Im Prinzip gibt es keine Vampire! Es gibt nur Menschen. Dieses ist die Aussage die Rollin in seinem Debütfilm trifft, obwohl kann man hier überhaupt von einem Film reden? Nicht ohne Grund wurde bei der Titelvergabe die Firmierung „Mélodrame en deux parties“ vergeben. Handelt es sich doch bei "Le viol du vampire" um einen 30 Minuten kurzen, abgeschlossenen Vampirfilm, welcher mit dem zweiten Akt, "Le femmes vampires" zu einem Abendfüllenden Film erweitert wurde.
"Le viol du vampire" zeigt, dass der Psychologe Thomas vier junge Frauen von ihrem Wahn befreien soll, dass sie Vampire seien. Mit ihm zusammen kommen Mark und dessen Freundin Brigitte in das Dorf in dessen Nähe die Vampire „leben“.
Als Brigitte stirbt wendet sich Mark einer der Vampirfrauen, Caroline zu um ihr zu zeigen, dass sie ein Mensch wie jeder andere ist. Als Mark ein Fenster öffnet um ihr die Angst vor dem Tageslicht zu nehmen, erscheint der aufgebrachte Dorfpöbel um sie zu töten. Trotzdem wird Caroline in diesem Moment klar, dass sie keine Angst vor dem Tageslicht haben muss und erkennt, dass sie eigentlich doch ein Mensch ist.
Mark lässt sich daraufhin von Caroline den „Kuss des Vampirs geben und flüchtet mit ihr zum Strand…
"Le viol du vampire" zeigt einige Außenaufnahmen die ich sehr gern in Farbe gesehen hätte, da es sich hier um märchenhaft schöne Locations handelt, die stimmig in Szene gesetzt werden. Die Hauptdarsteller sind allesamt überzeugend und vermitteln ein glaubhaftes Ambiente. Rollins Message ist eindeutig: Es gibt keine Vampire, es gibt nichts Übernatürliches, es sind alles nur Menschen. Wie diese in ihrem Wesen gestrickt sind, ist eine andere Geschichte. Jeder ist individuell, er ist entweder Gut oder Böse und alle die vorab als das Böse gesehen werden, sind im Endeffekt das Gute, sowie das eigentlich Gute, viel eher das Böse ist. Dinge die wir nicht verstehen, die unseren Horizont übersteigen, sollten wir nicht verachten bzw. hassen. Das Unbekannte ist nicht gleich das Böse. Es befindet sich auf der gleichen Ebene wie alles andere auch. Es hat die gleichen Ängste, die gleichen Empfindungen, auch wenn es scheinbar in einer parallelen Welt lebt.
…und damit wären wir auch am Ende von "Le viol du vampire" angelangt und dieses mündet in "Le femmes vampires".
Mark und Caroline erwachen als Vampire, aus dem Meer kommt die Königin der Vampire mit ihrer Gefolgschaft. Rollin erwähnt in einem Interview, dass er in diesen Part des Films sehr zur Improvisation gegriffen hat. Unter dem Strich ist dieses allerdings mit einem positiven Gesamtresultat abgeschlossen worden. Die Story und deren Ablauf mag bei einigen Kritikern zwar eine gewisse Verwirrung stiften, ist aber meines Erachtens gut durchdacht und sinnvoll umgesetzt. Es gibt einige interessante Bilder, wie z.B. ein Trauerzug, der vor sich ein umgedrehtes Kreuz trägt und sich als ein Klan von völlig durchgeknallten Vampiren entpuppt. "Le femmes vampires" ist wie auch "Le viol du vampire" purer Surrealismus und das Ganze erinnert vereinzelnd durchaus an Bunuel. Rollin setzt auf eine völlig abgedrehte Atmosphäre gespickt mit irrsinnigen Vampiren und ihren hilflosen Untertanen. Mit der Vampirkönigin nimmt das Böse eindeutig Stellung, es lässt keine Zweifel aufkommen.
Zum Ende des Films kommt es zur Vernichtung der Vampire, doch macht es Rollin natürlich nicht offensichtlich das es sich allein um das Ende der Vampire handelt. Denn die letzte Einstellung des Films zeigt, eine Stadt in der es auch keine Menschen gibt.
Fazit:
"Le viol du vampire" ist ein nahezu brillanter Film, der mit dem schwächeren "Le femmes vampires" abgeschlossen wird. Der Film ist Rollin-Fans und Filmstudenten durchaus ans Herz legen. Alle anderen, die sich eher zu Massentauglichen Produktionen hingezogen fühlen, werden mit diesem Film/ diesen Filmen absolut Nichts anfangen können.
"Le viol du vampire" 9/ 10
"Le femmes vampires" 7,5/ 10