Review

Für Polizist Hollis (Terrence Howard) beginnt der Tag alles andere als gut. Zuerst erfährt er vom Arzt, dass er obwohl er Vater zweier Kinder ist eigentlich keine zeugen kann und dann soll er auch noch den potenziellen Selbstmörder Gavin (Charlie Hunnam) davon abhalten vom Dach eines Hochhauses zu springen.

Während Hollis versucht Gavin zur Aufgabe zu bewegen entwickelt sich zwischen Männern ein Gespräch, das erklärt, weshalb Gavin auf dem Mauerabsatz in luftiger Höhe gelandet ist.

Der Grund ist Shana (Liv Tyler), die zusammen mit ihrem Mann Joe (Patrick Wilson) eine Wohnung neben der von Gavin beziehen. Man begegnet sich im Flur, lädt sich gegenseitig ein und stellt dabei schnell fest, dass das Ehepaar und Gavin unterschiedlicher nicht sein könnten. Gavin ist bekennender Atheist und die Eheleute Hardcore-Christen von der amerikanischen Sorte.

Gavin spürt, dass Shana nicht ganz so verbohrt in ihrem Glauben ist wie Joe und beschließt sie daher zu „befreien“ – mit fatalen Folgen....

„The Ledge“von Regisseur Matthew Chapman ist ein Film, dessen Kern einige durchaus interessante Fragen in Bezug auf Religion und Glauben aufgreift. Fragen, die jedoch nicht neu sind und schon seit hunderten von Jahren diskutiert werden ohne abschließend beantwortet worden zu sein. Und so drehen sich die Diskussionen zwischen Joe und Gavin um die altbekannten Fragen wie „Wie kann man an etwas, einen Gott, glauben, für dessen Existenz es keinen einzigen Beweis gibt?“ oder die andere Seite „Wie kann man nicht an etwas, einen Gott, glauben für dessen Existenz es so viele Beweise gibt?“. Diese Gespräche gehen dann natürlich so aus wie tausende zuvor auch, die üblichen Argumente werden vorgetragen, die den gegenüber natürlich in keinster Weise überzeugen und jeder zieht sich danach wieder schmollend ob der Verbohrtheit des anderen in seine Ecke zurück.

Das ebenfalls von Martin Chapman geschriebene Drehbuch bedient sich dieses uralten Disputs ohne ihm neues hinzuzufügen. Vielmehr dient er nur dazu die Standpunkte beider Männer zu verdeutlichen und diese dann in Gestalt von Shana einer ernsthaften Prüfung zu unterziehen. Dies ist insgesamt als schade bzw. als vergeudete Chance zu sehen, denn eine ernsthafte filmische Auseinandersetzung mit dem Pro und Contra „Glauben“ wäre sicherlich sehr interessant anzuschauen gewesen.

Stattdessen kristallisieren sich aus der „Prüfung“ die typischen Klischees heraus, die zwar gut in die Rahmenhandlung eingebettet wurden, aber trotzdem einen eher oberflächlichen Nachgeschmack hinterlassen, da auch etwaige Erwartungen hinsichtlich eines perfiden hinter allem steckenden Planes recht simpel aufgelöst werden.

Man kann „The Ledge“ garantiert vorwerfen, das eigentliche Thema nicht ernsthaft genug abzuhandeln und auch einige Längen zu haben, unterhaltungstechnisch funktioniert das Ganze dennoch recht ordentlich, was an einer gewissen Spannung bzgl. dessen was denn nun genau Gavin auf die Spitze des Hochhauses getrieben hat und den guten Darstellern liegt.

Besonders Charlie Hunnam, der wie eine Art junger Brad-Pitt-Klon ausschaut, schafft es seinem Charakter einige interessante Facetten abzugewinnen. Diese reichen vom selbstsicheren Atheisten, Zyniker, Verführer bis zum verzweifelten Selbstmörder. Daneben wirkt Patrick Wilson trotz des Saubermann-Outfits von Anfang an wie ein Psycho kurz vor dem austicken. Seine Rolle ist dabei nicht sehr differenziert angelegt, er erfüllt aber die Anforderungen eines pseudo-religiösen Spinners absolut.

Liv Tyler, deren Auftritt in „The Strangers“ von mir seinerzeit verrissen wurde, ist hier in meinen Augen die größte Überraschung. Ohne natürlich in der Oscar-Liga zu spielen schafft es die Tochter von Aerosmith-Zombie Steven Tyler dem entscheidenden Charakter des Films, Shana, glaubhaftes Leben einzuhauchen. Gerade ihre Entwicklung vom zurückhaltenden Eheweib zur sich zaghaft entfaltenden, selbstbestimmenden Frau ist im Rahmen der drehbuchbedingten Einschränkungen überzeugend geraten.

Fazit: Die guten Darsteller/innen und die etwas ungewöhnliche Verpackung eines eigentlich geläufigen Grundthemas sorgen für passable Unterhaltung. Klar ist aber auch, dass hier viel an Potenzial verschenkt wurde.

Details
Ähnliche Filme