>>>ACHTUNG SPOILER<<<
American Pie" hat durch seinen riesigen Erfolg ein phänomenal erfolgreiches Genre geschaffen, daß weitere Filme wie "Road Trip", "Harte Jungs" oder "Eine wie keine" hervorgebracht hat. Diese Filme haben bis auf wenige Ausnahmen ganz gut unterhalten, aber wirklich gut waren eben auch nur wenige Ausnahmen. Zuletzt mutete man dem Kinopublikum einen Film zu, dessen Titel nicht treffender hätte sein können: "Nicht noch ein Teenie-Film!" Auch dieser Film konnte weltweit einen enormen Erfolg verbuchen und genau wegen dieses Erfolges ist bis jetzt noch kein Ende dieser Teenie-Welle in Sicht. Bisher ging es meist darum, daß irgendwelche Loser endlich einmal richtig poppen wollen. Ganze Filme handelten davon, daß eine Gruppe Jugendlicher einen Pakt gründete, der besagt, daß sie noch bis zum Abschluss vögeln werden; es war bis jetzt immer das gleiche Schema - bis jetzt! Denn mun startete "40 Tage und 40 Nächte" in den deutschen Kinos und zeigte den Zuschauern, daß man es eben auch genau andersherum machen kann.
Warum müssen immer irgendwelche Loser versuchen, endlich zum Schuss zu kommen? Warum lässt man nicht einfach einen Weiberhelden genau den umgekehrten Weg durchleiden? Zugegeben: auch diese Version ist nicht gerade eine überraschende Neubearbeitung dieses Genres, aber es ist wirklich etwas anderes und erfrischendes, daß sich zwar der gesamte Film um das Thema Nummer eins dreht, es aber über weite Strecken nicht dazu kommt. Man kann zwar nicht von einer phänomenalen Idee sprechen, aber aus dieser Ausgangslage ergeben sich einige Situationen, die denen aus "American Pie" in Sachen Humor in nichts nachstehen!
Ob es nun gerade an dieser leichten Variation lag, daß die Leute in Massen in die Kinos stürzten, ist natürlich unwahrscheinlich, aber es ist dem Film auf jeden Fall gelungen, die Sternenkrieger von der Spitzenposition der deutschen Charts zu verdrängen und an einem Wochenende auf beeindruckende 560.000 Besucher zu kommen.
Wer nach "Nicht noch ein Teenie-Film!" noch kleine Zweifel hatte, ob das Publikum denn wirklich immernoch auf diese Filme abfährt, muß diese nun wohl endgültig begraben. Und die Erklärung ist denkbar einfach: allein wegen des witzigen Trailers war schon mit einem großen Erfolg zu rechnen. Im Trailer waren all die Szenen zu sehen, in denen es unter die Gürtellinie geht. Ein geschickter Schachzug, denn oft sinkt der Film wirklich nicht auf das übliche Teenie-Niveau, weswegen viele vielleicht einen falschen Eindruck von dem Film haben. Dennoch geschickt gemacht, denn so gingen alle davon aus, daß sie eine perfekte Komödie im Stil von "AP" zu sehen bekommen würden. Den war auf jeden Fall nicht so, aber dazu später mehr. Außerdem verfügte man mit Josh Hartnett aber auch noch über einen (kommenden) Superstar, der die Mädels verrückt macht und sich seit "Pearl Harbor" großer Beliebtheit erfreut. Ein Erfolg war also vorprogrammiert!
Und ich muß sagen, der Film hat den Erfolg verdient. Er wird sich dank "Spider-Man" sowieso nur eine Woche an der Spitze halten, aber dennoch weiterhin viele Besucher in die Kinos ziehen. Und der Film hat es ganz einfach verdient, weil er aus der relativ simplen Grundhandlung unglaublich viele witzige Szenen schöpft, über die man auch noch lachen kann, wenn man alle bisherigen Filme dieser Art kennt - denn sie werden originell umgewandelt oder wirklich neu erfunden und verzichten wie erwähnt weitestgehend auf die typischen Klischees.
