Wenn die Nacht brennt: „Night of Terror“ als Triumph des B-Action-Kinos
Es gibt im B-Action-Kino bestimmte Rosskur-Momente, in denen der Zuschauer – geerdet durch jahrelange Erfahrung, gestählt durch zahllose VHS-Nächte und unzählige Ausflüge ins Reich der niedrig budgetierten Pyro-Kunst – sich plötzlich dabei ertappt, wie er staunend auf den Bildschirm blickt. „Night of Terror“, Joseph Merhis urbaner Gewaltritt durch ein nächtlich verwüstetes Los Angeles, ist genau ein solcher Moment. Ein Film, der die DNA von PM Entertainment in jedem lodernden Frame trägt: explosionsfreudig, kompromisslos, kinetisch brachial – und gleichzeitig überraschend stilsicher. Das Studio hat über die Jahre so viele Explosionen produziert, dass man meinen könnte, sie hätten ein eigenes Pyrotechnikministerium. Doch „Night of Terror“? Der gehört zu ihren besten – und ist zugleich einer der strahlenden Höhepunkte in der Filmografie von Gary Daniels. Ein exemplarisches Dokument jener unverwüstlichen B-Action-Kultur der 90er, die mit begrenzten Mitteln, aber unbegrenztem Enthusiasmus operierte. Ein Funkensturm aus Benzingeruch, Feuerfontänen und Gary-Daniels-Körperbeherrschung, in dem Herzblut, Schweiß und Nitro zusammenfließen,
Natürlich – und das ist keine Kritik, sondern Teil der DNA – ist die Story eher zweckmäßig gestrickt. Ein klassischer B-Action-Baukasten, wie man ihn aus der goldenen VHS-Ära kennt: harte Kerle, verräterische Bösewichte, korrupte Strukturen, persönliche Missionen, Zeitdruck, Schießereien, Explosionen, repeat. Und doch: Das Drehbuch hat Drive. Es versteht, dass seine Aufgabe nicht literarische Höhenflüge sind, sondern das effiziente Zusammenknoten von Setpieces. Und genau darin ist „Night of Terror“ fast schon vorbildlich. Kein unnötiger Ballast, keine Leerlaufphasen – stattdessen ein steter Puls, der die Actionsequenzen nicht nur verbindet, sondern antreibt.
Los Angeles präsentiert sich hier nicht als Stadt der Engel, sondern als urbanes Höllenpanorama – eine Mischung aus Endzeitvision und Großstadtdämmerung. Ein dystopisches Areal aus Feuer, Rauch, Trümmern und verlassenen Straßenzügen. Feuer lodert aus Hinterhöfen, Explosionen zerschneiden die Nacht wie feurige Signalfackeln, Autowracks liegen herum wie gestrandete Monster, und alles ist getränkt in diesem rauen, herrlich überstilisierten 90er-Jahre-Grit. Die Atmosphäre ist schlicht fantastisch – nicht nur Kulisse, sondern ein extrem stylisches Setting und Energielieferant für die Action. Selten hat ein PM-Film die Stadt so wirkungsvoll in ein Kriegsgebiet verwandelt – wild, gefährlich, pulsierend.
Jetzt aber zum Fleisch des Gerichts. Und was soll man sagen? „Night of Terror“ serviert ein Actionmenü, das selbst hartgesottene Genrefans entzückt schmatzen lässt. Schießereien, Motorradstunts, Explosionen, Fights – die ganze Palette, und zwar ohne Rücksicht auf Verluste. „Night of Terror“ fährt alles auf, was PM Entertainment je aus ihren Lagerhallen gezogen hat. Die Shootouts sind herrlich exzessiv, blutig im besten Sinne und choreografiert mit einer Klarheit, die man heute fast vermisst. PM Entertainment war bekannt für seine gefährlichen, hausgemachten Practical-Stunts – und hier zeigt das Studio erneut, wieso es Kultstatus genießt. Autos überschlagen sich, als gäbe es Mengenrabatt; Funken sprühen, Scheiben bersten, Explosionen detonieren mit dieser unnachahmlichen PM-Wucht, die B-Movie-Liebhaber sabbern lässt. Besonders bemerkenswert sind jedoch die Motorradstunts – eine Spezialität, für die PM Entertainment ohnehin legendär ist. Sie sind schnell, präzise, gefährlich und gleichzeitig choreografiert wie eine bizarre Mischung aus Ballett und Hochrisiko-Akrobatik.
Und dann wären da natürlich die Nahkämpfe. Gary Daniels zeigt sich hier in absoluter Topform. Wenn er loslegt, dann mit einer Präzision und Eleganz, die man sonst nur aus Hongkong-Produktionen kennt. Kicks, Drehungen, stylische Signature-Moves – Daniels packt hier einige der geschmeidigsten und gleichzeitig kraftvollsten Aktionen seiner Karriere aus. Man spürt seine Erfahrung aus der Kickbox-Welt, seine filmische Routine, seine physische Intelligenz. Es wirkt nie gestellt, nie überchoreografiert, sondern roh, dynamisch, kompromisslos. Ein Fest für Martial-Arts-Fans. Gary Daniels, ohnehin ein Fixstern des B-Action-Himmels, liefert hier zudem eine beeindruckende Performance. Charismatisch, physisch beeindruckend, mit dieser stoischen Coolness, die nie prätentiös wirkt. Er weiß genau, was der Film von ihm verlangt: Präsenz, Haltung, knochentrockenes Charisma und punktgenaue Martial-Arts-Einlagen. Und er liefert ab – souverän, kernig, sympathisch.
Fazit
„Night of Terror“ ist ein lupenreiner, kompromissloser Actionkracher aus der goldenen Ära von PM Entertainment. Ein Actionbrett, das mit Herz, Handwerk und hemmungsloser Leidenschaft inszeniert wurde. Ein absoluter Kracher, einer der besten PM Filme überhaupt. Und für Gary Daniels zweifellos einer der Höhepunkte seiner Karriere. Atmosphärisch dicht, actionreich bis zum Anschlag, handwerklich erstaunlich hochwertig und getragen von einem Hauptdarsteller, der sich voll ins Zeug legt. Wer B-Action liebt – die echte, ehrliche, schmutzig-funkensprühende aus den 90ern – der findet hier ein kleines Juwel.