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Dr. Jack Kevorkian, auch „Dr. Death“ genannt, half in den Jahren 1990 – 1998 mehr als 100 Menschen mit unheilbaren Krankheiten beim Suizid. Diese Form der Sterbehilfe begründete der Arzt mit dem Argument, dass das Recht eines einzelnen Menschen darüber zu entscheiden, ob und wann er aus dem Leben scheidet über dem gesetzlich verordneten Recht stehe. Daraus resultierende Gerichtsverfahren brachten Kevorkian nicht nur in den USA, sondern auch hierzulande in die Schlagzeilen.

Ein Thema wie dieses wird auch heutzutage noch mehr als kontrovers diskutiert und gerät natürlich früher oder später auch ins Visier von Filmschaffenden. Wie es die Problematik will ist sie auch nach mehr als zehn Jahren noch immer aktuell und genau so brisant wie damals.

Regisseur Barry Levinson (Rain Man, Good Morning Vietnam, Sleepers) nahm sich deshalb des Themas und der Geschichte von Kevorkian in Form des nun vorliegenden, für den US-Kabelkanal HBO produzierten Films an.

In mehr als zwei Stunden Spielzeit wird Kevorkians Geschichte von der Idee an, über die ersten Beihilfen zum Suizid, den damit verbundenen juristischen Fallstricken und Problemen, seiner Darstellung in den Medien, den Auswirkungen auf seine Freunde und Familie und sein schließliches Scheitern erzählt.

Die zentrale Figur, also Kevorkian, zeigt sich dabei als vom Tod und Leiden seiner eigenen Mutter zwar geprägter, dennoch durchaus rational handelnder und intelligenter Mensch, der bewusst Tabus durchbricht um seine Sicht der Dinge in die Öffentlichkeit zu tragen. Nach und nach tritt dabei der eigentliche Dienst an seinen Patienten in den Hintergrund und nahezu die ganze zweite Filmhälfte dreht sich nur noch um seinen verbissenen Kampf sich rechtlich durchzusetzen.

Um die Geschichte einer derart polarisierenden Figur zu verfilmen bedarf es in erster Linie eines guten Drehbuchs, dass die Person Kevorkian in all ihren Facetten beleuchtet ohne dabei sein Umfeld aus den Augen zu verlieren und das dabei vor allem nichts beschönigt und verzerrt. Ein solches Drehbuch liefert hier Adam Mazer ab. Neben dem Menschen Kevorkian stehen natürlich auch seine Taten im Mittelpunkt der Geschichte, speziell seine Suizid-Hilfen. Diese hat Mazer teilweise sehr hart und in ihrer Nüchternheit trotzdem enorm ergreifend konstruiert. Wenn der Doc einem seiner Patienten auf der Ladefläche eines VW-Busses im Wald Sterbehilfe leistet oder einem anderen mittels eines selbstgebastelten „Helms“ tödliches Gas verabreicht sind das Bilder, die einem als Zuschauer noch längere Zeit im Gedächtnis haften bleiben. Einerseits weil sie ein Sterben zeigen, dass so unnatürlich und doch befreiend ist, andererseits weil sie wie eine dilettantische und schräge Amateur-Mörder-Show wirken.

Regisseur Levinson verpackt seinen Film dazu in wenig farbintensiven, dunklen Bildern und greift auch auf Videosequenzen zurück, die die Leiden der Patienten zeigen und Kevorkian als Beweismaterial vor Gericht dienen sollen. Diese Videos sind von großer Intensität und wirken fast als wären sie real.

Überhaupt hat Levinson hier das Script von Mazer hervorragend umgesetzt. Der ganze Film wirkt rundum gelungen, so dass man auch über die mehr als zweistündige Spielzeit hinweg nur wenige Momente missen möchte.

Zum Erfolg eines solchen Films tragen natürlich auch die Darstellern/innen bei. Allen voran steht hier natürlich Al Pacino als Kevorkian im Mittelpunkt und muss feststellen, dass dieser hier seine mit Abstand beste Performance seit vielen Jahren zeigt. Nicht nur sein Mut sich zum auch eigenen Alter zu bekennen, sondern auch die Darstellung und Herausarbeitung der Schattierungen von Kevorkians Charakter sind absolut sehenswert und gelungen.

Neben Pacino verblassen natürlich einige andere der hier mitwirkenden Akteure vermeintlich; alleine schon wegen des großen Namens. Aber ohne eine rundum überzeugende Ensembleleistung bringt der größte Hollywoodstar im Film nichts und so sehen wir hier John Goodman als Kevorkians Freund Neal, Brenda Vaccaro als Kevorkians Schwester Margo, Susan Sarandon als Unterstützerin und letztliche Patientin Janet und Danny Huston als Anwalt Fieger. Und ohne zu übertreiben stelle ich fest, dass all die Genannten, ob viel oder wenig Screentime, sehr gut aufspielen und somit das Bild eines überdurchschnittlich guten TV-Films abrunden.

Fazit: „You Don’t Know Jack“ ist keine leichte Kost, versteht es aber trotzdem enorm zu fesseln, sofern man sich als Zuschauer auf die Thematik einlassen will oder kann. Von Seiten der Macher werden jedenfalls Top-Leistungen präsentiert, die zu Recht in den USA mit Nominierungen und Gewinnen verschiedenster Preise wie dem Grammy oder dem Golden Globe belohnt wurden.

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