Review

Das Werk von Woody Allen hat oft mit anderen Frauen zu tun, mit neuen Frauen, mit 'alten', d.h. wiederaufgetauchten Frauen, mit fremden Frauen, mit Ehefrauen, mit Bekanntschaften und Liebschaften, mit mal geliebten Frauen und jetzt wieder geliebten oder gehassten Frauen. Hier noch im Vertrag von Orion Pictures gehalten, der später auslief, ein bescheidenes Maß an Erfüllung, die Frau wird 50, sie rückbesinnt sich, die erzählt dem Zuschauer ihre Herkunft, ihr Leben, von ihrer zweiten Ehe, viel Vorstellung, Woody Allen eben:

Marion Post [ Gena Rowlands ] ist eine über 50-jährige, mit ihrem zweiten Mann Ken [ Ian Holm ] verheiratete Philosophieprofessorin aus New York und beurlaubt, um ein neues Buch zu schreiben. Wegen Bauarbeiten in ihrem Gebäude mietet sie zur Untermiete eine möblierte Wohnung in der Innenstadt, um ihre Ruhe zu haben. Ihre Arbeit wird von Stimmen aus einem benachbarten Büro im Gebäude unterbrochen, wo ein Therapeut seine Analyse durchführt. Schnell wird ihr klar, dass sie in die verzweifelten Sitzungen einer anderen Frau, Hope [ Mia Farrow ], eingeweiht ist, die von dem wachsenden Gefühl beunruhigt wird, ihr Leben sei falsch und leer.

Ein neues Buch soll abgegeben werden, es wird extra ein Raum, eine Wohnung dafür gemietet, viele Schriftsteller hat der Regisseur in Augenschein genommen, ihr Kampf mit dem zwar angefangenen und geplanten, aber noch unvollendeten und irgendwie stockenden oder damit trotz aller Zusprache doch unvollendeten Werk, eine Schreibblockade, eine Ablenkung, von der Muße nicht geküsst oder zuviel geküsst, zudem Kinder, die nicht die eigenen, sondern die eines anderen Mannes mit einer anderen Frau sind, gesundheitlich zufrieden, streng die Haare gekämmt und zusammengebunden, allein durch die Welt gehend, trotz Familie, auch verwandtschaftliche Beziehungen, trotz Brüder (oder Schwestern) eben. Die Wohnung ist so gut wie leer, sie dient auch nur der Betätigung, dem Schreiben eben, dem Ausruhen vor dem Straßenlärm, dem Alleinsein, der Ungestörtheit, dem in sich Horchen, dem besinnt und besonnen sein. Eine Beanspruchung, die die Abschottung verlangt, erst die Eröffnung, dann die Credits, eine ruhige Ballade, ein sinnlicher Ton, eine Herbstsonate, ein melancholisches Stück. "Als ich mich an jedem Morgen an die erste Arbeit machte, geschah etwas Merkwürdiges", es wird mitgehört bei anderen Gesprächen, durch den Ventilatorschacht, man kann alles mithören beim Psychiater, jedes Wort klar und deutlich, es ist nicht ihren Sinn, sie deckt den Schacht zu, sie hat den ganzen Tag lieber gearbeitet, nach und nach hört sie wieder Stimmen, ein Kissen weggerutscht, im Dämmerschlaf es mitbekommen. Die Frau hört sich beunruhigend an, wie aus ihrem Kopf heraus, eine Selbsttäuschung mitgenommen, mitgehört, verzweifelte Sätze, ein ängstlicher Ton, eine panische Stimme, die der anderen Frau, eine verheiratete Dame, so wie die Frau hier, Weinen und Schluchzen, es spricht ihr aus der Seele, diesmal hört sie länger zu. Diesmal öffnet sie auch die Wohnzimmertür um zu beobachten, die andere Frau zu betrachten, wie sie aussieht, von der sie bisher nur gehört hat und hineingestiegen ist in ihr Innenleben.

Wie oft ist der Film in den Herbstfarben gehalten, den Brauntönen verschiedenster Art, unterschiedlicher Nuancen, manchmal ockerfarben auch, in edlen Bildern auch, in aller Einfachheit und Einfachkeit, als wärmende Farbe, aber auch als düstere Stimmung. Die andere Frau weiß nicht, dass sie abgehört wurde und belauscht und beobachtet, später findet eine Partie, ein Sprung auf die große 50, die Feier eines Anderen, ein Geburtstag gefeiert, Gespräche fangen an, mit Schampus erzählt und heruntergespült, die Party von Freunden und Geschwistern und Bekannten, die 50 steht auch hier im Mittelpunkt, die fremden Tochter will wieder in der Wohnung ihrer Eltern schlafen, es muss nochmal darüber geredet werden, die Kommunikation schwierig, in mehreren Absätzen, auch hier gibt es ein Lied, bei dem man sich kennengelernt, eine Frage wird mit einer Gegenfrage, noch mit einer Gegenfrage beantwortet, die Themen sind oft sexuell, der nächste Vormittag steht an, ein Treffen geplant und geplatzt, mit der Schwägerin, es geht ums Geld, eine Scheidung steht an, da gegenüber steht die Disziplin, der Roman halt, die ersten Seiten sind die schlimmsten.

