Review

Passend zur Jahreszeit eine weitere Independent- / Amateurproduktion, die als spukiges Horrordrama Bezug auf Halloween nimmt und der man bereits auf hundert Meter Entfernung ansieht, dass quasi keinerlei Budget vorhanden war.

Dem DVD-Cover sieht man die Banalität der Schauergeschichte um den verwitweten Chris (dargestellt von Russ Diaper - in Personalunion auch Produzent, Regisseur, Scriptwriter, Komponist und weiß-Gott-was-noch alles) dagegen nicht an. Überzeugt dieses doch als stimmig-makabre Verfremdung eines alten Familienphotos: Mama, Papa, Kinder, alle mit Skelettfressen, schön schaurig wirkt das. Letztlich ist das Cover jedoch ein Verlader, genauso wie der großspurige Verweis, dass es sich hierbei immerhin um den "unrated director's cut" inkl. "strong violence, nudity and sexual situations" handelt.  

Wer diese Köder jedoch schluckt, der darf nun auch eben jenen Chris als scheins einzigen Bewohner eines ansonsten leerstehenden Hotels kennen lernen (sieht man einmal von einem verschrobenen Hausmeister ab, dem natürlich innerhalb der Handlung noch eine ganz besondere Rolle zukommt). Und während Chris noch verzweifelt versucht über den Verlust seiner Frau hinwegzukommen, dauert es erwartungsgemäß nicht lange, bis sich deren Geist und der ihres Mörders aus dem Jenseits bei ihm melden.

Armer Chris. Noch ärmerer Zuschauer.

Typisches Problem so vieler Amateurproduktionen im Horrorbereich ist das katastrophale Pacing. Mit einer Autofahrt verglichen, liegt das Tempo der Inszenierung von "Spirits of the Fall" meist konstant bei etwa 60 km/h - und das auch nur außerhalb vieler, vieler Tempo 30 Zonen. Dialogszenen sind sehr preiswert zu realisieren und so nehmen diese auch entsprechend viel Raum innerhalb der Handlung ein. Man ahnt schon nach rund einer Viertelstunde, dass die Laufzeit von rund 100 Minuten hoffnungslos überdehnt ist und das Durchhalten bis zur letzten Einstellung eine Geduldsprobe darstellen wird.

Das ist sehr schade, denn das Acting und auch die Kameraführung ist meist deutlich kompetenter als bei vergleichbaren Produktionen. Es spricht auch für Russ Diaper, der den Film mit wohl nicht mehr als einer Handvoll Komparsen und anderer Unterstützer realisiert hat, dass er auffällig viel Mühe darauf verwandt hat, atmosphärische Bilder zu integrieren. Das ist ihm mal mehr (Grabsteine und Herbstlaub) und auch mal weniger (ich sag nur "Kürbiskopf") gelungen. In Verbindung mit dem melancholischen Score zeugen diese Bilder immerhin von einem gewissen Maß ästhetischen Bewusstseins.

Unterhaltsamer wird der Film dadurch jedoch mitnichten. Chris ist keine Identifikationsfigur, eine spürbare Bedrohung ist ohnehin nicht vorhanden und ein paar wenige Geistererscheinungen, die sich als Schatten an der Wand oder als Gesicht im Glas manifestieren, die ziehen weder für den genreerfahrenen noch für den genreunerfahrenen Zuschauer die Wurst vom Teller. Dabei wirkt gegenüber diesen Effekten das Finale geradezu peinlich, wenn Diaper mit drei schwarzen Kerzen und ein paar zuckenden Lichtblitzen die Stimmung fast schon ins Lächerliche kippen lässt.

Wer weiß, zu was Russ Diaper als Regisseur mit einem anständigen Budget und einer gescheiten Story  fähig wäre. "Spirits of the Fall" lässt diese Frage jedoch leider weitgehend offen.

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