Weder zu klassischem Ballett noch zumodernem Tanztheater habe ich einen Zugang. Das juckt mich alles nicht. Eigentlich müsste man als Film-Fan ja Tanz mögen, weil es sich dabei um die visuellste Form von Theater handelt. Wenders Dokumentation konnte mein Desinteresse für und meine Ungeduld mit dieser Kunstform nicht nehmen. Gleichzeitig muss ich anerkennen dass die Tänzer einen knochenharten Beruf ausüben.
Was das rein Filmische angeht, ist PINA weitgehend hervorragend gelungen. Nicht nur dass den Bühnen und sonstigen Tanzflächen eine räumliche Tiefe verliehen wird. Vor allem sind Einstellungen, Kamerabewegungen und der Schnitt sehr präzise auf die jeweiligen Tanzchoreographien abgestimmt, woraus eine sehr dynamische und agile Präsentation von Pina Bausch' Choreographien resultiert. Vor allem bekommt der Zuschauer Einblicke und Perspektiven, die er vom Theater-Auditorium aus niemals hätte. Denn die Kamera kommt den Tänzern mitunter sehr nahe, schlängelt sich zwischen ihnen durch.
Weniger zu gefallen wissen die beiden Tricksereien mit den Archiv-Aufnahmen der verstorbenen Bausch. Da diese nicht in 3D sind, werden sie kurzerhand mit einem computeranimierten, halb geöffneten Theatervorhang eingerahmt, der optisch vor den eigentlichen Archivaufnahmen zu sein scheint. Problem: Das sieht einfach billig und gänzlich unästhetisch aus.
An einer anderen Stelle dachte sich Wenders bei den Archivaufnahmen folgende Bildkomposition aus: Tänzerinnen sitzen vor einer Leinwand, auf welche Arvhivaufnahmen von Bausch projeziert werden (im Bild-Vordergrund sieht man die Hinterköpfe der Mädchen, im Bild-Hintergrund die Leinwand mit dem Archiv-Filmmaterial). Problem: Man konzentriert sich eher auf die Hinterköpfe der Tänzerinnen, während das, worum es in dieser Szene eigentlich geht, nämlich die alten Bausch-Aufnahmen, im wahrsten Sinne des Wortes in den Hintergrund gerät.
Was ich ferner nicht verstehe, ist die ernsthafte Andachts-Stimmung, die der Film ausstrahlt. Bausch' Choreographien werden gewürdigt, aber Bausch nicht als Person. Zwar werden immer wieder Statements vorgetragen von Tänzern, die die Frau persönlich kannten, aber das sieht dann so aus: Sie sitzen stumm und mit geschlossenem Mund im Bild, blicken ernsthaft drein, während ihre Stimme aus dem Off das Statement abgibt.
Das sieht erstmal sehr morbid und kalt aus. Und zweitens hat niemand eine *lustige* Anekdote über die Bausch zu erzählen ...oder wird von Herrn Wenders nicht gelassen. Diese typisch deutsche Hölzernheit kapiere ich nicht. Wenn man sich an einen toten Menschen erinnert, ihm gedenkt, möchte man doch auch die lustigen, beschwingten Momente seines Lebens würdigen. Nicht so Wim Wenders. Na ja, er kannte die Frau persönlich und wird wohl seine Gründe gehabt haben, auch wenn ich das nicht verstehe.