Aizawa, der Führer einer politischen Studentengruppe, sitzt im Gefängnis, während draußen ein Eklat um dessen Vertretung entbrennt. Das schmuddelige Zusammensein der Studenten erinnert an manch 68er Kommune, ein Postraub entfernt an die Anfänge der R.A.F.. „Kichiku“ ist zunächst scheinbar die angerissene Geschichte der Freiheitsbewegung in Asien und den Studentenrevolten, wie die Bilder vom Platz des himmlischen Friedens unschwer erkennen lassen. Doch in erster Linie ist es kein theoretisierendes Pamphlet, sondern beschäftigt sich mit den Menschen hinter der revolutionären Idee, mit all ihren individuellen Vorstellungen in einem niedergehenden Gruppengefüge. Der kulturelle Bruch ist immer wieder allgegenwärtig, nicht nur, wenn der grandiose, traditionelle Soundtrack einsetzt. Während ein Gruppenneuling sehr naiv wirkt, macht Aizawas Geliebte Maisami über Sex Beziehungen, andere Mitglieder kumpelhaft und der entlassene Knastkollege Aizawas, Fujiwara, ist eine Art mysteriöser Katanawächter. So übersichtlich die erste Hälfte der Situationsbeschreibung dient, so wild ist die zweite Hälfte, in der die kopflose Gruppe Stück für Stück ihre Orientierung verliert und der Kampf mit der Gesellschaft dem Kampf untereinander weicht. Die Wende in der filmischen Erzählung bewegt sich schnurstracks hin zum herben Horrordrama und schließlich zum ausgewachsenen Sicko. Das Gerangel um die Macht, Sündenböcke, die für die Unfähigkeit anderer herhalten müssen, das ist für Regisseur und Drehbuchautor Kazuyoshi Kumakiri der Stoff, um dem Zuschauer eine brutale Gewaltorgie um die Ohren zu hauen, bei der zarten Gemütern mehr als mulmig zu Mute werden dürfte. Der Wahnsinn ist nicht nur offensichtlich, sondern manifestiert sich auch offensiv vor der Kamera in Niedertracht, Erniedrigung und Folter, jene Mittel des feindlichen Staatssystems also, das es vermeintlich zu ändern galt und dabei Bestandteil der Opposition wurde. Neben der brutalen Atmosphäre schockiert das kleine Team um Kumakiri mit einigen heftigen Splatterszenen, da reicht es nicht, das Opfer Blut spucken zu lassen und auch nicht, in seinem Gehirn zu wühlen. Die Humorlosigkeit, mit der die Eskalation vorgetragen wird, tut ihr Übriges. Für den durchschnittlichen Horror-Splatter-Gucker wird die Story um diese als Enkaipartys verschlüsselte Geschichte zu abstrakt sein, wer dem offen gegenüber steht, bekommt ein von Blut durchtränktes, stellenweise krankes Filmchen zu sehen, das nicht nur zeigt, wie sich die Linke gegenseitig zerfleischt, sondern auch, wie gelungen und kraftvoll eine Low-Budget-Produktion von Nachwuchstalenten aussehen kann.
Fazit: Offensiver, brutaler Politsplatter. Unbequemer, verstörender Low-Budget-Tip. 8,5/10 Punkten