Offenbarungen werden gemacht, Gefühle nicht verstanden, man will sich heraushalten aus solchen Gesprächen, Wut entsteht, keine Störung von der Arbeit wird geduldet, dann wieder die Stimme aus dem Schacht gehört, diesmal bewusst darauf geachtet, es geht um eine Ehefrau und ihrer Frage ob der Richtigkeit ihrer Handlungen und Behandlungen. Die Party der Hauptperson wird gezeigt, ihre Erinnerungen stören die Chronologie, dafür bekommt man den Hackman zu sehen, ein leidenschaftlicher, aber kurzer Kuss, dann deutliche Ablehnung auch, kein offiziell geduldetes Fremdgehen, auch oder gerade wenn noch kurz vor der Ehe, die Störung der Party durch die erste Ehefrau, "Reliquien aus zwischenmenschlichen Zeit zwischen uns", es wird lauter, der "Tugendpapst" spricht, ein doppeltes schlechtes Gewissen, einer anderen Frau den Mann weggenommen und mit einem anderen Mann geküsst.

Hackman spielt sich hervor aus der Besetzung, ansonsten viele Nebenbeis, die beiden Frauen einmal ausgenommen, die Männer sonst blass, es geht um Sex und Liebe, um Freisein und Gefangen Sein, vielleicht oder wahrscheinlich geht es um Angst und Täuschung, um Provokation und Reaktion. "Ich frage mich oft, was wahre Liebe ist", ein kurzer Ausflug in die Erinnerung, gestört durch ein Klingeln an der Haustür, die Schwiegertochter schellt, man hatte ein Treffen abgemacht, ein Stelldichein, ein Bringen zu dem eigentlichen Haus, die Wohnung ja nur gemietet, dort keine Möbel, keine Unterbringung. Ein Familienessen steht an, mit dem eigenen Vater und der fremden Tochter, es werden Gespräche gesucht und gefunden, manche aber lieber abgeblockt, Entschuldigungen ausgesprochen, ein typischer Allen, viel um Bücher, um Poesie, um die Liebe, um den Herbst, um Erinnerungen, um unerfüllte Leben, um Melancholie, um Nostalgie, um die Kultur, umd die Musik, um Einigkeit und Pflichten und Veränderungen, um Geld und Beruf und Freiberuflichkeit, um Rückblenden in die Kindheit, um Wutausbrüche und Tagträume, "Und was möchtest Du tun?"

Fragen gestellt und Antworten schuldig geblieben, wie nicht gehört, mit einer Gegenfrage beantwortet, Kommunikation hier Ein und Alles, aber oft nicht darauf geachtet, vielmehr die Blicke der Menschen, die offenen Gedanken, das Vorspielen einer Maskerade, einer Fassade. Die andere Frau wird einmal auf der Straße gesichtet, zufällig nur, sie wird beobachtet und verfolgt, ihr nachgegangen, aus welchen Gründen auch immer, dabei eine zufällige Bekanntschaft wieder getroffen, andere Menschen geklärt, Zufälligkeiten und Schicksale des Lebens, der Fachbereich Philosophie in aller Ausführlichkeit, Brecht und "Mutter Courage" wird erwähnt, das Leben in Zweifel gezogen, eine Entfernung gewollt, nicht einfach so passiert, Hass entsteht hier, eine Freundschaft aufgegeben, in das Unterbewusstsein gegangen, eine Erschütterung, ein Gereiztsein und auf Aufwühlen, Rainer Maria Rilkes "Archaïscher Torso Apollos" und "Der Panther" erwähnt, viele Einladungen, viele Treffen ausgemacht, der Hochzeitstag steht an, in Philadelphia hat man sich damals getroffen, daran wird auch gedacht, "Habe ich Dich dazu verführt, Deine Frau zu verlassen?", die obere Mittelschicht hier, mittlerweile werden die Kissen vor dem Schacht mit Absicht weggemacht.

"Sind Sie verärgert?", manchmal hat man nichts zu sagen, fühlt sich wohl im Schweigen oder ist man darin gefangen, wie der Panther aus dem Gedicht, im Kreise laufend, unter die Lupe genommen, Abschätzungen und Urteile gebildet. Porträts und Zeichnungen von Zuständen und Stimmungen, das Herausfordern von darstellerischen Leistungen, ein Beobachtet Sein und Beobachtwerden. Zwei schlaflose Nächte später kommt ein Tagtraum, beim Dösen, es wird gewandelt und gewandert, "Sorgen Sie sich nicht dauernd um die Menschheit. Bringen Sie ihr eigenes Leben in die Ordnung."; Reue wird gespürt, Leidenschaftlichkeit, Leidenschaftslosigkeit, Kühlheit, Gefühlskälte, die Welt des Verstandes. Inspiration, Berechnung, Verehrung, Berührung, Verführung, Bewährung, Bekehrung, Belehrung, Betäubung, Bewehrung, Befeuerung, Beteuerung, Beräumung, Beruhigung, Wehmut und Hoffnung, Leere und Liebe und Entfremdung, alles verschiedene Dinge, alle hier gemeinsam.








Details
Ähnliche Filme