Oh, mein Gott, sie haben es wirklich getan!
Sie haben Jan de Bont, einen der talentiertesten Kameramänner Hollywoods, der leider zum Regisseur mutiert ist, zig Millionen Dollar in die Hand gedrückt und ihn ein Remake von "The Haunting" drehen lassen, DEN Kult-Horror-Klassiker der Sechziger. Die Latte lag hoch, das war auch de Bont klar, wie er in Interviews verlauten ließ, aber deswegen hätte er sich ja nicht gleich unter der Landematte durchgraben müssen.
Hier ist so ziemlich alles falsch gemacht worden, was denn möglich gewesen wäre. Zunächst einmal sollte das Vorgängerdrehbuch offenbar ein wenig aufgepeppt werden, hollywood-in-the-nineties-style, obwohl schon der Urversion eine Bearbeitung der Buchvorlage war. Also: Motivation und Hintergründe der Figuren ändern. Eleanor, ein relativ verhuschtes Mäuschen, daß bis vor kurzem die kranke Mutter gepflegt hatte, erhält nach deren Tod nicht nur allerlei Boshaftigkeiten von nahen Verwandten, sondern auch einen mysteriösen Anruf, der sie nach Hill House einläd, wo Liam Neeson als Schlafforscher angeblich eine Studie abhalten will. Tatsächlich untersucht er jedoch Angstzustände in einem unheimlichen Haus. Dazu hat er noch zwei weitere Personen gebeten, die latent gedankenlesende Thea und den lockeren Luke. Zwei Assistenten müssen schon am ersten Abend im unheimlichen Haus passen und dann geht der Zauber richtig los: brachiales Türenschlagen, Zimmer verformen sich, barocke Geisterputten, pardon -Kinder huschen durch die Vorhänge, Statuen werden lebendig und immer näher rückt die Gewißheit, daß Eleanor verwandtschaftlich mit dem Haus verbunden ist...
Der Charakter der verträumten Eleanor (Lili Taylor) ist dann auch der einzig Ausgearbeitete im ganzen Film, der Ähnlichkeiten mit dem Original hat. Lange in ihrer Persönlichkeit unterdrückt und daher leicht egoistisch gegenüber den anderen, glücklicheren Menschen gibt sie eine beachtliche Vorstellung in ihrem Major-Hauptrollendebut. Dagegen ist die Schlaf-/Angststudie des von Neeson dargestellten Profs der reine Witz. Nur als Aufhänger benutzt, wird diese Idee nie wieder erwähnt, wie überhaupt der ganze Charakter sehr unausgegoren, ziellos und unterfordert erscheint. Auslassungen scheinen dann auch weiterhin sehr beliebt bei der Drehbuchanfertigung gewesen zu sein, denn auch Catherine Zeta-Jones wird nach ihrer Eingangscharakterisierung als Lesbe oder Bisexuelle nur noch als Kleiderständer missbraucht (was zugegeben recht gut aussieht). Eine Schande, denn im Original war die Thea mit die aufregendste Rolle. Auch die zwei Assistenten, die nach einer Verletzung das Haus auf der Suche nach einem Arzt verlassen, fallen diesem Brauch zum Opfer: Obwohl zur Rückkehr angewiesen, tauchen sie nie wieder im Film auf und finden auch keine Erwähnung mehr.(Sind halt nur Assis!) Als die größte Auslassung bleib aber wohl Owen Wilson als Luke. Im Original noch ein Neffe der Hausbesitzerin und Garant für viele treffende Sprüche, latscht er hier dümlich dreinschauend slackerhaft durch die Korridore und fragt sich vermutlich selbst, was er in diesem Scheiß verloren hat, denn als der Hänger, den er hier geben muß, darf er nicht mal mit Zeta-Jones ein paar sexuell angehauchte Wortgefechte führen, weil sie aus dem Lachen vermutlich nicht mehr rauskäme.
Wenn das Buch also die (sonst sehr patenten) Darsteller im Stich läßt, müssen es eben Spannung und Effekte rausreißen. Letztere mußte man sich im 63er Original bis auf wenige Ausnahmen im Kopf ausmalen, bei de Bont wird gezeigt, was das Zeug hält. Und das ist nicht allzu viel. Zu sehr hadert der Film mit der unglaubwürdigen Story, die nur dann voranstolpert, wenn Eleanor im Haus wieder ein neues Türchen geöffnet und eine Entdeckung gemacht hat, die so wirr ist, daß sie diese nachträglich dem Publikum erklären muß. So wirken die unheimlichen Erscheinungen nur mehr aufgesetzt, um dem Auge irgendwas bieten zu können. Schlimmer noch, sie sind alle, durch die Bank weg, als CGI-Effekte teilweise einfachster Bauart zu erkennen. Wirklich erschreckend ist nur eine Szene in der Taylor ihr Alter Ego (mit furchtbarem Grinsen) in einem Spiegel erblickt. Hier zeigt sich, wo man Boden hätte gut machen können.
Pluspunkte gibts lediglich für die Bauten, die wirklich beeindrucken, nur haftet denen leider der elementare Schönheitsfehler an, gegenüber den Personen riesenhaft zu wirken. Das war zwar schon so geplant, doch leider bezog das Original seine Hauptwirkung aus der Enge und Überladenheit des Hauses, sowie aus der spürbaren Dunkelheit, die in jeder Ecke saß. Hier herrscht räumliche Leere bis zur nächsten gigantomanischen Finesse und wirkt so wie die Neuauflage von "Urmel spielt im Schloß". Überhaupt wird aus den verwinkelten Bauten wenig gemacht, was wiederum dem Regisseur anzulasten ist.
Den Rest an gutem Willen des Zuschauers verschenkt das Werk dann mit einer hanebüchenen Erklärung der verwandtschaftlichen Verhältnisse, die in einem Anti-Höhepunkt gipfeln, der mir irgendwann mal erläutert werden müßte und den die Welt noch nicht gesehen hat.
Für die Verschandelung eines wirklich ausgezeichneten Originalscripts gebührt David Self, dem Autor, ein Nachmittag mit einem Erschießungskommando und de Bont ist hier nur ein Augenzwinkern besser als bei seiner absoluten Filmniete "Speed 2". Schade um wirklich gute Schauspieler und ein lohneswertes Vorhaben, daß man komplett in den Sand gesetzt hat.
(Knapp 4/10, vor allem noch für den Look, die Bauten und für Lili Taylor, der man bessere Rollen wünscht.)