Es war einmal...
...vor langer Zeit (so ca. 50 Jahre, was im Internet-Zeitalter etwa 500 davon entspricht) ein netter, engagierter und geschäftstüchtiger Mann namens Roger Corman, der bald seine eigene Produktionsgesellschaft gründete, wenig Geld mit der Produktion reißerischer Spielfilme aller möglichen Genres machte und für noch weniger Geld obskure europäische Filme einkaufte, um sie umzuschneiden und als das neue heiße Dings in den Staaten rauszubringen.
Alsbald wurde daraus eine regelrechte B-Film-Industrie (wobei B auch für Billig stehen darf), die bis heute besteht.
Unter seinen fast 400 Producer-Einträgen sind einige Klassiker, viele interessante und noch mehr sparsam produzierte und nicht selten elend schlechte Filme, aber Spaß konnte man damit ja immer noch haben.
Jetzt haben wir, die Zuschauer, auch noch "Sharktopus" dazu bekommen, die garantiert aufsehenerrgende Tierhorror-Variante von der Hybridenkreuzung zwischen Hai und Oktopus (oder Kalmar, wenn ich mir die Fangarme so ansehe), die als Biowaffenexperiment ihren Schöpfern entschwimmt und runter nach Mexico paddelt (Urlaub! Snacks! Heiße Mädels!), wo sie alles verfrühstückt, was in der Brandung, auf dem Board oder auf der Strandpromenade seltsamen Tätigkeiten nachgeht.
Verfolgt werden sie von ihrem Schöpfer (tradionell ein Bösling, also ideal mit Eric Roberts besetzt), deren Tochter (schlau, schlau, die Frau!) und einem Kriegsveteran cum Söldner, der kein Haar auf der Brust, aber dolle Muckis hat.
Das wars dann auch schon.
Gut, mehr Inhalt brauchen die vielen Kroko-, Hai-, Wal-, Kraken- und Seemonsterfilme eigentlich nie und sie dürfen auch ihrem angestammten Ablauf gerne folgen, sofern dabei ein Film herauskommt, der das namentliche Prädikat auch verdient (gut, bei "Hai-Alarm auf Mallorca" war das zweifelhaft...).
Das ist hier aber leider nicht der Fall, denn mit diesem "Roger Corman presents"-Produkt ist man nicht nur übers Ziel hinausgeschossen, sondern hat sich gleich bis zum Erdkern drunter durchgegraben.
Was soviel heißt wie: Absoluter Schrott!
Natürlich findet der Plot, wie oben beschrieben, tatsächlich statt, aber die Darreichungsform ist unter aller Sau.
Aber wo anfangen?
Am besten vielleicht mal mit dem, was man in knapp über 80 Minuten so zu sehen bekommt.
Da wären nämlich in erster Linie zwei Dinge: Füllmaterial und Freßszenen.
Erstere machen gut ein Viertel der gesamten Laufzeit aus und präsentieren die Strände von Mexico in tourismusvollendeter Schönheit. Mädels am Strand, Jungs am Strand, Beachvolleyball, Bungeejumping, Brandung, Restaurants, Sehenswürdigkeiten, flanierende Passanten, sich sonnende Jungkomparsen (nude-free, versteht sich).
Wem das zu aufregend ist, der darf an Letzterem delektieren, nämlich den über den kompletten Film verteilten diversen Angriffen unseres Oktosharks, der zum Zwecke der Touristenzerlegung auf seinen acht "Beinen" schon mal an Land kommt und dort offenbar wunderbar einen drauf machen kann. Also nascht er von Booten, frißt Schiffanstreicher, knuspert die Tochter des großen Produzenten in einem Cameo vom Sprungseil, mischt einen Volkstanz auf, delektiert sich an einer Schatzsucherin (deren Schicksal Mr.Corman in einem weiteren geistlosen Cameo mit ausdruckslos-debilem Gesichtsausdruck als Strandpenner mit erfrischender Gleichgültigkeit quittiert, um ihr gefundenes Gold daraufhin schulterzuckend einzustekcen), mampft eine Restaurantterrasse, ein paar Yogajünger und einige Ballspieler weg und macht sich zum Schluß noch auf den Weg in eine inländische Badelagune, wo dann auch der Showdown stattfindet.
