Ein namenloser "Fremder" (gewohnt zuverlässig: Tomas Milian) gerät während eines Raubzugs in einen lebensgefährlichen Hinterhalt und jagt daraufhin seinen Beinahe-Mörder bis in eine Stadt, die bezeichnenderweise nur "The unhappy place" genannt wird. Die Gier nach dem geraubten Gold lässt hier alle Beteiligten - insbesondere die Mitglieder der bigotten und brutalen Stadtgemeinde - in einer Apokalypse der Gewalt aufeinander losgehen. Und auch der zwielichtige Bandenboss Mr. Sorrow und seine kuriose Bande sind am Reichtum versprechenden Edelmetall interessiert...
Questis Film von 1967 ist ein betont unkonventioneller Früh-Italo-Beitrag, der sich schon auf den ersten Blick wohltuend von vielen auch zu jener Zeit bereits fest etablierten Western-Klischees abhebt. Zwar kopiert das Werk relativ offensichtlich Handlungsmotive aus Genre-Prototypen wie "Für eine Handvoll Dollar" oder Corbuccis "Django", ragt durch außergewöhnliche Figurenkonstellationen und gezielte Genre-Überschreitung (etwa in Richtung Gothic Horror oder surrealistische Ästhetik) aber zumindest oberflächlich aus der breiten Masse zeitgenössischer Western-Produktionen heraus. Auch vermögen es eine Vielzahl in den Handlungsverlauf eingestreuter Skurrilitäten und weitere Ideen makabrer, grotesker oder ironischer Natur, den Zuschauer immer wieder an die anti-konventionelle Ambition Questis zu erinnern.
Die in Fankreisen betriebene Hochstilisierung dieses Streifens als insbesondere auch tiefenstrukturell relevantes "Meisterwerk" ist hingegen nicht nachzuvollziehen. Die immer wieder thematisierten Hinweise auf figurenpsychologische Komplexität (z.B. die Schicksale Evans oder Patrizia Hagermans), christliche Erlösungsthematiken (Kreuzigungsszene und das Handeln der Dorfgemeinschaft) oder sogar Race/Gender-Diskurse (Hass auf Indianer, Homosexualität in Mr. Sorrows Gang) sind in Questis Werk zwar durchaus anzutreffen, bleiben aber allesamt oberflächlich und taugen eher als kuriose, spekulative Nummernrevue denn als Eckpfeiler sinnstiftender Tiefenstrukturen.
So wird ein Filmfreund mit ernsthaftem Interesse an intelligenten Erlösungs- bzw. Anti-Western mit surrealistischem Einschlag an Jodorowskis "El Topo" oder auch Lucio Fulcis "Four Of The Apocalypse" nicht vorbeikommen. Für Fans unterhaltsamer und ästhetisch ansprechender B-Movies voll skurriler Einfälle ist "Se Sei Vivo Spara!" jedoch eine ausdrückliche Empfehlung wert.