwähnt hat, ist es eine wahre Freude, Lauri und Ilona bei ihrem Leben zuzusehen. Das klingt auf den ersten Blick vielleicht etwas schwarzhumorig, aber wer den Film gesehen hat, weiß, wie ich das meine. Im Endeffekt geht es nicht mehr schlimmer als das Leben des Ehepaars. Auf ihrem Leidensweg verspielen sie Haus und Hof, stehen praktisch mit leeren Händen da, alle Schuhe kaputt, das Haus wird geräumt und verkauft. Auch Freunde haben Lauri und Ilona nicht wirklich, die Ehefrau vielleicht noch ihre Schwägerin und ihre Ex-Chefin, das wars auch schon. Auf jeden Fall stehen beide am finanziellen und sozialen Tiefpunkt, sie versuchen alles, um dieser Situation zu entrinnen, aber alles vergebens. Kaurismäki veranschaulicht dies mit langen Szenen, getragen von quälender Kameraführung, kein schneller Ruck, keine Bewegung, die irgendwie Freude zum Ausdruck bringt. Nein, die Kamera hält andauernd fast schon wie eine Qual auf die Hauptdarsteller, wenn diese mal wieder eine weitere Enttäuschung hinnehmen müssen. Noch dazu kommen die wenigen Dialoge, die im Film auftreten, eigentlich scheint überhaupt gar nichts positiv zu sein, während der ganzen 95 Minuten. Wäre da nicht Veziehung der beiden Eheleute, die sich gegenseitig über die volle Dauer hinweg von Neuem motivieren, auch in völliger Auswegslosigkeit.
Diesem brillanten Verhältnis ist es dann zu verdanken, dass der Film nicht total depressiv stimmt, aber "Wolken ziehen vorüber" zieht schon runter, schont den Zuschauer keine Sekunde. So normal und alltäglich, wie der Inhalt des Titels ist, treten die Enttäschungen im Film auf, die das Ehepaar zu bewältigen hat. Aber sie trotzen den ganzen negativen Aspekten des Lebens und versuchen um Alles in der Welt, einen Neuanfang zu schaffen.
Klar ist "Wolken ziehen vorüber" einen absoluter Independent-Film, der wohl auch nur Leuten gefallen wird, die nur Filme mit Beteiligung eines Eddie Murphy oder Martin Lawrence mögen. Nicht, dass ich die Beiden nicht mag, aber so aufgedreht und lustig ist Kaurismäkis Film garantiert nicht. Teilweise etwas übertrieben, aber gut so, es steigert die Sympathie für die Hauptdarsteller und alles ist schöner. Aber das, ohne eine Sekunde kitschig zu sein. 8/10 Punkte