„Wir entschieden uns für eine Premiere in Frankreich, wo Woody immer eine sehr treue Anhängerschaft hatte und wo es ein offenbar intelligenteres Kinopublikum gibt als bei uns zu Hause.“
~ Robert Greenhut
Mit dem Alternativ- bzw. Arbeitstitel Woody Allen '91 in die Produktion gegangenes Werk unter Aufsicht und Unterstützung letztmalig von Orion Pictures (und Jack Rollins und Charles H. Joffe), eine Übertragung von Medien, eine Erweiterung des von Woody Allen geschriebenen Bühnenstücks "Death", welches in der 1975 von Random House veröffentlichten Anthologie "Without Feathers" enthalten war; als Hauptrollen wurden u.a. Allen selber, Madonna (!?) und John Malkovich gesetzt, letzterer musste wegen Zeitkonflikten bei Billy Bathgate (1991) aussteigen, weiß man jetzt nicht, was besser und ob das nun Glück oder Pech ist. Ein mittlerweile doch angezogenes Produktionsvolumen (der Hommage an Lang, Murau und Pabst) von fast 20 Mio. USD wurde u.a. für das in den Kaufman-Astoria-Studios errichtete, mit 26.000 Quadratmeter Tonbühnenfläche das größte jemals im Raum New York gebaute Filmset ein, welches fleißig mit Accessoires aus den 1920er Jahren bestückt wurde, das Geld floss auf die Leinwand, nicht in die Taschen der Darsteller oder des Regisseurs vor und hinter der Kamera. Tragische Geschichte hinter der Produktion ist, dass Orion nicht nur hier wegen in finanzielle Schwierigkeiten und Liquiditätsprobleme geriet, Neuproduktionen wurden abgesagt, die verbliebenen verzögert in ihrem Kinostart. Allen, der einen frischen drei Filme umfassenden Exklusivvertrag mit Orion Picture (Verleiher seiner letzten 11 Arbeiten) hatte, wurde aus diesem entlassen, um bei Tri-Star Pictures an Ehemänner und Ehefrauen arbeiten zu können:
In Europa der 1920er Jahre treib ein Serienmörder sein Unwesen, besonders in nebligen Nächten. Der ängstliche, unsichere Junggeselle Max Kleinman [ Woody Allen wird an jenem Abend von der selbsternannten Bürgerwehr heimgesucht, das dem Killer auf der Spur ist. Er soll sich bereithalten. Währenddessen trennt sich die Schwertschluckerin Irmy [ Mia Farrow ] nach einem Eifersuchtsstreit um Marie [ Madonna ] von ihrem Partner, dem Clown Paul [ John Malkovich ], und läuft von dem Zirkus davon, an dem beide engagiert sind und der an diesem Abend in Kleinmans Stadt gastiert.
Vorhang auf demnach für die letzte Vorstellung, für den grauen Hut des Kompromisses, mit anderen Tönen diesmal auch gestartet, eingangs zumindest, fast an Boris Gruschenko und seiner letzten Nacht erinnernd, beschwingter zumindest bis leicht militärisch fast, in einzelnen Tönen, in Sentenzen, in Sequenzen. In der schwarz/weißen Gestaltung mittlerweile auch geübt wird hier die Kür nach der Pflicht abgehalten, ein bildhaftes Werk mit vielen Einzelteilen und Einzelheiten, mit Schatten und Nebel, mit dem Expressionismus im Hintergrund, eine Wanderung durch ein dusteres Viertel, viele Vergleiche fallen einem ein, gleich in der ersten Minute der Gestaltung, ein Vexierspiel der Regie, ein Traum fast, ein Erwecken, ein Klopfen an der Tür. Allen wird geweckt, dringend von den Anderen, ein lautes Pochen und Rufen vor dem Eingang, die Nachbarschaftswache quasi am Drängen, der Mörder, der Würger wird vermutet diese Nacht, es ist am Eilen, jede Sekunde die verrinnt kann das Schicksal auf diese oder jene Art und Weise gestalten. Im Hellen der Oberlampe an der Decke steht man hier, direkt darunter, im Visier der Eindringenden, der Warnenden und der Bedrängenden, ein Gruselstück verbal und in den Bildern, "Stellen Sie sich nicht so dumm an, leben Sie auf einer Insel?" wird gefragt, man wird überrannt, übermannt, von der Gesellschaft traktiert und taktiert, es stehen Forderungen an, grausiges in den Sätzen, Zorn in den Stimmen, in selbst in die Hand nehmen des aufgebrachten Lynchmobs hier, "Aber was erwarten Sie denn jetzt?" fragt der kleine, der noch halbnackte Mann.