Der Film beginnt mit der Trennung von Matt und seiner Freundin, bzw. ist diese am Anfang schon passiert. Um alles wieder ins Lot zu bringen und sie zurückzugewinnen, beschließt Matt, während der gesamten Fastenzeit (40 Tage und Nächte) keine sexuellen Aktivitäten zu begehen. Das heißt kein Geschlechtsverkehr, keine Masturbation, keine knabbern, kein saugen, kein lecken und auch sonst nichts, was für ihn ansonsten zum normalen Tagesablauf dazugehört. Die ersten Tage hält Matt sich erstaunlich gut. Er verbarrikadiert sich in seiner Wohnung, baut Modellautos, versteckt alle Porno's und Sexheftchen und konzentriert sich auf alles, nur nicht auf Sex. Allerdings bekommt die ganze Firma durch Matt's WG-Genossen schnell Wind von der Sache und schließt Wetten ab. Zunächst läuft alles im Rahmen, bis die Kollegen die Sache publik machen und im Internet ein Wettbüro eröffnen und Matt zu allem Überfluss auch noch das Mädchen kennenlernt, nach dem er scheinbar das ganze Leben gesucht hat. Diese arbeitet ebenfalls im Internet. Sie spürt Pornoseiten auf und sperrt diese für Minderjährige - dumm nur, daß der Sponsor des Wettbüros, von dem Matt nichts weiß, eine Pornoseite ist!
Soviel zum Inhalt, mehr zu verraten, wäre eine Frechheit, denn die unzähligen brenzligen Situationen und Missverständnisse muß man einfach selber miterleben! Überraschend finde ich, daß der Film die ordinären "Fäkal-Details", die man von diesen Filmen mittlerweile gewohnt ist, fast vollständig umgeht und stattdessen mit Dialogperlen und guten Darstellern auftrumpft. Hier schluckt niemand eine Ladung Sperma und es wird auch keiner vollgepinkelt, stattdessen setzt der Film auf wirklich intelligente Dialoge und schafft es dank der sympathischen Figuren, den Zuschauer zum Mitfiebern zu motivieren (wozu die scharfen Damen natürlich noch zusätzlich beitragen!). Und wenn man den Film dann mit den ganzen anderen Teenie-Komödien vergleicht, ziehen diese doch ziemlich eindeutig den Kürzeren!
In der Hauptrolle leidet Josh Hartnett - der Junge, der in "Halloween: H20" gegen Michael Myers, in "The Faculty" gegen Salma Hayek und andere von Aliens infizierte Lehrer und in "Pearl Harbor" gegen die Japaner gekämpft hat. Für seine Rolle in "Pearl Harbor" wurde er von Kritikern verprügelt, aber von Millionen Fans vergöttert und geliebt. Ein durchaus profitables Geschäft, wenn man so will, denn seit diesem Film kann er sich seine Rollen aussuchen - schlechte Kritik hin oder her. Auch ich fand ihn in "Pearl Harbor" etwas hölzern, dafür hat er mir aber in "H:20" und in "The Faculty" sehr gut gefallen. Dort hat er nämlich verdammt cool agiert und einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Auch in "40 Tage und 40 Nächte" wird er einen bleibenden Eindruck hinterlassen, allerdings nicht aufgrund seiner Coolness, sondern seiner absoluten Hilflosigkeit gegen die weibliche Übermacht - wie drückt Matt es doch so treffend aus: "Seit ich damit angefangen habe, sehe ich überall nur noch Titten und Ärsche!" Josh Hartnett könnte man durchaus als Idealbesetzung bezeichnen. Er passt sicherlich noch besser in Rollen wie die des Zeke in "The Faculty", aber auch hier macht er eine überraschend gute Figur.
