Nachdem ich etwas enttäuscht den original Ring gesehen und das Japan-Horror-Genre schon fast abgeschrieben hatte, kam für mich mit Kairo ein neuer Meilenstein ins Haus, der seinesgleichen sucht.
Es ist etwas schwer zu beschreiben, was den Film ausmacht. In seiner Grundidee klar an The Ring angelegt, spielt dieser wesentlich besser mit einer Angst, die wir alle schon von Kindesbeinen an kennen und uns auch heute noch bei entsprechender Reizung in ein Trauma zurückversetzt fühlen. Die Rede ist von Geistern und Dingen, die man nur schwer ausmachen kann, von Gestalten, die sich auf jemanden langsam zubewegen, um einen letztendlich zu ergreifen. Genau das macht Kairo in einer Form, die es wohl so nicht mehr so schnell geben wird.
Zugegeben ist die Story etwas weit hergeholt und bei weitem nicht so interessant, wie sie sich beim ersten Mal anhört. Allerdings ist in dieser auch starke Kritik an das Internet und der dazugehörigen Sucht zu erkennen. Wer sich den Film ansieht und ihn unter diesem Aspekt betrachtet, wird sofort Parallelen zu dieser These ziehen können.
Aber das ist bei weitem nicht der springende Punkt, der diesen Film so einzigartig macht. Das Neue ist im Grunde die völlig neue und andere Story und was aus ihr gemacht wurde. Die Musik ist so ziemlich das beste, was man im Filmgenre zu hören vermag und reicht locker an Perlen wie Psycho oder Exorzist heran. In ihrem Stil wirkt sie fast schon klassisch, wird immer im richtigen Moment angesetzt oder abgesetzt (teilweise sind manche Szenen komplett ohne Hintergrundmusik, die Stille beherrscht und unterstreicht dann das Geschehen).
Das Licht- und Schattenspiel lässt einen hin und wieder verzweifelt vor dem Fernseher hocken, gebannt mit dem Blick auf die Mattscheibe, wobei diese nur das Nötigste preisgibt. Die Szenen, in denen die User auf die mysteriöse Webseite stoßen, sind in ihrer Intensität kaum noch zu überbieten.
Durch den gesamten Film zieht sich ein roter Faden, der konsequent weitergeführt wird. Das Hauptthema ist das "Alleinsein" und die Isolierung von der eigenen Umwelt durch das Internet. Durch den Gedanken allein sein zu müssen, begehen die meisten Menschen auf der Welt Selbstmord, was in Kairo mehr als Eindrucksvoll geschildert und einer Nacktheit präsentiert wird, dass man es im ersten Moment gar nicht glauben kann, was sich gerade auf dem Bildschirm abgespielt hat. Ich verweise damit auf eine Szene, in der sich ein junger Mann (Frau?) von einem Silo-Turm stürzt und knackend auf dem Boden aufprallt. Dies wird durch das Schreien einer jungen Frau, die das Ganze mit ansehen muss, unterlegt und letzendlich lässt dieses Zusammenspiel einen das Blut in den Adern gefrieren. Die Szenerie erinnert an einen Albtraum: Man denkt, dass das alles nicht wirklich passiert, aber aus irgendeinem Grunde passiert es doch und das wiederum viel zu real.
Der Schluss ist die pure Apokalypse, ohne Hoffnung, ohne Weiterführung der Story. Man wird im Dunkeln stehen gelassen und fühlt sich gleich etwas an "Zombie" erinnert. Sicherlich ein Ende, dass vielleicht nicht neu ist, aber in seiner Ausführung in der Filmgeschichte einzigartig sein dürfte.
Kairo ist ein Meilenstein, keine Frage. Er übertrifft sein ebenfalls gutes, aber viel zu langweiliges Vorbild The Ring um einiges. Die Story ist durchweg spannend, viele Szenen lassen einen durch ihre Intensität vor dem Fernseher erstarren und wirken dabei nie übertrieben oder überzogen, nur unglaublich nackt, hoffnungslos und furchtbar. Die Schauspieler sind immer glaubhaft, spielen trotz ihres jungen Alters wie ein Hollywoodstar und lehren durch diese Ernsthaftigkeit dem Zuschauer das Fürchten.
Ich gehe zum Schluss sogar so weit und reihe Kairo in die Liste der besten Horrorfilme aller Zeiten ein. Auch wenn es manche vielleicht nicht glauben oder verstehen wollen, aber dieser Film hat durchaus das Zeug dazu und braucht sich vor alten Klassikern wie Exorzist oder Psycho nicht zu verstecken. Danke für dieses Meisterwerk!