Die Erwartungen sind hoch, die Aufgabe soll ihm später noch erklärt werden, der Plan dargestellt, eine Todesangst hat der Bewohner, er hat andere Sorgen eigentlich, es geht um eine Beförderung im Beruf, um ein Ziel im Beruf, er will nicht rausgehen, er weiß von nichts und das reicht ihm schon; dafür weiß die Inszenierung umso mehr, von einer Nachtmahr wird gesprochen, ein Albtraum dirigiert. Eine Warnung gibt es noch von einer Bewohnerin des Hauses, ein Mittel der Verteidigung auch, gut gemeint, ansonsten ist die Straßen einsam und verlassen, ein unbekannter Plan, ein Streben durch die Gassen, fantasievoll bewaffnet, in den Gesprächen der Außenstehenden und der Insassen. Ein Zirkus gastiert in der Stadt, zwischen den Mauern des Ortes, ein Wanderzirkus, dessen Applaus hier niedriger ausfällt als an anderen Orten, hier herrscht wenig Freude, mehr die negativen Gefühle, die schlechten Emotionen, die vielen Drohungen.
Unweit woanders sollen die Menschen zum Narren hier gemacht werden, zum Lachen gebracht, es sind Künstler mit Engagement und Arrangement anwesend, mit ausbleibenden Reaktionen der Anderen. Ein Ausweg wird sich überlegt, viele suchen hier nach neuen Möglichkeiten, das Leben anders zu gestalten, zu verwalten, das Positive zu steigern und zumindest zu behalten. Über Kinder wird gesprochen, über Babys, über das Kinderkriegen, über das Heiraten, in den Gesprächen ist es Allen pur, in den Bilder deutscher Filmemacher der Zwanziger und Dreißiger, eine seltsame, aber aufkeimende Mischung, ein Streifen durch die Dunkelheit und die Fantasie eines Rauches, ein Streifen über das Gelände, manches abgesteckt und isoliert, manches vollgestopft und spannend, Allen wirft den Blick auf andere Figuren, er filmt von sich weg auf neue Individuen, manchmal sieht man die Personen nicht im Schwarzen, sondern hört sie nur, die Gespräche zuweilen leise und flüsternd, die Musik dann wieder, ein Ehestreit zwischen einem Paar, eine aufkommende Eifersucht, Nebengeschehen und Hauptgeschehen teilen sich hier das Szenario, Allen weiß seine Beteiligung an dem Plan immer noch nicht.
