Review

Die Rezension entsteht auf Rat eines guten und movie-erfahrenen Film-Buddies mir doch mal dieses "Bollwerk" anzuschauen. DARFUR wurde als Film unbewusst etwas verdrängt von mir. Nicht wegen Uwe Boll, gegen den ich nichts habe und der genau weiß was er macht und sich stets gesteigert hat. Das langanhaltende bashing gegen ihn konnte ich nie verstehen. Er macht trashige Genrefilme mit viel Herz und genügend Verstand immer das maximale aus verschiedenen Filmförderungstöpfen für seine Projekte zu erwirken.

DARFUR beginnt zwar unvermittelt mit weinerlichen Dialogen einiger Männer die leider auch Synchronstimmen wie aus der Muppets-Show erhalten haben. Aber das Niveau steigert sich mit zunehmender Filmdauer und Meister Boll versteht es langsam aber stetig, den Zuschauer in seinen hypnotischen Bann der bedrückenden Bilder zu nehmen. Es handelt sich sicherlich um den für seine Verhältnisse reifsten und besten Film Bolls und er stellt ein klares politisches Statement dar, für das man Boll nur danken kann.

Er macht auf seine Weise mit dem Medium Film auf den sinnlosen Völker- und Massenmord aufmerksam dessen Details ich hier bewusst auslasse. Wikipedia copy & paste kann jeder. Aber was gibt uns DARFUR filmisch mit auf den Weg? Anfangs gibt es eine Menge von atmosphärischen Bildern des Dorflebens, fast übertrieben detailliert verfolgen wir ihre tägliche Beschäftigung, es gibt tolle Landschaften, landestypische Musik und viele geile weiße Land Rover. Für Freunde langsamer Kameraschwenks und statischer Einstellungen ist DARFUR nicht geeignet.

Auch in eigentlich ruhigen Szenen herrscht eine Wackelkamera vor, es gibt Zooms fast im Dogma-Stil Zooms, extreme Nahaufnahmen auf Augen und Münder und unvermittelte Kamerabewegungen. Das Wackelkamera-Tempo nimmt in den Actionszenen noch weiter zu und gleicht einem ausgeprägten Augapfel-Schwindeltest und ist natürlich dem gewollt-authentischen Doku-Charakter des Films geschuldet. Hier wäre weniger mehr gewesen und das Budget für eine Steady-Cam wäre sicher noch da gewesen.

DARFUR verliert sich ein wenig im Mittelteil in diesen dokumentarischen Aufnahmen ohne viel Handlung sein eigen zu nennen und es gibt einige Längen zu verzeichnen. Ein wenig klischeehaft wirkt die sehr aufdringlich gestaltete Dorfatmosphäre, die heile Welt vor der Katastrophe zeigt und die damit einhergehende Afrika-Folkloremusik gepaart mit fast heldenhaften amerikanischen Journalisten. Man merkt, dass Boll bemüht war das Beste daraus zu machen und auf seine Weise "Niveau" zu schaffen.

Schon in RAMPAGE war er der Sozialkritik verpflichtet. Bolls genuine Handschrift ist dann ungefiltert in der zweiten Hälfte einsetzenden Gewaltszenen klar erkennbar. Es gibt Headshots aus nächster Nähe, menschliche Fackeln und auch Kinder werden nicht verschont. Mütter werden massakriert oder vergewaltigt und Babys mal eben aufgespießt. Dennoch verbleibt ein wenig der Eindruck, dass Boll geschickt das Thema des grausamen Genozids in geschickter Weise nutzt, um aus anfangs schönen folkloristischen Bildern immer mehr ein selbstzweckhaftes Gewaltszenario zu komponieren wie er es immer getan hat.

Formal ist das Strickmuster sehr durchschaubar. Erst die heile Welt in Bild und Ton präsentieren und dann in minimalistischer Gut-Böse Konstellation und unter Verwendung expliziter Gewalt den Spieß umzudrehen und sich dann noch im Nachhinein die Medaille des Anwalts der Unterdrückten und Vergewaltigten in aller Welt anzuheften. Wie ich schon sagte, ein Boll weiß was ein Boll zu tun hat um das Ergebnis mit gegebenen Mitteln zu maximieren. Film ist ein Business und er beherrscht mit seinen beschränkten Mittel die Klaviatur dieses Geschäfts meisterhaft.

Das sehr konservative tränendrüsenheuchelnde Ende hat dem Film noch mal einen halben Stern gekostet. Der Betroffenheitspathos einer blonden amerikanischen Frau, die dazugehörige sphärisch-melancholische Overground-Hollywood Musik und eine endlich mal ruhige Kamera, ergeben leider ein nicht steigerbares Klischee, welches nur noch durch die abschließende Texttafel mit dem Text "Wir haben nichts aus der Vergangenheit gelernt...wir konnten den Massenmord nicht verhindern" übertroffen wird.

Bei solchen lapidaren Sprüchen muss man sich nicht wundern, wenn aus dem "Homo Sapiens" (der denkende Mensch) bald tatsächlich der "Homo Demens" (der irre, wahnsinnige Mensch) langfristig entstehen wird. Trotzdem versteht Boll es uns Bilder zu präsentieren, die wir so schnell nicht wieder vergessen werden und die aufrütteln und nicht kalt lassen. Zusammengenommen überwiegen für mich somit leicht die positiven Seiten und DARFUR hinterlässt den Zuschauer gewollt recht leer und verstört darüber, wozu wir als "Homo Bestia" (das menschliche Raubtier) immer wieder fähig sind.

6/10 Punkten

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