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Eine offenbar geistig verwirrte junge Frau verlässt eines nachts ihr schäbiges Hotel-Zimmer und begibt sich auf eine Odyssee durch die Straßen und Hinterhöfe einer Stadt, in der schon seit geraumer Zeit ein Messer-Mörder sein Unwesen treibt. Nach einigen Begegnungen mit Gossen-Pennern und kleinkriminellem Abschaum lässt sie sich von einem wohlhabenden Mann aufgabeln und mit in sein Appartement nehmen. Dort kommt schließlich raus, dass sie selbst die Killerin ist. Sie ersticht den reichen Sack und flüchtet vor der Polizei in einen Nachtclub, wo sie sich in Sicherheit wähnt... ein Trugschluss...? Bereits fünf Jahre, bevor Alfred Hitchcock mit seinem "Psycho" den Grundstein für das Serienkiller-Syndrom der 80er und 90er Jahre gelegt hat, gab es diesen vorliegenden, kleinen Streifen, der aufgrund seiner nüchternen Machart, die sich kaum in psychologisch fundierten Erklärungsversuchen ergeht, als Vorläufer solcher filmischen Krankenberichte vom Schlage eines "Maniac" fungiert. Logisch also, dass das Ganze nicht nur seiner Zeit vorraus gewesen ist, sondern sich auch Ärger mit den Zensoren eingehandelt hat, die den ursprünglich mal "Dementia" betitelten Streifen aus den Lichspielhäusern verbannt sehen wollten. Erst 1958 gab es unter dem Titel "Daughter of Horror" einen Rerelease, der in dieser Fassung nun einige veränderte Szenen-Abläufe aufweist und zudem auch mit einem relativierenden Off-Kommentar versehen wurde, welcher allerdings echt cheesy geraten ist... doch diese Version dürfte heutzutage die bekannteste sein. Produzent, Regisseur und Drehbuchautor John Parker - der sonst keine weiteren Filme mehr gemacht hat - hat sich alles von den deutschen Expressionisten der Stummfilmzeit abgeschaut und erzählt seine Geschichte in unheilvoll komponierten Bildern völlig ohne Dialoge. Untermalt wird "Daughter of Horror" dabei nur von einem permanent aufspielenden Score, der den Irrsinn der Handlung so richtig zum Vorschein bringt. Trotz des sehr geringen Budgets ist die kontrastreiche Schwarzweiß-Fotografie mit ihrem virtuosen Einsatz von Licht- und Schattenspielen schlichtweg brillant, der Sogwirkung der sorgsamen visuellen Gestaltung im Verbund mit den herausragenden Darsteller-Leistungen (wie gesagt: alles ohne Dialoge!) kann sich der Zuschauer kaum entziehen und wird demnach gleichsam der Protagonistin auf eine Reise in den Wahnsinn geschickt. Was damals verständlicherweise ganz schön harter Stoff war hat auch heutzutage in Zeiten nach "Henry: Portrait of a Serial Killer" und "Das Schweigen der Lämmer" kaum etwas von seiner Wirkung verloren und ist auch ohne breit ausgespielte Gewalt-Exzesse noch echt verstörend. Langweilig ist das alles schon aufgrund der knapp bemessenen, einstündigen Laufzeit zu keiner Sekunde geworden, denn trotz der nicht gerade idealen Produktions-Bedingungen wird permanent doch viel fürs Auge geboten... und in dem furiosen Finale wird die Surrealität der Ereignisse dann auch geradezu auf die Spitze getrieben. Kurzum, ein wegweisender Arthouse-Horror-Cheapie, der mit zum Besten zählt, was die 1950er Jahre in Sachen Genre-Kino auf Lager haben... und dem mal endlich die längst überfällige, gebührende Aufmerksamkeit zuteil werden müsste. By the way: Kameramann William C. Thompson, der hier noch so beeindruckend gearbeitet hat, zeichnet nebenbei auch für die Fototgrafie von "Plan 9 from Outer Space" sowie der meisten anderen Ed Wood-Trash-Epen verantwortlich...!

8/10

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