„Wir kommen in friedlicher Absicht“ – „Ja, klar“… „Peng“ – Und schon ist die Kacke für die Erdenbevölkerung am Dampfen… Oder doch nicht? Aber weshalb sollten Außerirdische denn sonst auf die Erde kommen? Die müssen doch irgendwas im Schilde führen… Schon dreißig Jahre vor Spielberg’s knuffig-liebenswerten E.T. bewies Robert Wise mit „The Day the Earth Stood Still“, dass Wesen aus fremden Welten nicht immer von der gefährlichen Art sein müssen. Das soll’s aber dann von meiner Seite aus auch gewesen sein mit dem Vergleich zwischen dem langhalsigen Extra-Terrestrischen und Klaatu. Versprochen.
Klaatu, Gesandter einer außerirdischen Macht, landet in friedlicher Mission in der US-Hauptstadt Washington. Dort will er den Weg ebnen, um allen Nationen der Erde seine Botschaft zu übermitteln. Doch er stößt von Beginn an auf Missverständnis und Furcht vor dem Neuen. Dabei will er der Erdbevölkerung nur kundtun, dass sie in Frieden leben sollen, damit die Erde auch weiterhin Bestand haben kann. Um sich Gehör zu verschaffen, bleibt ihm nichts anderes übrig, als alle Maschinen der Erde stillstehen zu lassen. Doch auch danach glauben nur Helen Benson und Professor Barnardt an die friedliche Mission des außerirdischen Botschafters…
Man muss einfach mit Unverständnis reagieren, wird man der Tatsache gewahr, dass dieser Klassiker des Science-Fiction-Films nicht die Beachtung findet, die anderen (weitaus weniger gelungenen und von ihrer Intention her weniger wichtigen) Filmen des SF-Genres zuteil wird. Robert Wise hat uns mit dem „Tag, an dem die Erde stillstand“ einen Film erschaffen, der zweifelsfrei aufgrund seiner metaphorischen Bedeutungsgewalt in die Riege der besten Filme aller Zeiten zu zählen ist. Inmitten der Wirren des Kalten Krieges und der McCarthy-Ära setzte er ein Zeichen dafür, dass ein Aufeinanderzugehen zwischen scheinbar fremden Kulturen nicht selten der Weg in die richtige Richtung sein kann und dass Toleranz und Offenheit den Horizont eines jeden Menschen bedeutend erweitern kann. Und dabei zielte dieser Film zwar zur damaligen Zeit offensichtlich auf die Angst der westlichen Bevölkerung vor dem vielfach gesichtslosen Feind, dem Kommunismus, ab, aber irgendwie kann man trotz des weit zurückliegenden Endes des Kalten Krieges nicht davon sprechen, dass die Botschaft dieses Filmes in den Antiquariaten der Filmgeschichte verstaubt ist. Aktuelle Bezüge lassen sich hier ebenso finden wie historisch begründete; dazu aber später.
Betrachtet man diesen Film vor dem historischen Background der Ära des McCarthyismus so bleiben zwangsläufig Parallelen zum damaligen politischen Geschehen haften. Wie anno dazumal McCarthy und seine Propaganda-Maschinerie ein Bild des die „westliche Freiheit“ latent bedrohenden Klassenfeindes aus dem kommunistischen Lager zeichnete und so schon fast eine Art Massenhysterie erschuf, so wird hier durch die Regierung und in erster Linie die Medien eine Angst vor dem frei umherlaufenden außerirdischen Wesen geschürt, die sich letztlich als vollkommen unbegründet darstellt. Wie im Amerika der 50er Jahre wird dabei der Bevölkerung keine klare Beschreibung, kein klares Erscheinungsbild der Bedrohung an die Hand gegeben. Dadurch verstärkt sich die Furcht vor dem Unbekannten, denn es könnte ja schließlich jeder derjenige sein, der ebendiese gefürchtete Gefahr darstellt. Dabei vergisst Wise nie, eine nur allzu menschliche Eigenschaft hervorragend auf der Leinwand zu zeichnen: Die Angst vor dem Unbekannten geht eigentlich immer wieder Hand in Hand mit der Neugierde des Menschen, die ihn dann letztlich wie von Geisterhand zu eben diesem unbekannt Erscheinenden führt. Irgendwie erstaunlich erscheint es bei der Bedeutungsgewalt von „The Day the Earth Stood Still“ schon, dass ein solcher Film 1951 nicht der (- oh, oh, böses Wort -) Zensur der US-Regierung zum Opfer fiel. So offensichtlich, wie hier Kritik am Regelwerk McCarthy’s geübt wird, wäre es nicht verwunderlich gewesen, wenn dieses Stück Filmkunst der breiten Öffentlichkeit vorenthalten geworden wäre. Oder erscheint dieses kritische Element des Filmes nur aus heutiger Sicht dem interessierten Betrachter so offensichtlich…? Eine Frage, die nun wohl schwer zu beantworten ist.
