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Klar zur Energiewende - Regisseur Fechner nimmt den Zuschauer mit auf eine beeindruckende Bilderreise: Nach Kalifornien, Dänemark, Mali, Deutschland, China, Bangladesch, Norwegen, an den Amazonas. Präsentiert wurde ein bunter Themencocktail, nicht nur aus dem Energiebereich. Klimawandel, Elektroautos, Industrialisierung von Schwellenländern wie China, Verstädterung in den Entwicklungsländern, nachhaltiges Bauen und Sanieren, CO2-Abscheidung und -Speicherung, dezentrale Energieautonomie, Stromversorgung für die ärmsten Entwicklungsländer, Mikrofinanzierung, Abholzung der Regenwälder, Redox-Flow-Speichertechnologie, Strukturwandel der (Energie-)Wirtschaft, ... Und es gelingt dem Regisseur tatsächlich, die gesellschaftliche Tragweite und die globalen Zusammenhänge zu verdeutlichen, ohne den Film zu technologielastig zu machen. Möglicherweise hat die geplante vierteilige Fernsehfassung jedoch den Vorteil, dass sie didaktisch strukturierter aufbereitet werden und noch mehr Menschen erreichen kann, was dem Film zu wünschen wäre.

Der am wenigsten differenziert ausgearbeitete Themenkomplex ist der nachhaltige Verkehr - er wird im Film auf das Elektroauto reduziert. Wünschenswert wäre gewesen, Beispiele von Projekten zu einer massentauglichen nachhaltigen Mobilität, etwa mit Brennstoffzellenbussen, zu zeigen. Statt dessen sehen wir den smarten Impresario Elon Musk, wie er im Tesla Roadster an einer roten Ampel irgendwo in Kalifornien seinen Blackberry checkt. Gleichwohl: Sollte es mithilfe des emotional besetzten Themas Automobil gelingen, jene anzusprechen, die mit der traditionellen Öko-Ästhetik vergangener Jahrzehnte nicht viel anzufangen wissen und Einschränkungen ihres genussorientierten Lebensstils ablehnen, dann hätte der Film schon wieder ein Stückchen mehr erreicht.

Schwerer zu verzeihen ist dem mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilmer, dass er den Zuschauer mit vielen Fakten und langen Texttableaus, die in kurzer Zeit zu lesen sind, überschüttet. Gleichzeitig überrollt er dessen Sinne, so als habe der Regisseur Angst vor dem rein dokumentarischen, ungekünstelten Charakter des gewählten Genres und wolle gelegentlich den Ausflug ins ganz große Kino wagen. Die bezaubernden Bilder aus Mali oder von in der Sonne glitzernden Solarwärmekraftwerken dürfen nicht für sich selbst sprechen, sondern sind von einem orchestralen Soundtrack unterlegt. Wie zum Beispiel eine der beeindruckendsten, weil authentischsten Szenen des Films: Eine malische Hebamme berichtet, wie sie dank Solarstromspeicherung nachts arbeiten kann, ohne dabei eine Taschenlampe zwischen zwischen Schulter und Ohr einklemmen zu müssen. Ihre Erzählung in lokaler Sprache ist grade so noch zu hören, sie ist deutsch untertitelt und dazu erklingen Streicher. Wann Fechner wozu Musik einsetzt und warum er sie in anderen Szenen schweigen lässt, bleibt ein Rätsel.

Der Film will, so heißt es auf der Website, zeigen, „wer sich dagegen stemmt". Er verspricht uns „die Geschichte eines Duells. Showdown der Energie-Titanen. David gegen Goliath". Der einzige Schurke im Film bleibt jedoch Fatih Birol, Chefökonom der Internationalen Energieagentur in Paris. Der Regierungsberater, der bei der OPEC in die Lehre ging, sitzt breit am Schreibtisch und wiederholt mantraartig, eine Energiewende in den nächsten Jahrzehnten sei unrealistisch. Finanzielle Anreize seien erforderlich und Frankreich sei mit seiner Stromerzeugung zu 80% aus Atomkraft auf der sichereren Seite, erfahren wir weiter.

Exxon spielt den zweiten Goliath im Film, wird jedoch nur in einem eingeblendeten Text angeprangert. Hermann Scheer spricht noch von „koordinierten Machenschaften der US-Energiekonzerne und ihrer Helfershelfer". Und dann ist die Liste der Gegenspieler schon abgearbeitet. Mehr unterschiedliche Gegenstimmen wären wünschenswert gewesen, nicht nur, um den Kritikern, die dem Film vorwerfen, er sei zu subjektiv, den Wind aus den Segeln zu nehmen, sondern um dem Zuschauer zu zeigen, wer die „Eliten aus Politik und Wirtschaft" sind, wie Hermann Scheer beklagt, die die Energiewende blockieren, wie breit die Front des Widerstandes ist und welche Argumente sie benutzt.

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