Grundsätzlich sind diese immer gleichen Angriffe auf die Dauer enorm ermüdend, gehen sie zumeist mit wenig Blut einher (erst spät dürfen die Darsteller auch mal etwas rote Soße spucken) und kommen so platt, oft und losgelöst vom Restplot, daß sie auch nur Füllmaterial sein können.
Währenddessen spielt der Kameramann immer fleißig mit ultraschröcklichen Nahaufnahmen, während die Jungs von Trickabteilung (angeblich immerhin sechs Leute) darum immer die fiesen Pixeltentakel ins Bild gehängt haben. Leider ist das aber auch schon alles, was sie wirklich in ihrer Mittagspause hinbekommen konnten, denn selbst im Königreich schlechter CGI-Kreationen ist das Vieh lächerlich animiert und die Übergänge - wahrhaftig eine knifflige Sache bei dem Element Wasser - sind geradezu dilletantisch gemacht. Man gab sich nicht mal den Anschein, an den Stellen, an denen sich das Vieh im Wasser befindet, so etwas wie "Masse" zu platzieren oder Gischt bzw. Wasserverdrängung zu simulieren, stattdessen staken die acht Arme immer fleißig aus glatter Oberfläche und verschwinden immer prompt genau dann, wenn sie beim Rückzug wieder Kontakt mit der Oberfläche bekommen. Besonders knorke übrigens bei der finalen Explosion des Hais realisiert.
Diese Sorgfalt zog man auch bei den Opferkomparsen durch, die nicht mal ansatzweise genug motiviert sind, um so etwas wie Todesangst zu simulieren und bisweilen - offenbar aufgrund von Guerilla-Filmmaking - gar nicht wissen, daß um sie herum just ein Film gedreht wird, weil sie nämlich eher irritiert reagieren. Dazu paßt dann auch, daß die dutzendfache Freßorgie während des kompletten Streifens in Acapulco nicht mehr Aufsehen erregt als ein Kaninchenfurz, vermutlich waren die Ordnungshüter im Norden beim Drogenkrieg gebunden.
Also müssen es die Helden richten, womit wir jetzt zu den Sprechrollen kommen, die genau aus acht Leuten bestehen: da wäre der böse Entwickler, der von Eric Roberts mit der emotionalen Glut eines Mallorca-Touristen dargestellt wird, dem gerade der Wodka ausgegangen ist. Dann ein Militärfutzi, der die ganze Scheiße erst auslöst, aber dann natürlich die Wissenschaftler nur noch anmotzt. Die werden per se von Roberts Tochter Nicole gegeben, die zwar ausschaut, als hätte sie gerade die High School überstanden (tatsächlich ist sie aber schon 27), aber nie den Eindruck macht, einen Doktortitel zu besitzen. Sara Malakul Lane, die immerhin schon mal an der Seite von Steven Seagal aufrecht stehen durfte, ist geradezu enorm schlecht in der Darstellung von Gefühlszuständen und hat die Entwicklung ihrer Figur offenbar spontan zwischen zwei Sonnenbädern entwickelt, während sie auf die nächste Drehbuchseite wartete. Sie ist mal sachlich, mal energisch, mal soft, mal zynisch, mal zurückhaltend, je nachdem welche Szene gerade gedreht wurde, nur paßt das leider nicht zusammen.