Auf jeden Fall ist es Robert Wise gelungen, den Zuschauer zum Nachdenken anzuregen; und wenn er es nur beim Zuschauer des 21.Jahrhunderts geschafft hat… Betrachten wir uns die heutigen politischen und medialen Umstände, die uns tagtäglich begegnen, fällt zwangsläufig auf: es ist zwar nicht mehr die „Bedrohung“ durch den Kommunismus vorhanden, aber es wurde mit der Präzision einer McCarthy’schen „Propaganda-Welle“ ein neues – noch bedrohlicher erscheinendes – Feindbild aufgebaut, das uns an jeder Straßenecke begegnen kann: Klaatu ist aus heutiger Sicht nicht mehr der rote Klassenfeind; nein, würde „Der Tag, an dem die Erde stillstand“ in heutigen Tagen gedreht, würde er wohl einen Rucksack tragen und in den U-Bahnen der westlichen Welt umherspazieren. So erschafft sich jede Epoche seine eigenen Klaatus, bekräftigt in dieser „Kreativität“ durch Medien, Politik und nicht zuletzt Stammtisch-Geschwätz. Um nicht falsch verstanden zu werden: sicherlich hat die Angst vor einer solchen Bedrohung ihre Begründung; jedoch zeigt uns dieser – nunmehr über ein halbes Jahrhundert alte – Film, dass nicht von allem Fremden eine todbringende Bedrohung ausgehen kann. Der bärtige Rucksackträger in unserem U-Bahn-Waggon muss ja nicht zwangsläufig fünf Kilo Sprengstoff in seinem Rucksack haben. Es könnte ja auch der geistesverwandte Filmfreund sein, der gerade von einem ausgiebigen Einkauf vom DVD-Händler seines Vertrauens kommt. So, wie Klaatu, der anstatt einer ausgiebigen Filmesammlung im Rucksack die Botschaft des Friedens in seinem Handgepäck mit sich trägt. Botschaft des Friedens? Da werden doch sicherlich die Alarmglocken der christlichen Fundamentalisten aufschrillen… doch hier eine Konnotation zum Neuen Testament und Jesus Christus entdecken zu wollen, mag zwar nahe liegend wirken, würde jedoch zu weit führen (wenngleich einige weitere Parallelen, wie z.B. ein etwas abgewandelter Wiederauferstehungs-Prozess, weiteres Wasser auf den Mühlen dieser Interpretations-Weise darstellen). Wer den Film aus diesem Blickwinkel betrachten will: Gerne! Ich jedenfalls lasse die Finger von solchen Interpretationsansätzen.
Was bleibt bei dieser gewaltigen Intention dieses sozial- und politkritischen Filmes noch zum künstlerischen Aspekt zu sagen? Beim „Tag, an dem die Welt stillstand“ ist es Robert Wise gelungen, auf – ansonsten für das Genre so übliche – große FX-Orgien zu verzichten. Sein originärer Wille war es wohl hierbei, nicht in erster Linie durch visuelle Spielereien sein Publikum zu gewinnen, sondern eher durch die bereits diskutierte Botschaft. Daher bekommen wir hier auch ein – in den frühen 50er Jahren typisches – dialoglastiges Schauspieler-Kino geboten, das durch seine optisch eher unspektakuläre Erscheinung vielleicht das Gros der Science-Fiction-Fans eher ermüdet und gelangweilt im Sessel zurücklässt, dem Freund tiefgründiger Filmklassiker jedoch ein Zungeschnalzen entlocken dürfte. Hauptdarsteller Michael Rennie (als Klaatu) stellt in diesem Schauspiel wohl den größten Lichtblick unter den Akteuren dar, spielt er doch den „Fremdling“ so sympathisch zurückhaltend und zugleich dennoch so von seiner Mission überzeugt, wie man es selten von anderen Akteuren zu sehen bekommt. Das detailverliebte, tiefgründige Drehbuch, das diesem Film zugrunde liegt, schließt dann letztendlich den Kreis zu einem erstklassigen Vertreter des dramatischen Films.
Dass das Titel gebende Element dieses Films – das „Stillstehen“ der Erde – nur einen minimalen Bruchteil des filmischen Geschehens in Anspruch nimmt, ist ein Wermutstropfen, den man gerne annimmt und dann auch bei der finalen Beurteilung von Wise’s Film nicht negativ gewichtet. Denn auch diese kurze Episode inmitten dieses Filmes regt zum Nachdenken über die Gewohnheiten der Menschheit auf. Ist es nicht erstaunlich, dass es (wie uns die Haushälterin von Professor Barnardt glaubhaft versichert) bereits anno 1951 beängstigend war, für einen kurzen Zeitraum ohne jegliche Elektronik zu sein? Was würde dem heutigen, von der Elektronik schon fast nicht mehr lebensfähigen, Menschen widerfahren, wenn für eine gewisse Zeit nichts mehr auf unserem Planeten funktionieren würde? Ein weiterer Aspekt, über den es sich nach der Sichtung dieses Filmes nachzudenken lohnt...
Es bleibt mir an dieser Stelle nichts anderes zu sagen, als: „Freunde, schaut Euch diese leider fast vergessene Perle des 50er-Jahre-Science-Fiction-Kinos an und überzeugt Euch selbst von der Genialität, die dieser Film an den Tag legt!“ Volle Punktzahl!