Review
von Leimbacher-Mario
Knastwände sind immer noch hart... sogar in Dänemark
Wenn eine Art Dogma 95-Light auf einen "Un Prophet"-Abklatsch trifft, dann muss es sich um "R" handeln. In dem hochdekorierten dänischen Gefängnisdrama, geht es um Rune, der zwei Jahre in einen kargen, schmutzigen & ausweglos brutalen Knast muss. Schnell lernt er sich unterzuordnen, baut sich sein eigenes "Business" auf & muss mit den Konsequenzen dieses gefühlskalten Ortes leben... oder sterben.
"R" ist ein starker & unfassbar realistischer Knastfilm. Der mutige & überragende Hauptdarsteller ist der einzige ausgebildete Schauspieler, der Rest des Casts sind Ex-Sträflinge oder -Wächter, die dem Geschehen schmerzhaften Realismus & karge Hoffnungslosigkeit einhauchen. Stil, Setting, Technik - alles schlägt in diese rohe Kerbe & unterstreicht den Hyperrealismus, der einem nah geht & Gefängnisse noch abschreckender als ohnehin schon wirken lässt. Dazu wirken die jederzeit möglichen Gewaltausbrüche wie Messerstiche & eine ausbleibende Verherrlichung oder Schwarz-Weiß-Malerei unserer Protagonisten wirkt erfrischend. Der Hauptdarsteller kann nur Entdeckung genannt werden & liefert eine aufopferungsvolle, ungeschützte Leistung. Er erinnerte mich in den besten Szenen etwas an einen jungen Michael Shannon. Bam!
Um an seine großen Vorbilder heranzukommen oder dem Subgenre noch Neues abzukaufen, dafür fehlt dem rauen Werk dann aber leider doch noch eine ganze Ecke. Die eigentliche Geschichte ist kaum der Rede wert & läuft gegen mehrere Wände, was auch Sinn der Sache war. Trotzdem ließ mich hier viel mehr kalt als gedacht & Mitfiebern sieht anders aus. Und wenn man für die Charakter weder Mitleid noch Hoffnung oder Liebe spürt, dann tut sogar ein "Morgenkaffee" nur halb so weh. Obwohl das letzte Drittel schon so einige Tiefschläge mit sich brachte & mutige Kurven schlug. Musste erstmal selbst mein Short hochziehen & gucken ob ich keine blauen Flecken davongetragen habe...
Fazit: guter & farbloser Knastfilm aus unserem nördlichen Nachbarland, der an sein Vorbild "Un Prophet" jedoch selten heranreicht. Für Fans dieses kargen & abgegrasten Subgenres aber eine niederschmetternde Entdeckung. Leichter Gangster-Geheimtipp!
P.S.: Nicht mit "Starred Up" verwechseln, den ich mal auf dem Fantasy Filmfest sah & der ganz ähnlich aussieht.