Ein Leichenschauhaus wird besucht, der letzte Ort, den man nachts aufsuchen will, der dort Wachende aber gefragt, etwas Definitives über die Natur des Böses zu erfahren. Geprüft bis in das letzte Detail, wie mit einem Mikroskop wird hier, nach der Seele und einem Gott gefragt, "Kleinmann, Sie sollten gehen.", nichts in Erfahrung gebracht, nur mehr Furcht geweckt, "der Doktor war nicht die geringste Hilfe", es wird überlegt und interpretiert, es wird sich kaum durch die Straßen gewagt, laut vor sich her gesprochen, sich selber Mut zugesprochen, manchmal sieht man mehr und oft weniger, hört auf jedes Geräusch, einsame Gestalten durchflüchten die düsteren Stunden, manchmal wird sich von draußen nach drinnen, in die Gemeinschaft (der Huren) bewegt, in die Gemeinschaft anderer Frauen, die um die Mitternacht die beste Gesellschaft versprechen, das älteste Gewerbe der Welt, einige Sätze über die Sexualität, über die Liebe, die unerwiderte Liebe, die Verbitterung, alle Facetten einer Beziehung, von der gekauften Stunde hin bis zur Ehe, vielen Cameo hier, die Kamera umrundet die Figuren und bleibt bei Mia Farrow stehen. Vom Einzelgängertum bis zum Empfangskomitee ist hier alles vorhanden, viele Darsteller auch, manche neu und nie wieder in einem Allen zu sehen; es wird um Geld gefeilscht, es werden Komplimente gemacht, es werden Lehren gezogen, ein Spiel mit der Promiskuität, mit den Verlockungen des Geldes, mit Schuld und mit Sühne, mit Obsession und Entschlusskraft, mit Mitleid und Töricht sein, mit Flucht und Verfolgung, mit erstickenden Schreien. Ein ganzes Panorama an Gefühlen wird hier eröffnet, mehrere Plots, mehrere Parteien, mehrere Geschehnisse, viel Theorie und viel Praxis, "Man hört ja so einiges.", es wird ein Plädoyer für eine andere Familie beim Polizeichef gehalten, eine Paranoia hier verbreitet, ein Kommentar über den Faschismus, die Diskriminierung, die Dezimierung, das Deskribieren, Fingerabdrücke auf einem Glas gefunden, das Gesicht von Allen entgleitet komplett, es sind seine Hände gewesen, es kreuzen sich die Plots, Personen und ihre Lebenslinien durchqueren sich.
Ab dem zweiten Drittel ist Allen auf Farrow gestoßen, in einem Polizeirevier, beide werden verdächtigt, beide sind nicht gänzlich unschuldig, "Gibt es hier in der Nähe ein Hotel oder sowas?", es gibt nur Institutionen, die Viertel sind einem fremd, selbst dem Bewohner der Stadt und erst recht dem durchreisenden Gast. Unter der Straßenlaterne wird sich gerechtfertigt, "Wir nähern uns jetzt der Stunde Null", Panik macht sich breit, es wird Begleitung angeboten, ein unbekannter Pfad verfolgt, ein unbekannter Plan befolgt, die Kamera schleichend um die Personen, es werden viele Rätsel aufgeworfen, viele Verleumdungen, viel Suchen und Durchsuchen, ein Forschen nach dem Leben hier, nach dem Glück und dem Überleben, fotografiert in blendender Kraft, ein Schaffen von Standbildern allerhöchster Pracht, ein Lokalbesuch mit spätem Ausschank und wenig Gästen noch in tiefster Nacht. Philosophiert wird hier, über das irdische Paradies, über die Metaphorik der Perversion, über die unbekannte Frau, zwei Männer unterhalten sich über die gleiche Person, unwissend voneinander, sie schwelgen von der gleichen Dame, ohne voneinander zu wissen, der Unterschied zwischen Liebe und Lust, eine Christusstatue hängend an der Wand. Die Kirche hat auch noch offen, es werden Listen erstellt, man macht sich beizeiten verdächtigt, man landet auf Listen und wird wieder gestrichen und umgekehrt, von einer Sekunde zur anderen, Religiosität wird hier betrachtet, mit kritischen Augen, mit entlarvendem Blick. Freiheit, Friedlichkeit, Faszination und Fremdheit gehen hier Hand in Hand mit Verrat, Verrecken und Verrottung und Verrohung, manches ist Kulisse, ist Dekoration, ist Beleuchtung, manches ist die morbide Normalität der Stadt New York mit anderem, mit begrenzten und gleichzeitig öffnenden Blick, man hört das Wasser rauschen, "Gehören Sie zu denen oder zu uns?" wird gefragt, eine Stadt sucht einen Mörder, ein Exempel statuiert, jede Geschichte hat ihre zwei Seiten, auf Spannungskino stimuliert, es wird mit einer Pistole hantiert.