1993 war, was die Filmindustrie von Hongkong betrifft, ein sehr ergiebiges Jahr. Damals wurde schnell ein Film nach dem anderen gedreht, wodurch natürlich des öfteren die Qualität der Filme litt. Flying Dagger, der nichts mit dem großen House Of Flying Daggers gemein hat, wie man vielleicht fälschlicherweise annehmen könnte, entstand genau zu jener Zeit und bietet, verglichen mit anderen Kung Fu-Streifen aus dieser Zeit, sicherlich nichts Neues. Eine ganze Reihe namhafter Stars wie Tony Leung Ka Fai, Jacky Cheung, Maggie Cheung, Ng Man Tat und Jimmy Lin ließ es sich trotzdem nicht nehmen, sich für diesen Film auf ein niederes Niveau zu begeben und voller Enthusiasmus in ihren Rollen aufzugehen. Das Ergebnis ist ein knapp 85-minütiger Unsinn, bei dem Action und dumme Sprüche nicht zu kurz kommen. Kein Wunder, wenn auch Wong Jing mit an diesem Streifen beteiligt war.
Wie es bei einem chinesischen Fantasy-Film üblich ist, spielt die Geschichte im alten China. Die "fliegenden Dolche" Hon Chun (Tony Leung) und Hon Lam (Jimmy Lin) sind Kopfgeldjäger. Wenn sie allerdings eine Gruppe Böser erledigt haben, tauchen regelmäßig als ewige Gegenspielerinnen die beiden Fung-Schwestern (Cheung Man, Gloria Yip), auch genannt "die große und die kleine Verführung", auf, um ihnen die Beute abspenstig zu machen. Als Hon Chun und Hon Lam den Auftrag bekommen, den berüchtigten, vorlauten und sexbesessenen "Neunschwanzfuchs" (Jacky Cheung) zur Strecke zu bringen, müssen sich die beiden bald schon mit den Fung-Schwestern zusammentun. "Fliegende Katze" (Maggie Cheung), die Ehefrau des Neunschwanzfuchses, ist schließlich auch noch hinter ihnen her, als sie merkt, dass man ihren Ehemann entführt hat. Inzwischen erweist sich der Auftraggeber als Betrüger und am Schluss müssen alle gemeinsame Sache machen, um dem Oberbösen das schmutzige Handwerk zu legen.
Wie bei einem Fantasy-Spektakel dieser Art nicht anders zu erwarten, ist Flying Dagger vollgestopft mit Schwertkämpfen und Kung Fu-Handgemengen, die meistens zu Luft stattfinden. Die Kämpfe sind solide und gewohnt schnell in ihrer Schnittweise. So hat man das allerdings schon in Tausend anderen Kung Fu-Filmen gesehen. Dass Menschen auf das Dach eines Hauses springen, über dünne Ästchen schweben, oder über andere übersinnliche Kräfte verfügen, daran darf man sich als Zuschauer nicht stören. Sonst ist man besser dran, diese Art von Filmen zu meiden.
Ansonsten kommt man dank des (teils) trashigen Hongkong-Humors nie zur Ruhe. Der Film, der ganz nebenbei auch noch etliche andere Filme parodiert, jagt den Zuschauer von einer Pointe zur nächsten, von denen zwar viele unter die Gürtellinie ziehen, die aber meist so herrlich doof sind, dass man nichts anderes tun kann als sich köstlich über darüber zu amüsieren.
Vor allem aber die einfallsreichen wie skurrilen Charakterzeichnungen in Flying Dagger sind erwähnenswert. Da ist der coole Schwertkämpfer Hon Chun, der eigentlich ganz schüchtern, sensibel und obendrein noch Jungfrau ist, und für manch witzige Szene verantwortlich ist. Der vorlaute Neunschwanzfuchs weiß mit immerfort dummen und gehässigen Sprüchen zu gefallen. Mit seiner keifenden Frau "fliegende Katze" liegt er ständig im Streit, weshalb sie des öfteren türmt. Neunschwanzfuchs hat deswegen sogar extra eine Verschwinde-Statistik über seine Frau angefertigt. Auch die Herbergsbesitzer, die sich schließlich als Detektive herausstellen und mit geheimen Kung Fu-Künsten gesegnet sind, wissen mit ihrer überdrehten Art ebenso zu gefallen wie die abgetrennte Hand des Verbrechers "Kann nicht sterben", die ständiger Begleiter unserer Helden ist. Auch andere Einfälle haben hohen Unterhaltungswert, selbst wenn viele davon dem westlichen Zuschauer wahrscheinlich zu infantil sind—etwa mit Spikes besetzte "Kung Fu-Unterwäsche"; die Idee, den Fluch des Todeskusses nur mit einem Sex-Marathon und dem anschließenden Austragen eines Monsterfötus abzuwenden; der Fuchsfurz als besonders starke Waffe; oder ein schwuler, SM-liebender Nachbar, der täglich in der Herberge vorbeischaut, um seine Tracht Prügel abzuholen.
Bei Flying Dagger bleibt dem geneigten Zuschauer auch bei mehrmaligem Sehen kein Auge trocken. Absolut perfekte, wenn auch primitive Unterhaltung bietet Flying Dagger, der mit seiner Art eindrucksvoll einen Kulturbereich Hongkongs präsentiert, über den die meisten Europäer wohl nur den Kopf schütteln können.