"Hier ist Jim Rockford, bitte nennen Sie Ihren Namen, Ihre Nummer, ich rufe zurück!", so beginnt jede Folge der Krimireihe "Detektiv Rockford - Anruf genügt". Man sieht die Kamera über den Schreibtisch des Detektivs fahren und schließlich beim Telefon anhalten, wenn gerade der Anrufbeantworter anspringt. Und in jeder Folge meldet sich eine andere Person, die eine mehr oder weniger freundliche Nachricht für den Detektiv hinterlässt.
Für meine Frau und mich sind dies wahrlich Ausflüge in die eigene Kindheit und die Wiederbegegnung mit einer wirklich überzeugenden und höchst unterhaltsamen Krimiserie (Qualitätsfernsehen der 1970er Jahre). Damals war man froh, wenn man mal so lange aufbleiben durfte, um mit den Eltern, oder wenn die Eltern außer Haus waren alleine, diese Serie zu sehen. Jahre ist das her, die Wiederholungen auf den Privatsendern hat man geflissentlich verpasst und jetzt, wo man mit den eigenen Kindern abends Fernsehen schaut, kann man diese Fernsehjuwelen "aus der Konserve" genießen. Nur die Kinder von heute (2023) sind wohl andere Kost gewohnt. Ihnen (unsere sind 13 und 15) erscheinen diese Krimis zu behäbig, die Action zu dünn und der Humor bisweilen unverständlich. Ja, die Zeiten sind inzwischen deutlich rasanter geworden.
Dabei wartet "Detektiv Ropckford - Anruf genügt" durchaus in nahezu jeder Folge mit einer gehörigen Portion Action auf. Da wird sich geprügelt, wobei der arme Jim Rockford meist eine ganze Menge einstecken muss, da gibt es rasante Autoverfolgungsjagden, für unseren Geschmack manchmal etwas zuviel, und da gibt es die obligatorischen Explosionen und die für die 1970er Jahre nicht zu knapp. Vielleicht liegt es aber auch an der Erzählstil der Serie. Die Autoren und Regiesseure nehmen sich Zeit, ihre Geschichten zu entfalten. Dabei geht es nicht unbedingt um die Frage "Who done it?" Das ist oft von Anfang an klar, sondern es geht darum mitzuerleben, wie Rockford den Tätern auf die Spur kommt oder sie mit Tricks und Kniffen überführt.
Und oft beginnt ein neuer Fall auch mit dem ominösen Telefon aus dem Vorspann. Jim Rockford wohnt seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis San Quentin, wo er unschuldig einsaß, in einem Wohnwagen an einem Pier in Mailibu. Dieser Wohnwagen dient ihm auch als Büro [es ist immer wieder faszinierend, was alles in diesem Wohnwagen vorhanden sein soll, wenn man ihn erst von außen betritt und dann nach dem Schnitt ins Studio von innen sieht]. Bei der Lösung der Fälle ist meist sein Vater Rocky mehr störend als helfend mit von der Partie sowie sein "Freund" Sergeant Dennis Becker von der örtlichen Polizei, der von den ständigen Anrufen seines Kumpels doch oft eher genervt erscheint. Sein Honorar, auch dies ein wiederkehrendes Mantra in der Serie, beträgt 200 Dollar pro Tag plus Spesen, welches ihm seine Klienten aber in der Regel schuldig bleiben. Die Fälle löst er meist mit viel Humor - die Anzahl der lockeren und witzigen Sprüche sind Legende (hier waren wirklich gute Drehbuchautoren und Übersetzer am Werk).
Das Schauspielerensemble ist gut aufgestellt und spielt ihre Rollen nahezu von Anfang an sehr überzeugend und nachvollziehbar. Neben James Garner als Detektiv Rockford (really a class of his own) glänzt Noah Berry Jr. als sein Vater Rocky. Diese beiden ergänzen sich in den Woprtduellen so gut, dass man tatsächlich geneigt ist, an eine irgendwie geartete Verwandschaft zu glauben. Auch Joe Santos spielt die Rolle des ewig genervten Polizisten Becker genial, vielleicht einer der Höhepunkte seiner Karriere. Ebenfalls freut sich der Zuschauer stets auf die Auftritte von Stuart Margolin als Rockfords ehemaliger Zellengenosse Angel und über Gretchen Corbett als Beth Davenport, eine mit Rockford befreundete Anwältin, die ihn immer wieder dazu bringt, unentgeldlich für ihre Klienten zu arbeiten.
Handwerklich handelt es sich, wie oben schon eingangs gesagt, um Hochqualitätsfernsehen, wie man es heute im Dauerbrei der Streamingdienste, Privatsender und öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten nicht oft genug geboten bekommt. Kamera, Drehbuch und Regie können meist überzeugen und drohen nicht beizeiten in einer gewissen Routine zu verlanden (außer vielleicht bei den Verfolgungsjagden).
Wir haben noch ein paar Staffeln vor uns, bis wir die Serie ganz gesehen haben, aber wir freuen uns stets auf den nächsten Abend, an dem wir wieder eine Reise zurück in die 1970er Jahre unternehmen dürfen. Jedem der auch diese Reise unternimmt, wünschen wir viel Spaß, er wird es nicht bereuen.