Seinen WG-Genossen mimt Paul Constanzo, der in "Road Trip" schon einschlägige Erfahrungen mir überdimensionalen Tangas, sonderbar belegten Koteletts und allerhand anderer ekeliger Sachen machen durfte. In "Road Trip" war er mir nicht wirklich aufgefallen, da dort meine ganze Begeisterung für den besten Teeniedarsteller überhaupt draufging, Seann William Scott! Hier allerdings zeigt sich meiner Meinung nach, daß in ihm mehr steckt als ein Teeniedarsteller. Ich hoffe, daß man ihn nicht in dieses Genre pressen will bzw. er sich dagegen wehrt, denn ich glaube, hier steckt mehr Talent als wirklich zu sehen ist, wie einige göttliche Szenen wie eine jetzt schon legendäre Standpauke beweisen.
Auch Shannyn Sossamon war wieder hübsch anzusehen, allerdings eher äußerlich. Während sie in "Ritter aus Leidenschaft" ausschließlich schmuckes Beiwerk war, ist hier ihre Aufgabe ja wenigstens größer als einfach hübsch auszusehen und zu lächeln. Aber wirklich überzeugend ist sie dann doch nicht, wie eine weitere Szene beweist, Auch dazu später mehr!
Nebenbei zeigt sich auch noch "American Werewolf"-Star Griffin Dunne mal wieder und seine Rolle ist die mit Sicherheit durchgeknallteste in seiner langen Karriere. Als Chef von Matt springt er nach kurzer Zeit auf den Zug auf und versucht ebenfalls, 40 Tage und Nächte ohne Sex auszukommen. Schnell stellt er allerdings fest, daß sich seine Frau so ganz wohl fühlt und geht so aus Frust und Lust auf's Firmenklo, um sich erstmal einen runterzuholen. Er weiß nicht, daß er durch ein Missverständnis kurz zuvor den für Matt bestimmten mit Viagra präparierten O-Saft getrunken hat und wundert sich, daß sein kleiner Mann nach drei Malen immer noch steht wie eine Eins! In dieser Sequenz ergeben sich einige wirklich göttliche Witze, der Kinosaal hat förmlich gebebt vor Lachen (ich sag nur Firmenrekord!). Natürlich rutscht das Niveau in dieser Szene weit unter die Gürtellinie, aber das Ziel, das Publikum zu Lachkrämpfen zu bringen, ist eindeutig erreicht worden.
Neben dieser göttlichen Szene gibt es auch eine Szene, die mir wirklich bitter aufgestoßen ist, weil sie einfach überzogen und unfreiwillig komisch gewirkt und Shannyn Sossamon irgendwie deplaziert wirkte. Da Matt niemanden berühren darf, aber trotzdem Zärtlichkeiten mit seiner neuen Angebeteten austauschen will, nimmt er eine weiße Rose zur Hand und berührt sie ausschließlich mit der Blume. Die Szene ist aber nicht etwa warm oder romantisch, sondern irgendwie einfach lächerlich und unfreiwillig witzig, wofür ich Sossamon die Schuld gebe. Irgendwie war sie einfach nicht in der Lage, Gefühle zu zeigen - zumindest nicht in dieser Szene. Die Szene wirkt krampfhaft und gezwungen, weswegen sie auch für das Publikum eher zu einer Qual wurde und man jubeln wollte, als sie endlich vorbei war. Ich und meine drei Freunde haben uns totgelacht, weil die Szene doch wirklich lächerlich war!
Sieht man aber über diese eine Szene hinweg, dann ist "40 Tage und 40 Nächte" eine überaus unterhaltsame Komödie, die trotz der nur geringen Variation genug eigene Ideen entwickelt, um Charme zu versprühen und wirklich witzig zu sein. Einige Sprüche, Szenen und Ausdrücke werden vermutlich bald Kultcharakter haben und ähnlich wie bei "API" in aller Munde sein. Hinzu kommen einige wirklich gute Darsteller, eine routinierte, ruhige und erfahrene Regie und einige wunderbare Stilmittel, die vielen Szenen Nachdruck verleihen oder erneut zum Lachen anregen (als Matt aus der Kirche kommt, nachdem er seinen Beschluss gefasst hat!).