Review

Mit Nerds soll man ja so manche Kohle machen können, TV-Serien wie "The Big Bang Theory" beweisen das eindrucksvoll.
Also warum sollten die beliebten Komödianten und Privatnerds Simon Pegg und Nick Frost, gehypt vom Ruhme derer von "Hot Fuzz" und "Shaun of the Dead" von diesem Trend zurücktreten, wenn sie die Chance haben, mal ohne ihren Stammregisseur Edgar Wright ein eigenes Drehbuch umsetzen zu dürfen.
Mit Greg Mottola einen passenden Regisseur an Bord ("Adventureland", "Superbad"), dazu ein vollcomputerisiertes Alien mit schlechten Angewohnheiten, das sollte als komplett in Amerika gedrehte Produktion doch für jede Menge volle Säle sorgen.

Aber anhand von "Paul" zeigt sich, daß es mit dem Ruhm nicht immer so weit her ist, daß Genie und Fließband manchmal sehr nah beieinander liegen.
Die Story zweier Comic- und SF-Nerds im Star-Wars-Modus, die auf ihrer Urlaubsreise auf dem US-Alienhighway die Bekanntschaft eines echten Außerirdischen machen, der einfach mal wieder nach Hause möchte (nachdem er 30 Jahre zuvor diese treffliche Heimkehrfilmidee einem Manne namens Steven Spielberg angedreht hatte, während er in einem Staulager a la "Jäger des verlorenen Schatzes" residiert, wie man erfahren darf), scheint zwar todsicheres Territorium für begabte Komiker, aber ein Film braucht eben außer einer Idee auch immer etwas erzählerische Substanz.
Die ist hier allerdings nie zur Geburtsreife gekommen, die Idee an sich war und blieb das Gerüst, an dem sich die Figuren entlang hangeln müssen, so episodisch und sprunghaft erzählt, als sei der Film just bei eben der gezeigten Urlaubsreise in den Sinn gekommen und in einem Wohnwagen ausgebrütet worden.

Alles steht und fällt mit der titelgebenden Figur, einem großäugigen Männchen nach bekannten Vorbildern, der sich mittels Luftanhalten unsichtbar machen kann, viele gute Ideen und einen dreckigen Sinn für Humor hat, wenn er nicht eine Tüte durchzieht. Und so ist jede Szene mit dieser wirklich sympathischen, leicht anarchischen Figur, in der deutschen Fassung wunderbar nölig-amüsiert vom Ärzte-Gitarristen Bela B. Felsenheimer gesprochen, ein echter Hit, der die Komödie am Leben erhält; perfekt getrickst und stets für eine Überraschung gut.
Um so enttäuschender, daß das Darstellerduo Pegg und Frost ihrem animierten Kumpel eigentlich den ganzen Film nur entgeistert her rennen können, weil sie ihn entweder retten müssen oder er sie in äußerst wilde Situationen bringt.

Weil das nicht reicht, wurde dann die Story noch mit ein paar Extrafiguren angereichert: eine scheinbar eiskalte Agentenfigur (Jason Bateman macht das Beste aus dieser Standardrolle); zwei depperte Kollegen im Police-Academy-Modus, eine geheimnisvolle Chefin und als Streuzucker eine bibelgläubige Trailerparkverwalterin, die als typischer Love Interest erstmal von ihrem erzgläubigen Creationismus befreit werden muß, weil die Amis auf dem Lande ja bekanntermaßen alle ein Haufen hinterwäldlerischer Psalmschwafler sind, wenn man von der Sichtweise des aufgeklärten Briten ausgeht.

So gerät die Reise zur turbulenten Verfolgungsjagd, die doofen Agenten sorgen für etwas Slapstick, ein bißchen Herzschmerz für ein ehemals kleines Mädchen ist "Close Encounters"-like auch dabei und, am grausamsten, die Bibeleule verwandelt sich nach erfolgter Läuterung in ein Kraftausdrücke-Tourette-Monstrum, die sich ununterbrochen an schmierigen Schimpfworten versucht. Das ist dann leider Unterstufenhumor für simple Gemüter, gegen den auch die eingestreuten Nerdhumor-Gags (meistens verbal) nicht viel helfen können.
"Paul" ist also auf sehr simple Art lustig, ein wild wuchernder Haufen Gags, der fast nur von einem großmäuligen Alien zusammengehalten wird, dies aber noch einigermaßen effektiv, der Rest ist zwar nicht ausgesprochen ärgerlich, aber auch nicht von der Güteklasse, die man sonst von den Filmen des Duos gewöhnt ist, die Subtilität dabei einer ausgelassenen Kindlichkeit gewichen.
Der abschließende Teil der "Blut und Cornetto"-Trilogie läßt also noch auf sich warten und gleichzeitig hoffen, daß mit Wrights Rückkehr die guten Ideen auch wieder in eine tragfähigere Form gegossen werden. Was nicht bedeutet, daß man sich über "Paul" mit ein paar Bier nicht großartig anspruchslos amüsieren kann. An dem ebenfalls nicht fehlerfreien "Fanboys" kommt das Alien aber leider nicht ganz vorbei. (6/10)

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