Japan im 16. Jahrhundert: Ein Bürgerkrieg tobt, marodierende Söldnerbanden ziehen durch das Land, plündern, brandschatzen, vergewaltigen, morden. In einem kleinen Dorf leben zwei Ehepaare, die ihr karges Leben durch harte Arbeit zu verbessern streben. Die Gefahren der näherkommenden Front versuchen sie so lange wie möglich zu ignorieren. Doch als die Männer in die nächste Großstadt ziehen, um Waren zu verkaufen, entwickeln sich für sie alle tragische Schicksale.
„Ugetsu monogatari“ (auch unter dem ausnahmsweise gelungen poetischen deutschen Titel „Erzählungen unter dem Regenmond“ bekannt) ist die Verfilmung einer klassischen japanischen Erzählung und begeistert mit seiner meditativen, tiefgründigen, poetischen und leise entrückten Inszenierung. Nicht umsonst erhielt er 1953 bei den Filmfestspielen von Venedig den Silbernen Löwen.
Sein Alter mag man dem Film aus heutiger Sicht durchaus ansehen – klar erkennbare Kulissen und Studiobauten, grobkörniges Schwarz-Weiß, leicht überzogenes Spiel der Darstellenden – dennoch vermag er auch lange nach seiner Entstehung noch in seinen Bann zu ziehen. Schon von den ersten Einstellungen an erzeugt er eine ebenso subtile wie intensive Atmosphäre: Langsame Kamerafahrten, oft auch statische Einstellungen, ein leiser Score, der aus klassischen Gong-, Trommel- und Saiteninstrumentalstücken besteht, und eine entschleunigte, aufs Notwendigste reduzierte Handlung lassen den altertümlichen Gestus der historischen Vorlage von Anfang an auferstehen. Vor allem der Score vermag immer wieder in seinen Bann zu ziehen und einzelne Sequenzen ungeheuer zu intensivieren – etwa die Szene auf dem See, wenn im dichten Nebel den Handelnden ein von Piraten überfallenes Boot mit einem sterbenden Fischer begegnet: Trotz Handlungsarmut an der Oberfläche entsteht hier eine enorme Spannung ob der möglichen unsichtbaren Gefahren, die maßgeblich durch den leisen, aber intensiven Musikeinsatz beeinflusst wird.
Aber auch die Ausstattung trägt ihren Anteil zur Poesie des Films bei. Besagter Nebel, düstere Wald- und Dorfkulissen oder die heruntergekommene Residenz einer adligen Dame atmen durchgehend die Eleganz und leicht verschrobene Irrealität altertümlicher Sagengeschichten. Dazu passt dann auch die herausragende Art, auf die hier zwei Geistergeschichten wie beiläufig in die eigentlich naturalistische Handlung eingewebt werden. Ohne jede Effekthascherei gleitet die Story ins Übernatürliche, wird dabei auch weniger unheimlich als viel mehr tieftraurig: Denn mit fortschreitender Handlungsentwicklung wird ein inhaltlicher Schwerpunkt immer deutlicher – die Gewalt und Tragik, die Frauen permanent droht, stets ausgelöst durch männliche Entscheidungen. Krieg und Patriarchat bringen Vergewaltigung und Prostitution, Tod und Unglück über die abhängigen Frauen, die mitunter ihr Liebesglück nur noch aus dem Jenseits erreichen können. Durch diese lyrisch-surreale Komponente nimmt der Film seinen härtesten Inhalten ein wenig die Schärfe und verleiht den gezeigten Brutalitäten eine poetische Seite, die ihn formal und inhaltlich so tiefgründig und schön macht.
„Ugetsu monogatari“ ist selbst ein Klassiker geworden, der mit seinen poetischen Bildern und Klangkompositionen, den teils harten und tragischen Inhalten (vor allem die letzte Szene ist in all ihrer Traurigkeit noch einmal ein echter Schlag in den Magen) und einer wundersam ineinander greifenden, leicht versponnenen, aber dennoch tiefgründigen und schwermütigen Story lange nachhallen kann. Für Freunde des japanischen Kinos absolute Pflicht!