Oh ja, Charles Dickens hätte sich sicherlich über "Mrs.Winterbourne" gefreut, eine Tragikomödie des vom Kaliber "Während du schliefst", aber Richard Benjamins Film ist dermaßen auf Wirkung getrimmt, daß sich bei mir keine echte Fröhlichkeit einstellen will.
Dafür sorgt schon die Erwähnung des Mordes in der ersten Szene, die uns einerseits zu viel vorneweg präsentiert, andererseits den Rest des Films in Rückblenden präsentieren wird.
Ansonsten regiert hier König Zufall in Zusammenarbeit mit Prinz Brechstange.
Landpomeranze Connie wird in New York von einem Arschloch geschwängert und gerät zufällig in einen Zug, wo ihr ein zufälliger Mitreisender (Brendan Fraser) eine Karte spendiert und sie zufälligerweise an die ebenso schwangere Verlobte weiterreicht. Zufällig hat der Zug einen Unfall, zufällig Connie den Verlobungsring am Finger und alle Beteiligten sind tot.
So schnell gerät man in die gute Gesellschaft. Aber weil Connie zufällig herzensgut ist, will sie den Irrtum, die künftige Schwiegertochter der Familie Winterbourne zu sein, aufklären, doch für das Baby nur das Beste. Zufällig gibt es einen liebenswerte Großmama, die auf Konventionen einen Dreck gibt und einen Zwillingsbruder (auch Fraser), in den man sich verlieben kann, falls man sich dank seiner Elefantenmanieren nicht selbst entlarvt.
Und das Herzensgetue und Schuldbewußtsein geht so lange weiter, bis der leibliche Vater auf geldgeile Ideen kommt.
Wie schon bemerkbar ist, verläßt sich der Film zu sehr auf eine Reihe glücklicher Zufälle, die der moppeligen Connie immer tapfer den Weg bereiten, was auch immer im Weg liegen mag. Dabei gibt's reichlich Gutmenschenkitsch (zwar nicht Sirup, aber auch Süßstoff im Übermaß verdirbt den Charakter) und eine polierte Upper-Class-Umgebung, die mit der ebenso klischeehaften Ghetto-Realität nicht zusammenpassen will.
Ricki Lake, pfundiger Talkshow-Host müht sich zwar redlich zwischen Darling, Mama und Elefant im Porzellanladen, doch gelingt ihr keine glatte Masse, sondern eher ein bröckeliger Teig. Fraser ist nett in seiner romantischen Rolle, die die Logik jedoch schwer betäuben muß, um über die Plotziellinie zu kommen. Shirley MacLaine als Überschwiegermama hat so ziemlich gar nichts da zu suchen, außer die Dinge im Lot zu behalten.
Vorhersagbarkeit und Oberklassenklischees dicken einen Plot ein, der mit flinken Fingern vielleicht noch zu retten gewesen wäre. Es sind natürlich noch ein paar Schmunzler übriggeblieben und wenn ich die Ansprüche auf eine zarte Love Story der ungewohnten Art reduziere, ist der Film vielleicht ganz nett. Trotzdem bleibt das eine aufgerüschte "My Fair Lady"-Mutation mit "Oliver Twist"-Genen und hohem Saccharinanteil. Nur für ganz anspruchslose Abend, wenn die Videothek gerade mal wieder abgebrannt ist. (4/10)