Auch nach einer wiederholten Sichtung lässt mich "Geständnisse" genauso rastlos und resigniert zurück wie beim ersten Mal. Selten haben mich die Schicksale von fiktiven Figuren so mitgerissen, selten hat mich ein Film mit jeder Sekunde derartig an den Bildschirm fesseln können. Basierend auf einer literarischen Vorlage von Kanae Minato, welche ich leider noch nicht gelesen habe.
Die junge Lehrerin Yuko Moriguchi unterrichtet ihre letzte Stunde mit ihrer siebten Klasse, ehe sie die Schule verlässt und ihre Schüler in die Ferien entlassen werden.
Der vermeintliche Unfalltod ihrer vierjährigen Tochter hat ein klaffendes Loch in ihrem Leben hinterlassen. Doch bevor die Schülerschaft aus dem Klassenraum in die Ferien stürmen kann, gibt sie die schreckliche Wahrheit um den Tod ihres Kindes preis, welche das Leben aller Beteiligten in den Abgrund zu stürzen droht.
Tetsuya Nakashimas Filmografie ist sehr überschaubar. Gerade einmal neun Spielfilme zieren seine Filmografie. Ein lebendes Beispiel, dass Masse nicht mit Klasse gleichzustellen ist? Da "Geständnisse" meine erste Nakashima-Erfahrung war, möchte ich kein verfrühtes Urteil fällen, doch wenn mir seine restlichen Werke auch nur ähnlich zusagen, könnte ich hier einen meiner neuen Lieblingsregisseure gefunden haben.
Sein visueller Stil mag gewöhnungsbedürftig sein und sagt auch sicherlich nicht jedem zu, wie etwa der exzessive Einsatz von Slow Motion-Effekten. Doch was ich in einem anderen Kontext vielleicht als nervig empfunden hätte, fühlte sich für mich hier wie selbstverständlich an. Erst bei meiner zweiten Sichtung fiel mir der Gebrauch dieses Stilmittels wirklich auf, jedoch nicht im negativen Sinne. Statt mithilfe von Slow Motion besondere Spezialeffekte oder Action-Sequenzen hervorzuheben, wie es oft der Fall ist (wogegen ich auch nicht grundsätzlich einen Groll hege), lies es mich noch intensiver in die Welt dieses Filmes eintauchen. Gepaart mit der ästhetischen und eindrucksvollen Kameraarbeit genügte allein die Präsentation, um mich emotional an dieses Meisterwerk zu binden.
Doch auch die fesselnde Handlung, für die ich auch die Autorin der gleichnamigen Romanvorlage loben will, trägt zum formvollendeten Filmgenuss bei. Selten wurde mir das gern genutzte Story-Element Rache in seiner zerstörerischen Natur auf so unerbittliche Weise nahegebracht, ohne in eine Metzelorgie zu verfallen. Selten waren meine Gefühle zu Filmfiguren wankelmütiger und ambivalenter, weil die Geschichte es einem alles andere als leicht macht, konsequent Stellung zu beziehen. Das Schicksal ist unnachgiebig und verschont niemanden. Ebenso unnachgiebig ist der Egoismus, mit dem manch einer seine eigenen Interessen verfolgt, egal, wie viele andere Leben mit in den Abgrund gerissen werden. Trotz dessen bleibt der Mensch ein Produkt seiner Umstände. Jeder zieht die Rechtfertigungen für seine Taten aus seinem eigenen Leben und seinen eigenen Erfahrungen. Was bleibt, sind viele zerbrochene Leben und doch keine Erfüllung.
Auch wenn ich gewöhnlich kein Radiohead-Zuhörer bin, komplementiert der Song "Last Flowers" die bedrückende, trostlose Atmosphäre des Filmes ganz wunderbar, selbst wenn ich jeden nachvollziehen kann, der gerade diese Untermalung als zu penetrant kritisiert.
Letztlich kann ich nur festhalten, dass "Geständnisse" mein bisheriges Jahreshighlight darstellt und ich es nur als modernes Meisterwerk betiteln kann. Nakashimas restliche Filmografie werde ich hoffnungsvoll im Auge behalten.