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Ich bin wahrlich kein großer Fan des deutschen Films bzw. Kinos, genau genommen nicht mal ein kleiner. Aber dieser Film ist wirklich eine Ausnahmeerscheinung!

Um jetzt die Erwartungshaltung nicht zu hoch zu schrauben vielleicht am besten gleich an dieser Stelle eine einschränkende Relativierung: Ausnahmeerscheinung des deutschen Films, d.h. keinesfalls, dass wir es hier alles in allem mit einem Ausnahmefilm zu tun hätten. Dafür sind leider einige Storyelemente und v.a. Figuren des Films zu stereotyp und zu wenig originell. Aber beim Betrachten des Films fällt das erstaunlich weing ins Gewicht.

Dafür gibt es meines Erachtens v.a. drei Gründe: die Inszenierung, die Kamera und den Soundtrack. Die Inszenierung ist schön straff gehalten und legt ein hohes Tempo an den Tag, so dass zu keinem Zeitpunkt Langeweile auch nur in Sicht kommt. Die Kamera liefert dazu Bilder, wie Hollywood es nicht besser könnte. Ein durchweg sehr hochwertiger Look spiegelt dabei von nahezu jeder Location deren Besonderheiten geschickt wieder und fängt die angestrebte Stimmung des Sets überzeugend ein. Dabei sind die Bilder dem Genre angemessen recht dunkel ausgefallen. Der Soundtrack besteht überwiegend aus elektronischen Klängen, die die Emotionen und Inhalte der Szenen aufs Passendste wiedergeben.

Die Effekte sind solide und das Schauspiel auf angemessenem Niveau, wenn man bedenkt, das es eigentlich kaum richtige Charaktere darzustellen gilt.

Insgesamt bietet "Wir sind die Nacht" eigentlich nichts, was neu und von daher besonders interessant wäre. Vielleicht mit Ausnahme von Vampirismus als langem Arm des Feminismus, aber das wird kaum thematisiert. Wäre schön gewesen, wenn der Film sich getraut hätte etwas mehr in die emotionalen und philosophischen Tiefen zu gehen. Im letzten Dritte des Films kommt es aber immerhin dazu, dass mehr Tiefe entsteht. Auch während der gesamten Laufzeit gibt es immer wieder Einsprengsel mit kleinen Gesten, die mehr sagen als tausend Worte (z.B. Lena's Abschied von ihrer Mutter). In diesen Momenten ist der Film am stärksten und man merkt, dass der Regisseur ein gutes Gespür für Figuren hat. Bei diesem Film ist das leider etwas kurz gekommen.

Es entstand aber trotzdem ein durchweg mit hohem Tempo und grandiosem Look unterhaltender deutscher Film, der als Gesamtpaket überzeugt, auch wenn er das Rad nicht neu erfindet. Als Fan von Vampirfilmen kann ich nur sagen, dass ich von diesem Film wenig bis gar nichts erwartet habe. Einen der besten Vampirfilme der letzten Jahre schonmal ganz sicher nicht. Wer den deutschen Film mag, wird hier sicher sehr überrascht sein, wie amerikanisch er ausfallen kann. Wer den deutschen Film nicht mag, sollte sich diesen Streifen unbedingt ansehen, um zu schauen, ob er da nicht doch ein wenig vorschnell geurteilt hat. Für Vampirfans ein echtes "must see". Objektiv betrachtet erhält das Gesamtpaket sieben Punkte von mir. Subjektiv aufgrund der großen und sehr positiven Überraschung wären gute acht Punkte fällig - aber wir wollen ja versuchen, möglichst objektiv zu bleiben, nicht wahr?

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