Gerd Naumann definiert in seiner Filmbesprechung in der Splatting Image die Handlung von PORNOSPIELE MIT STOCK UND PEITSCHE als Daily Soap, und ich komme nicht umhin ihm recht zu geben: Wendy bricht die Schule ab und zieht zurück zu ihrer Mutter Jo, einer erfolgreichen Geschäftsfrau, die eine On/Off-Affäre mit ihrem Angestellten Don hat. Im Büro lernt Wendy Barbara kennen, die im gleichen Haus lebt wie Jo. Barbara wiederum ist mit dem Künstler Billy liiert, außerdem lebt in deren Wohnung noch Pam. Billy und Pam leben von Barbaras Geld, und da Jo als Geschäftsfrau nicht ganz unvermögend ist, entsteht der Gedanke, dass Billy Jo verführt um an deren Kohle ranzukommen. Bei Barbara und Billy finden regelmäßig (also so mehr oder weniger täglich) wilde Ausschweifungen statt. Orgien, bei denen Pam nackt tanzt und irgendwann Männchen und Weibchen wild übereinander herfallen. Bei einer dieser Partys ist auch Nachbar Hank dabei, der gerne seine Frau Nancy verprügelt und jetzt an Wendy Gefallen findet. Also: Mutter Jo gibt Alt-Liebhaber Don den Laufpass um mit Jung-Liebhaber Billy zu vögeln. Tochter Wendy ist schockiert und treibt es mit Nachbar Hank. Doch als Wendy und Billy miteinander und so, gibt Hank seiner Eifersucht nach und will töten …
Eine schier unglaubliche Ansammlung an verworrenen Geschichtchen, die in der LINDENSTRASSE sicher über ein Jahr gebraucht hätten um auch nur grundlegend ordentlich ausgebreitet zu werden. Hier laufen die Stories in 80 Minuten komplett durch, garniert mit einigem nackten Fleisch, Eifersucht, Liebesschwüren und jazzigem Soundtrack. Hank hat das Aussehen und die Figur eines griechischen Gottes und schlurcht durch die Kulissen wie eben so ein Gott der Niedertracht. Seine Frau Nancy ist wunderschön, hat Narben von brennenden Zigaretten am Körper, und scheint bei ihrem Gott am liebsten zu leiden. Billy ist ein verkommenes Subjekt, das sich wider Willen in Jo verliebt und sich nicht damit abfinden kann, dass Jo als ältere Frau eigentlich eben Don bevorzugt. Barbara will das Geld von Jo und ab und zu guten Sex, und mittendrin ist Wendy als Katalysator, die schnell Gefallen findet an sexueller Abwechslung, dann aber auch wieder die gelangweilte Jugendliche der modernen Generation gibt.
Die verschiedenen Beziehungen wirbeln durcheinander wie geölte Spaghetti und erzeugen vor allem zum Schluss hin immer irrwitzigere Konstellationen von Partnerschaft oder Feindschaft, was hier auch gerne mal das Gleiche ist. Das Ganze wird aber nicht präsentiert als kinogerechtes Drama mit nackten Brüsten und Gewalt im Russ Meyer-Stil, sondern tatsächlich ist die Aufmachung diejenige einer Fernsehserie im kühl-nüchternen Spät-60er-Stil. Die Dialoge könnten auch jederzeit aus CORONATION STREET oder eben der LINDENSTRASSE stammen, die zwischen den Dialogen eingestreuten nackten Brüste hätte dann eben der Filmproduzent Alois Brummer reingeschnitten (dem wir tatsächlich die gelungene deutsche Synchronisation und den weniger gelungenen deutschen Titel zu verdanken haben), und nur der lässige Jazz-Soundtrack und das Hüftwackeln von Angelique Pettyjohn erinnern daran, dass wir es hier tatsächlich mit einem Kinofilm zu tun haben. Letzten Endes hat Regisseur Joe Sarno eigentlich nur die Schlagworte jener Zeit, nämlich die Begriffe Liebe und Rebellion, in einen Film gepackt und mit zeitgeistlicher Nacktheit garniert. Alle wollen Liebe, meinen jedoch Sex, und wer nicht haben kann was er will, der nimmt sich das dann eben einfach mit Gewalt. PORNOSPIELE MIT STOCK UND PEITSCHE ist ein wildes Sammelsurium aus Pulp, Drama und Titten (in dieser Reihenfolge), das ein interessantes Schlaglicht auf die Jugendlichen dieser Jahre wirft. Nicht der Hollywood’sche Blick von DIE REIFEPRÜFUNG (deren Handlung hier ebenfalls zu finden ist), sondern eher der Blick von unten, von der Straße. Und zwar der schmierigen Sackgasse am Ende des übelriechenden Viertels. Als Vergleich würde mir vielleicht sowas wie der 17 Jahre später entstandene A CERTAIN SACRIFICE einfallen, der die Probleme mit der Liebe und der Gewalt ebenfalls mit diesem speziellen Underdog-Blick anfasst, aber das ist wahrscheinlich schon sehr weit hergeholt. Nichtsdestotrotz ergibt sich ein anschauliches zeitgenössisches Sittenbild (höhö) mit einer Gemengelage, wie man sie in Kinofilmen meist deutlich abseits eines gewissen Niveaus findet. Schmierig, schäbig, wundervoll!