“Steck dir deine Befehle sonst wohin, du fette Schnecke.“
Eine legt die Karten, einer zählt das Geld. Zwei Schüsse fallen, zwei Tote, nicht die gleichen Personen, in der näheren Umgebung, die sich sowieso plötzlich mit weiteren Anwesenden, Männern im Anzug, mal tot und mal lebend, mal Handlanger und mal Beobachter und Organisator füllt. Fokussiert wird das eigentlich simple Geschehen, die Figuren in Augenschein genommen und herangezogen und vorgestellt, die Frauenleiche ist als einzige nackt, ein Standbild im Raum, Sex und Gewalt. Der zweite Tote war Polizist, Kommissar, die Handlung beginnt:
Ein Bandenkrieg in Nizza zwischen den lokalen Mafiosi Achille Volfoni [ Claude Brosset ] und Théodore Musard [ Georges Géret ] heizt die Stimmung an. Um sich darum als 'Außenstehender' zu kümmern, wird Divisionskommissar Stanislas Borowitz [ Jean-Paul Belmondo ] mit dem Einverständnis von Kommissar Grimaud [ Michel Galabru ] von Paris aus in die Gegend entsandt Borowitz, der auch den Mord an seinen Kollegen Kommissar Bertrand aufklären und insgesamt die Korruption beseitigen will, gibt sich inkognito und als Bruder einer Prostituierten aus, was schnell die Aufmerksamkeit zweier Polizisten, Inspektor Rey [ Tony Kendall ] und Inspektor Georges Massard [ Jean-François Balmer ] auf sich zieht.
„»Ermordet, meinst du?« "Wohl kaum: drei Kugeln in den Bauch, eine in die Nierenhöhle, eine hinter dem Ohr. "Wenn es aus dem linken Auge kommt, ist es ekelerregend. Der Mann und die Frau sahen einander an. Schweigend schien jeder den anderen anzuflehen, eine schnelle Lösung zu finden, vor allem aber, ihr noch länger die Demütigung zu ersparen, die es für sie wie für ihn bedeutete, regungslos und töricht zu beiden Seiten einer weiblichen Leiche im gelben Bikini zu sitzen, der sie um jeden Preis beschämen wollte. Jedenfalls fühlten die Frau und der Mann auf diese Weise ihre makabre Entdeckung, als sei das tote Mädchen absichtlich dort gewesen, um sie an ihre ehebrecherischen Liebschaften zu erinnern. Jeder von ihnen bereute es sogar bitterlich, dass er so sehr darauf bedacht gewesen war, mit der großen Riva eine Seefahrt zu machen, denn erst auf dem Rückweg, als sie das Boot am Ende des hölzernen Pontons festmachten, hatten sie den Leichnam gesehen, der vom Meer geschaukelt und mit Seegras beschwert war.“
Eine Romanadaption ist dies (Michel Grisolias "L'Inspecteur de la mer", 1977 veröffentlicht, folgend auch Gewinner vom Besten französischen Kriminalroman, dem Prix Mystere de la critique), gedreht von Georges Lautner, der hier Kreativität noch beweist und Willen zum Stil. Im Gepäck mit ist (erstmalig) Belmondo, der auch sofort Prügel macht und Radau, der mit dem Auto als Rammbock die Haustür aufmacht und sich im fremden Heime, dem des Mordopfers nämlich gleich wie zu Hause fühlt und sich auch so benimmt. „Die Zeiten sind hart.“, der Ton ist lakonisch, eine Freude am Leben, es gibt ein Bon jour, noch vor dem Satz Prügel. Ermittlungen werden angestellt, Fragen gestellt, was davor war und danach, wie viel Zeit vergangen ist und wobei. Rekapituliert wird das Geschehen, aus der Hüfte geschossen, aus dem Auto gelebt, improvisiert und fleißig bewegt, öfters die Pistole gezückt und die Dinge geklärt und gerade gerückt.
„Er war um halb neun gewarnt worden, und es war ziemlich ungläubig, dass er auflegte. Dann zündete er sich ein Pall Mall Menthol an und schob es, nachdem er zwei kurze Züge genommen hatte, zwischen die prallen Lippen seiner einzigen Tochter. Seine Frau, die im Kindbett gestorben war, hatte ihm eine unermessliche und menschenfeindliche Einsamkeit hinterlassen, ein Vermächtnis gutmütigen Zynismus und ein kleines Mädchen mit einer lustigen Zunge, das erst letztes Jahr sechzehn Jahre alt geworden war, aber für ihn war es gestern. Ganz Nizza fragte sich, wie sie dieses Alter erreicht hatte, da ihr Vater kein Vorbild gewesen war. Aber Chefinspektor David Géant amüsierte sich sehr über diesen Klatsch und Tratsch, diese voreingenommenen Blicke auf seine Moral. Narren müssen sich noch mehr amüsieren als andere, sagte er sich oft, was noch zu beweisen ist.“
Wer Der Windhund genau ist und wie sein Motiv und sein weiteres Vorgehen, weiß man als Zuschauer da auch noch nicht; eine Reise (noch) in das Ungewisse, aber mit einem vor Selbstbewusstsein und Chuzpe strotzenden Fremdenführer, ein “Spezialist für Säuberungsaktionen“. Es gibt größere Explosionen und kleinere Ablenkungsmanöver, es gibt Einbrüche, es wird Räuber-und-Gendarm, Flic ou voyou gespielt. Ein edleres Milieu als sonst wird hier geboten, Villen, Casinos, der Port Lympia, der Chambrun Park, die Côte d’Azur, hinzugekommen sind auch ein paar Charakterdarsteller, allen voran Michel Galabru. Die Dramaturgie ist eher spielerisch und verschroben statt flott und wird auch folgend nicht wirklich schneller. Es geht um einen „Wurm in der Frucht. Den kannst du herausschneiden, dann kommt aber ein neuer Wurm.“ Das Ganze als Schelmenstück über Polizei, Politik und Korruption, zwischendurch mit Witz, mit Charme und Höhen- und Autostunts. Ein Sündenpfuhl geht in Flammen auf, Figuren werden eingeführt und fortgeschickt, ein Attentat in der Sauna, ein Attentat auf dem Marktplatz, eine Entführung.
“Wenn ich nur wüsste, was dieser schwule Bruder wollte.“
„In Nizza wütet der Bandenkrieg“ lautet bald die Schlagzeile des Tages, so richtig Radau bricht hier nicht aus, dafür ist die Geschichte (auch durch zwei unnötig wirkende Frauenfiguren, die plötzlich auftauchende minderjährige Tochter und die ebenso plötzlich geangelte Geliebte) zuweilen zu nichtig und (auch dabei) zu aberwitzig, ein kleines lockeres Vergnügen wird geboten, eine Art Spätsommerurlaub, die Nachsaison, der Schauplatz bisschen kühl und fast herbstlich.