Review

Hach, meine Erwartungen an Tetsuya Nakashimas (dem Schöpfer des genial Kamikaze Girls) Ausflug in Rache-Thriller Genre waren groß, das muss ich gestehen.
Was würde wohl geschehen wenn er seinen Sinn für durchgestylte Bilder und schräge Geschichten mal auf ein durch und durch ernstes Thema lenken würde? Und dann waren da noch die Vorschusslorbeeren, die von Rashomon bis Battle Royale gefühlt alles als passenden Vergleich in die Waagschale warfen was im japanischen Kino Rang und Namen hat. Vielleicht war eine Enttäuschung damit quasi schon vorprogrammiert...

Nun, jetzt ist sie also da.
"Geständnisse" ist nicht die Offenbarung für die er hier und da verkauft wurde und nein, leider ist er nicht einmal einfach nur ein durch und durch guter Film.
Sein großes Problem liegt für mich dabei darin das Nakashima zwei Dinge unter einen Hut bringen wollte die nur schwer miteinander zu vereinbaren sind. Auf der einen Seite eine tolle, knallharte Rachegeschichte. Ein zugegebener Maßen moralisch oft sehr fragwürdiges Genre, das dennoch eine dunkle, tief in uns verborgene Seite anspricht, die trotz aller moderner Aufklärung immer noch ihren Gefallen an "Auge um Auge" oder sogar "zwei Augen für eines" findet. Gleichzeitig will er aber auch den Moralapostel spielen und den Finger in die verschwiegenen gesellschaftlichen Wunden legen und unbequeme Fragen nach immer extremer werdender Jugendgewalt und dem richtigen Umgang mit selbiger stellen. So inszeniert er das Ijime (japanisches, oft sehr extremes, Mobbing an Schulen) in grausamer Schönheit und mit durchgestylter Zeitlupe (ein Effekt den er hier praktisch ständig einsetzt) und lässt seine Figuren über den Wert von Leben oder über das zu lasche Jugendstrafrecht monologisieren. Zudem bemüht er sich sehr darum seine Figuren zu durchleuchten, zu zeigen unter welchen Umständen sie zu Tätern wurden und wo sie selbst Opfer sind und wahren, und auch ihrem Umfeld gilt sein Blick. Genau in diesem Bereich liefert er einige der eindringlichsten und wirklich guten Szenen des Films, wenn einer der jugendlichen Täter zum Hikkikomori mutiert, sich selbst überhaupt nicht mehr, alles andere dafür geradezu zwanghaft wäscht, und seine Mutter verzweifelt versucht ihre kleine heile Welt am Laufen zu halten. Wenn sie dann mit einer dicken Lippe die Tür öffnet sagt das mehr als tausend Worte.

Allerdings verzettelt sich Nakashima auch etwas in seinen ausgedehnten Psycho-Analysen und es gelingt ihm bei weitem nicht jede Handlung seiner Figuren nachvollziehbar zu motivieren. Einige Charaktere bleiben sogar fast völlig im Dunkeln, wie die Klassensprecherin, die dann aber ausgerechnet die entscheidende Rolle für die Vollendung der Rache spielen darf.
Aber auch bei den Tätern will nicht alles einleuchten. So erscheint mir z. B. eine der Schlüsselszenen der Geschichte, wenn "Täter A" zur Erkenntnis kommt das keine "Jugend forscht"-Wettbewerbe, sondern nur Morde ihm die Aufmerksamkeit der verlorenen Mutter wiederbringen können. Schön das der Film hier Kritik an den Medien liefert, die sich lieber auf sensationsheischende Blutgeschichten, als auf großartige Jugend-Leistungen stürzen, aber für die Entwicklung der Figur erscheint mir diese Erklärung für seine Wandlung hin zum gefühllosen Killer doch etwas arg weit hergeholt.

So kann ich der Geschichte dann nicht immer ganz folgen und ihr Drang einerseits auf gesellschaftskritisch zu machen, andererseits am Ende aber doch nur die gelungene Rache abzufeiern und dem Ganzen zum Schluss mit einem heulend-schreienden Teeny, vor dem sich unser Racheengel natürlich auch noch einmal triumphierend aufbauen darf, den letzten "ha, da hast du es, du Scheißer"-Stempel aufzudrücken ist mir einfach zu simpel. Da hab ich mich dann doch etwas veralbert gefühlt.

So bleibt für mich von "Geständnisse" ein visuell durch und durch beeindruckender Thriller, der zwar im Einzelnen wirklich gute Szenen zu bieten hat, im Gesamten mit seiner Geschichte aber leider nicht voll überzeugen kann.

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