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Als sich Ende der 70er Jahre Videorekorder in Japan mehr und mehr durchsetzen und die Haushalte erweiterten, öffnete sich auch für die Animeindustrie ein neuer Absatzmarkt neben den beiden bisherigen Größen TV und Kino. Das Ergebnis waren die OVAs, Animes direkt für die Veröffentlichung auf Videokassette produziert, zwar immer noch mit geringeren Mitteln als die großen Kinofilme, aber doch mit einigen mehr Freiheiten als die gängigen TV-Formate, ermöglichten die OVAs fortan eine breitere Entwicklung an Themen und Genres in Animes und boten auch solchen Werken eine solide Veröffentlichungsplattform die es, aus den verschiedensten Gründen, nie ins TV oder Kino hätten schaffen können.
Eine der allerersten, wenn nicht sogar DIE allererste, OVA war „Dallos“ und gleichzeitig auch eine der ersten Regiearbeiten eines damals noch unbekannten Newcomers namens Mamoru Oshii.
Was aus jenem Oshii geworden ist dürfte jeder Animefan wohl wissen, wie seine ersten Gehversuche aussahen aber vielleicht eher weniger, also sehen wir es uns einmal an.

In 4 Episoden, wobei die letzten beiden als Zweiteiler eigentlich eine Episode darstellen, „Dallos“, wird hier die Geschichte einer Rebellion erzählt, von unzufriedenen Mienenarbeitern auf dem Mond und von der Erde stammenden Führungskräften die sich nicht in die Lage der Kolonisten hineinversetzen können und lieber mit militärischer Gewalt als Diplomatie vorgehen.
In all dem Durcheinander haben wir einen jungen Helden und ein Mädchen das ihn liebt, beide auf Seiten der Kolonisten, und einen jungen General und seine Freundin, beide von der Erde, und letztere wird von den Kolonisten als Geisel genommen und der junge Held verliebt sich in sie.
So weit so gut, aus diesem Stoff lässt sich schon etwas machen, Liebe und (Beziehungs-)Drama auf der persönlichen- und große Politik, Kampf um Freiheit, etc. auf der gesellschaftlichen Ebene.
Angereichert wird das Ganze dann noch mit ein paar Mysterien rund um die gigantische, namensgebende Struktur Dallos, die ein unerklärliches Eigenleben zu besitzen scheint.
Nur, was macht man nun aus diesem Stoff?
Nun ja, positiv angemerkt sie, das man es schafft sich nicht in irgendwelche kitschige Schwarz-Weiß-Malerei zu verrennen und allzu simple Abziehbilder von bösen Besatzern und grundguten Freiheitskämpfern zu zeichnen. Stattdessen hat jede der Parteien ihre Motive und auf beiden Seiten gibt es gute wie auch schlechte Eigenschaften und die Figuren sind auch bereit ihr Handeln zu hinterfragen. Das gibt der Geschichte eine gewisse, angenehme Tiefe.
Negativ zu erwähnen ist dann allerdings das die Geschichte bei all dem von vorn bis hinten überhaupt nicht funktioniert.
Die Handlung schreitet ziemlich sprunghaft voran, was darin gipfelt das tatsächlich zwischen(!) den einzelnen Episoden wichtige Ereignisse stattfinden die dem Zuschauer in Form von kurzen Rückblenden zu Beginn der nächsten Episode mal so eben mitgeteilt werden. Ich möchte ja mal wissen wie man auf die Idee kam?
Aber eigentlich auch egal, denn auch die Entwicklungen die wir tatsächlich in den Episoden zu sehen kriegen sind nur bedingt nachvollziehbar und erscheinen allzu oft trotzdem irgendwie unvollständig, so als würden wichtige Teile fehlen, was es auf die Dauer etwas kompliziert macht die Geschichte zu verfolgen.
Da überrascht es dann auch nicht, dass man keine wirkliche Auflösung für das alles finden konnte und so zum Schluss weder die persönlichen noch die gesellschaftlichen Konflikte gelöst sind und auch für die gesamte Dallos-Thematik bleibt die OVA jegliche Erklärung schuldig. Woher kommt dieses Gebilde? Was ist es? Warum beten die Aufständigen es an? – Aktenzeichen XY ungelöst…
Das Resultat ist Ärger. Ärger über den einfachen Ausweg den man aus der Misere gewählt hat die die unausgegorene Handlung produzierte und über verschenktes Potential.

Leider setzt sich dieser Trend auch in sämtlichen anderen Bereich der OVA fort.
Sowohl bei den Zeichnungen, als auch bei Designs und Animationen kann man zwar hier und da ganz gute Ansätze ausmachen, im Großen und Ganzen bleibt man aber auf unterdurchschnittlichem Niveau. Bewegungen, Explosionen, Gesichtsausdrücke, alles ist selbst für 1983 höchstens mittlere TV-Klasse. Von den besseren Möglichkeiten einer OVA noch keine Spur.
Der klassische Dudelsound ist zwar für Sci-Fi Animes dieser Zeit typisch, aber das macht ihn auch nicht wirklich besser.

Alles in allem ist „Dallos“ kein strahlender Beginn, weder für die OVA noch für Oshii, aber wie wir heute wissen, beiden haben sich hervorragend entwickelt und noch großes hervorgebracht.
So bleibt „Dallos“ allenfalls historisch interessant, als must see/have für Chronisten und Sammler, einfach wegen seines besonderen Status.

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