Die Kunst zu lieben (1971)

Wie der Sex unserem Glück im Weg steht

Nach einem spektakulären Einstieg ins Regiefach mit seinem legendären 1-2-3-Punch (u.a. mit "The Graduate") konnte Mike Nichols zwar meiner Meinung nach nie mehr ganz an dieses anfängliche Niveau angrenzen, doch das Filmemachen hatte er definitiv nicht verlernt - erst recht nicht '71, was sein damals teils verpönter "Carnal Knowledge" nachdrücklich beweist. Über zwei recht unterschiedliche Collegekumpels über die Jahre und Jahrzehnte - und vor allem ihre sexuellen, verbalen wie beziehungstechnischen Flachköppper...

Das Kind im Manne

Wie sehen Männer Frauen? Wie behandeln Männer Frauen? Wie behandeln Männer sich selbst? Wie reden Männer über das andere Geschlecht und sexuelle Eroberungen untereinander? Warum gilt doch leider allzu oft Aussehen vor Charakter? Und sind Frauen wirklich besser? (meine klare Antwort und Meinung: nein!)... Nichols "Carnal Knowledge" ist schmerzhaft ehrlich. Mit sich selbst und mit seinem Geschlecht, mit seinen Figuren und seinen Lebensweisheiten. Offenherzig und offenhosig. So oberflächlich die Charaktere labern und auf dicke Hose machen, so tiefsinnig und sensibel ist der Film an sich. Unkitschig. Unartig. Ungemein gut. Garfunkel ist nicht übel und passend besetzt, aber Nicholson spielt ihn natürlich vollständig an die Wand. Die sexuelle Revolution über die Jahrzehnte. Dekolletés und Dumpfbacken. Heute noch genauso wie damals. Manche Dinge ändern sich leider nie - oder nur äußerst langsam. Sie liegen in der Natur unserer Spezies. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Wählerisch bis vernichtend. Selbstzerstöreisch. Unbelehrbar. Lernresistent. Dirty ol' men, dirty young men. Egal. Hauptsache Spaß. Und Kummer. Und Melancholie. Selbstmitleid und Bruderschaft. Und nie die richtige Erkenntnis. Gute Looks zum bösen Spiel. Vergeudete Leben. Oder doch nicht?! Nicht wertend, nur zeigend. Ja, Nichols war immer noch on fire.

Das dritte Bein diktiert

Fazit: einer der gleichzeitig reifsten wie unreifsten Filme über Sex, Geschlechterrollen und das Objektivieren des gegenüberliegenden Geschlechts... Aus "Carnal Knowledge" kann man(n) eine Menge Lehren ziehen!