Review

London Boulevard(2010)

Mitch(Colin Farrell) möchte nach einem längeren Knastaufenthalt seiner Vergangenheit entfliehen und ein ganz normales Leben beginnen. Also schwankt er nach seiner Entlassung zwischen dem Boss seines alten "Arbeitgebers" Rob Gant(Ray Winstone) und einer neuen Möglichkeit. Nachdem Mitch nach der "Welcome Back form Prison" Party, die ihm unbekannte Penny vor einem Raubüberfall bewahrt, bietet sie ihm einen Job bei ihrer Freundin Charlotte(Keira Knightly) an. Diese ist eine prominente Schauspielerin, die sich nach einem traumatischen Erlebnis in ein großes Haus mit ihrem etwas verpeilten Manager Jordan(David Thewlis)zurückgezogen hat und Schutz vor Paparazzi's benötigt...

Doch der unberechenbare Rob Gant hat etwas gegen den neuen Weg seines Schützlings...

London Boulevard ist ein ausnehmend anderes Filmerlebnis. Nach dem gleichnamigen Roman von Ken Bruen, gibt der Drehbuchautor William Monahan(The Departed) hier seinen Regie Einstand. Auf den ersten Blick eine typische Brit Pulp Revue, entuppt sich dieses Debut zu einem grotesken Krimi, der direkt aus einem Grand Theft Auto Spiel entsprungen sein könnte. Dabei könnte die Exposition aus jeder anderen Gangster Farce a la "Bube Dame Lucky Number Snatch" stammen. Stylish geschnittener Vorspann, unterlegt mit verdammt genialer Musik aus längst vergangen Tagen, geschliffene Dialoge und jede Menge zwilichtiger und schräger Typen, deren Auftreten über die gesamte Laufzeit zwar ein oberflächlies Spiel mit Klischees bleibt, aber dafür liebt man ja dieses Genre.

Etwas Kontrast zu den filmischen Vorbildern ergibt sich durch Colin Farrell, der ja in Brügge. Sehen und sterben?(2008) schon bewies, das er in dieses Metier ausgezeichnet passt. Genau wie in seiner Golden Globe prämierten Performance als gescheiterter Killer, versteht es Farrell zwischen Tragik, Sarkasmus, Drama, pshysischen Parts und einigen lockeren Comedy Einlagen mühelos hin und her zu pendeln. Ein großartige Performance. Auch Ray Winstone als zynischer, Märchen resümierender Mob Chef ist ein absoluter Traum. Hier schwingt eine große Prise Marlon Brando mit und auch vor Al Pacino oder Robert DeNiro muss sich der Mime nicht verstecken. Eine diabolische Darbietung die man so schnell nicht vergessen wird. Den köstlichsten Part bekommt David Thewlis. Als total zugenebelter Manager bekommt er die witzigsten Szenen des Filmes spendiert und sorgt für jede Menge kurzweil. Daneben können Talente wie Ben Chaplin oder Keira Knightly leider nicht mithalten. Gerade das sich anbahndende Liebesreigen zwischen Mitch und Charlotte wirkt viel zu gehezt und auch etwas unglaubwürdig überstürzt. Was aber weniger mit Knightly's Leistung, sondern ehr mit ihrer knapp bemessenen Leinwandzeit zu tun hat.

Allerdings vermeidet Monahan dadurch kitschige Schmalzsauce, wie etwa in Bodyguard(1992). Das muss man ihm hoch anrechnen und katapultiert sein dadurch in eine reine Männerangelegenheit. Das entschädigt aber nicht ganz die Abwesenheit der eigentlichen Hauptdarstellerin, denn die Chemie zwischen Knightly und Farrell stimmt. Potential leider verschenkt. Das Finale passt...perfekt, rund und dramatisch. Eine andere Endsequenz wäre auch reichlich unkonsequent und unpassend gewesen. Mea Culpa.

Was aber wirklich etwas mehr als nötig stört, ist die Tatsache, dass Monahan die Buchvorlage wohl ein wenig zu sehr liebt. Das ist sehr offensichtlich und er setzt uns hier etwas zu viel Vorwissen voraus. Denn der visuell zurückgenommene und nuanciert inszenierte Streifen wirkt vergleichsweise zu kurz. Hier hätte man mit 30min mehr, sicherlich viel mehr Emotionen spielen lassen können, ohne die Grundessenz der Gangsterkomödie zu verwässern. Was wäre wohl für ein Kritikerliebling dabei herausgekommen, wenn sich Ray Winstone mal richtig hätte austoben können. Was wäre wenn man Knightly's Vergangeheit etwas eindringlicher gischildert hätte.

Fazit...nach den durchweg lauwarmen Kritiken, dem mauen IMDB Rating und dem unspektakulären Box Office erwartete den Zuschauer hier eine wunderbar gegen den Strich gemachte Gangsterkomödie mit perfektem Stil, passendem Soundtrack und genau der richtigen erzählerischen Note. Auch wenn London Boulevard deutlich zu kurz ausfällt, ist die schwarze Krimikomödie bestechend gut besetzt und hinterlässt in der letzten Sequenz mit Mitch ein rundes Gefühl. Bitte mehr davon Mr. Monahan. Die Sporen der Zukunft...

8/10

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