Review

Der gute alte Eddie Murphy. "48 Stunden", "Beverly Hills Cop", " Der Prinz aus Zamunda". Für unzählige Filme war der als "Plappermaul" bekannte Schauspieler begehrt und so um das Jahr 2003 nach dem Dreh von "Der Kindergarten-Daddy" wurde es mächtig ruhig um Eddie. Hier und da wirkte er noch in Filmen mit, aber die konnte man alle mehr oder weniger als Rohrkrepierer abstempeln. Meine Verschwörungstheorie dazu lautet ja, dass er klammheimlich von Doppelgänger (zumindest was die Schnauze angeht) Martin Lawrence abgelöst wurde.

2011 feierte Murphy als Nebenrolle in der Gaunerkomödie "Die Aushilfsgangster" ein kleines Comeback, aber in dieser Durchschnittskomödie konnte er auch keine Akzente setzen.
Im Jahr 2012 bekam er eine völlig auf sich zugeschnittene Hauptrolle im Kino-Release "Noch tausend Worte" - könnte zumindest der nichtwissende Kinogänger meinen. Trauriger Fakt ist aber, dass dieser Film schon 2008 abgedreht wurde und Sony das fertige Produkt in den tiefsten Keller schmiss und nicht veröffentlichen wollte. Zu Recht?


Murphy spielt den Literatur-Agenten Jack McCall, dessen Erfolg nur darauf beruht, seine Mitarbeiter, Untertanen oder Kunden in Grund und Boden zu reden. Ob er sie dabei verletzt, bescheißt oder belügt, ist ihm egal. Schließlich zählt nur die Knete. Der Privatmensch Jack dagegen ist ein fürsorglicher Vater, der mit seiner bezaubernden Frau Caroline (Kerry Washington) und seinem Sohn Tyler (Emanuel Ragsdale) ein ruhiges Familiendasein fristet.
Das schöne Leben des Jack McCall soll sich jedoch schlagartig ändern, als er den New Age Guru Dr. Sinja (ohne große Akzente: Cliff Curtis) über den Tisch ziehen will. Dieser durchschaut ihn nämlich und zaubert Jack einen Baum in den Garten. Eigentlich nichts schlimmes, doch bei jedem gesprochenen Wort, das Jack von sich gibt, verliert dieser Baum ein Blatt. Sobald alle Blätter abgefallen sind, ist auch Jack´s Lebenszeit abgelaufen. Der Egozentriker muss sein Leben grundlegend ändern...

Ganz ehrlich: Wenn man sich das Plakat zu diesem Film anschaut (mit Murphys Gesicht und Panzertape über dem Mund) dürften wohl alle das gleiche Gefühl bekommen. Nämlich das Bedürfniss, einen großen Bogen um diesen Streifen zu machen. Das sieht man ja auch an den ofdb-Bewertungen. Ganze 27 Stimmen gibt es knapp zwei Monate nach dem Kinostart. Kurzum, den Film interessierte keine Sau. Und eigentlich könnte ich in dieses Review schreiben, dass ich Sackratten habe. Spätestens wenn sie aus dem Fünf-Neuste-Reviews-Kasten verschwunden ist, liest die sowieso keine mehr.

Der Einstieg ist erschreckend schwach ausgefallen, man hört die innere Stimme von Murphy, die uns prophezeit, dass er stirbt wenn er noch einen Satz sagt und sieht ihn im Garten stehend mit dem Panzerband über seinem Mund. Mein Unterbewusstsein will mir sagen, dass es ein Fehler war, mich für diesen Film zu entscheiden, aber nach dem kurzen Intro (was eine Zukunfts-Szene darstellt die im Schlussdrittel wieder aufgegriffen wird)  geht es "wie früher" in Murphy´s besten Zeiten gleich zu Gange. Man sieht, wie er Mitarbeiter und Geschäftspartner in Grund und Boden redet und das Wurgs-Gefühl im Magen verabschiedet sich schon leicht und man spürt, dass es zumindest seichte und leicht verdauliche Unterhaltung werden könnte.
Aber "Noch tausend Worte" ist weitaus mehr als nur seichte Unterhaltung. Nachdem man den (eher zähen) Abschnitt mit Cliff Curtis als Guru überstanden hat und das Bäumchen im Garten steht, gewinnt der Film eindeutig an Tiefe. Nachdem McCall bewusst wird, dass er nicht mehr reden darf, zeigt Murphy beinahe schon in Jim Carrey-Marnier, dass er auch nur mit Gestik und Mimik glänzen kann, denn sprechen tut er nicht mehr viel. Dass dabei sehr witzige Szenen entstehen ist dem guten Drehbuch und auch dem heimlichen Matchwinner Clark Duke (der hier Murphys Aushilfssekretär spielt) zu verdanken. Duke spielt seinen Charakter phänomenal geisteskrank und könnte sich mit dieser Vorstellung für weitere Projekte empfehlen.

Leider gibt es auf dem Weg zum Finale auch zwei Punkte, die mich sehr verärgert haben und ich durchaus bereit war, dem Film dafür Punkte abzuziehen (was ich im Nachhinein dann doch nicht gemacht habe). Natürlich bleibt Murphy kein stummer Mensch, jedoch da, wo er unbedingt sprechen sollte, macht er es nicht. In einer Szene geht dabei fast ein Blinder bei einer Straßenüberquerung drauf und seiner Ehefrau könnte man vielleicht auch ein Zehntel  seiner "Lebensenergie" (das wären hundert Worte) verschwenden und ihr sagen, was los ist. Dieser Versuch wird zwar halbherzig angerissen, jedoch lässt Murphy die Ehefrau lieber davon ziehen.
Der Ärger über diese zwei verpatzten Szenen machen aber die witzigen Szenen wett, zumal auch nachdenkliche und traurige Momente dem Film Tiefe (andere nennen es Kitsch) verleihen.
 
In Zeiten, in denen jeder am Lügen und Betrügen ist kommt "Noch tausend Worte" gerade richtig. Eine Komödie, die zum Lachen, zum Weinen und zum Nachdenken brauchbar ist. Ich bin auf jeden Fall mit einem schönen Gefühl im Herzen nach Hause gegangen.

8/10

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