Das liegt auch an ihrem Gegenpart, dem jungen Recken, der eigentlich ein alter Hase sein müßte. Angeblich ist der gute "Flynn" nämlich ein ganz harter Typ, ein Kriegsveteran, der früher mal für Roberts gearbeitet hat, dann aber vor Jahren ausstieg und jetzt den Girls im Pool den Schlüpfer tätschelt. Ausgewählt für diese komplexe Figur hat man eine optisch attraktive Nullzone namens Kerem Bursin, für dessen etwa 21jähriges Babyface (enorm passend!) ich nicht mal ein Geburtsdatum im Netz auftreiben konnte, der aber das komplette Gemetzel um ihn herum immer fleißig ignoriert und dessen Ankündigung, die Auseinandersetzung "jetzt persönlich zu nehmen" irgendwie nicht überzeugend rüberbringt. Meistens lacht er sich einen, rangelt sich verbal mit Nicole und piesackt am Telefon Daddy, während er seinen dollen Body mit offenem Hemd spazieren trägt.
Dazu kommen noch das zum Tode verursachte Helferlein namens "Santos" - Flynns "Neeeeeeiiiiiiiiin!" bei seiner Todesszene sollte man gesehen/gehört haben - ein schmieriger Bootsbesitzer, eine karrieregeile Reporterin und ein volltätowierter Kameramann, dem man aus Spargründen nicht mal eine Todesszene gönnt.
Das letztgenannte Trio läuft den Ereignissen immer fleißig hinterher, begegnet dem Horror, gerät in Gefahr und läuft dann immer hurtig wieder dem nächsten Angriffsziel entgegen, um dort total überrascht von dem Vieh zu werden.
Was sowieso ein Merkmal dieses Films ist, denn obwohl wir einen mörderischen Killer im Pazifik paddeln haben, entspannen sich sämtliche Sprech- und Stummrollen immer gemütlich auf allen möglichen Booten, gehen am Strand spazieren und geben sich des schönen Lebens hin, bis sie - oha - doch tatsächlich aufs Korn genommen werden.
Wenn doch nur die Dialoge (?) auch so überraschend wären, die sind jedoch eher im Schuß-Gegenschuß-Verfahren aufgenommen worden und wurden nebenbei halb improvisiert, weswegen sich die Beziehung der "Protagonisten" auch von Szene zu Szene ändert. Wie auch die Umgebung, denn nach ein paar Gesprächsnichtigkeiten auf dem Boot, ist man z.B. zwischendurch für vier Sätze plötzlich am Strand, weil man ja unter sich sein will (wie vorher auf dem Boot auch), um dann in der nächsten Szene wieder aufs Wasser zu gehen.
Geschrieben hat diesen Schwund angeblich ein gewisser Mike MacLean, dessen neueste Kreation (nach "Dinocroc vs. Supergator") mit "Piranhaconda" (aaaaaaaaaaaaaaaaaaargh!!!) schon in der Post-Production ist.
Wenn ich vermuten darf, hat der damals auch immer seine Playmobilpuppen demontiert und zu irgendwelchen Mutationen wieder zusammengesteckt. Angeblich Regie geführt (vermutlich per Telefon) hat Declan O'Brien, der nebenbei mit dem dritten und vierten "Wrong Turn"-Teil hoffentlich Sinnvolleres zusammenrührt.
Aber nun die große Überraschung: sobald man ca. 12 Bier und eine halbe Pulle Wodka (und einen Topf Chili) intus hat, ist dieser präzis konzipierte Prachtschinken die beste Partybombe seit der heiligen Handgranate, weil man beim Saufen, Gröhlen und Hornhaut abbimsen nämlich ausnahmsweise absolut nichts versäumt, was in den 60 Prozent Film ganz ohne Sinn und Verstand sonst noch vor sich geht.
Was ich den Machern nicht verzeihen kann, ist der postmodern-armselige Versuch, das auch noch genreparodistisch mit der letzten Dialogzeile als Meta-Film zu verbrämen, was vorher auch noch die letzte bierselige Gehirnzelle abgetötet hat.
Dann doch lieber Nu Image - und der 85jährige Senior, der sich da in der letzten Reihe erhoben hat, um die 400 noch voll zu machen, der darf jetzt wirklich endlich aufs Altenteil, aber pronto! (1/10)