Review

Norwegen zementiert seinen Ruf als Instanz im europäischen Horrorkino. War die Cold-Prey-Reihe von Beginn an eine Kopie amerikanischer Slasherschablonen, so bleibt sie dieser Tradition auch in Runde drei treu und
liefert ganz genrekonform ein Prequel ab. Das Niveau der Vorgänger erreicht
Regieneuling Mikkel Brænne Sandemose dabei leider nicht mal im Ansatz - trotz oldschooligen 80er-Flair und schicker Landschaften.

Die Freunde Hedda (Ida Marie Bakkerud), Anders (Kim S. Falck-Jørgensen), Magne (Pål Stokka), Siri (Julie Rusti) und Simen (ArthurBerning) brechen zu dem berüchtigten Spukhotel im Jotunheimen-Gebirge auf, indem vor Jahren Brath (Endre Hellestveit) und seine Eltern spurlos verschwanden. Auf dem Rückweg tappen sie in eine Falle des örtlichen Wilderers Jon (Nils Johnson), der den Jungen Brath heimlich bei sich aufgenommen hat. Der hat vor
Jahren seine Eltern ermordet und lebt seine Mordlust nun an den Hedda und ihren Freunden aus.

Formal werden alle Zutaten für ein köstliches Slashermenü angerührt. Der Killer mit Vorgeschichte und allerlei Hieb- und Stichwaffen, eine Gruppe promiskuitives Jungvolk auf Campingtour und eine isolierte Location, in der garantiert niemand die Hilfeschreie der Jugendlichen hört. Verdammt, das Prequel ist sogar ganz reminiszentsicher in den 1980er-Jahren, der goldenen Ära der Slasherfilme, angesiedelt. Der Drift in die Unterkategorie
„Backwoodslasher", in dem sich der Killer der Mithilfe seiner degenerierten Familie erfreuen darf, nimmt der Serie zwar ihren Purismus, sorgt aber zumindest für Abwechselung. Auch inszenatorisch gibt es wenig zu beanstanden. Das raue Klima und die schroffe Landschaft unterstreichen das lebensfeindliche Szenario, zudem bleibt Regisseur Mikkel Brænne Sandemose den Vorgängern treu und vermeidet unnötig explizite Gewaltorgien.

Obwohl die Zutaten stimmen, schmeckt das Ergebnis leider nach alter norwegischer Fischsuppe, denn Sandemose übernimmt neben den guten
auch beinahe sämtliche schlechten Eigenschaften der angepeilten Vorbilder aus der guten alten Zeit. Namentlich sind das ein Drehbuch, das mit „uninspiriert" noch höflich umschrieben ist und Charaktere aus dem Slasherbaukasten. Die Autoren Lars Gudmestad und, Peder Fuglerud versuchen noch nicht einmal irgendwelche originellen Handlungsstränge zu entwerfen, um die Protagonisten zu trennen, oder in Gefahr zu bringen. Dabei verlassen sie mitunter sogar die reichlich ausgetretenen Pfade typischer Slasherklischees (wir verziehen uns mal zum pimpern) und hauen dem Zuschauer einige wirklichen Unglaubwürdigkeiten um die Ohren (ich halts nicht mehr im Kellerversteck aus, obwohl der Killer draußen rumläuft, deswegen trenne ich mich mal schnell vom Rest der Gruppe). Ob solche Schoten als Huldigung an die Originale verstanden werden sollen, oder schlicht einem faulen Drehbuchschreiben geschuldet sind mag jeder für sich
entscheiden. Leider kommt auch das 80er-Setting nie über den Gimmick-Charakter hinaus.

Bei den Charakteren sieht es leider nicht viel besser aus.
Hier lag die große Stärke der beiden Vorgänger, die uns glaubhafte, mitunter
gar dreidimensionale Figuren lieferte, denen man gerne die Daumen gedrückt hat. Die Protagonisten in Cold Prey III sind dagegen eindimensionale
Slasherschablonen der untersten Kategorie. Der Coole, die Schüchterne, die
Ängstliche, der Spaßmacher, der ranzige Wilderer und der Killer. Einzig dem
Killer wird so etwas wie eine Entwicklung gewährt, wenn er sich im Finale
emanzipiert und zu dem wird, was uns in den Vorgängerteilen so viel Spaß
gebracht hat. Hier liegt dann auch der beste Moment der Geschichte, die
ansonsten mit allerlei Leerlauf zu kämpfen hat. Bei diesem Punkt verfügt der
durchschnittliche Slasherfan zwar genrebedingt über eine recht hohe
Toleranzgrenze, Cold Prey III lotet hier allerdings das ein oder andere Extrem aus. So bleibt das Prequel, auch aufgrund der gelungenen Vorgänger, eine veritable Enttäuschung.

Daran werden ich mich noch lange erinnern: Die schroffe, lebensfeindliche und verregnete Kulisse.

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