Nach "Cradle of Fear" legte Regisseur Alex Chanson eine zehnjährige Pause ein und meldete sich im Jahr 2011 mit dem skurrilen "Inbred" wieder zurück. Eins kann man vorneweg sagen: "Inbred" kann man zwar in die Ecke Backwoodhorror einordnen, jedoch ist dieser Streifen sehr bizarr, blutig und nicht für den Mainstream-Horror-Schauer geeignet.
Fünf kriminelle, jugendliche Straftäter reisen mit den zwei Betreuern Jeff (James Doherty) und Kate (Jo Hartley) ins englische Hinterland, um soziale Arbeiten zu betätigen. Doch im Kaff namens Mortlake ticken die Uhren etwas anders: Seit Jahrzehnten steht hier Inzest auf dem Programm, was dementsprechende Spuren hinterlassen hat. So gut wie jeder Bewohner sieht entstellt aus oder hat sonstige Behinderungen. Gäste wie diese Sozialgruppe kommen eher selten vorbei, aber wenn - sind sie gerne willkommen. Denn Gäste müssen für eine grausame Zirkusshow mit ihrem Leben bezahlen.
Zuallerst möchte ich mal wieder den deutschen Gremien und dem Publisher Mad Dimension einen fetten Applaus aussprechen. "Inbred" ist das Paradebeispiel für ein derartiges Schnittmassaker, dass der Film in der deutschen Fassung überhaupt keinen Sinn mehr ergibt. Nahezu jede drastische Gewaltdarstellung wurde entfernt. Dazu zählen auch harmlosere Szenen, wie beispielsweise entfernte Ansichten von abgetrennten Köpfen, die irgendwo in der Ecke rumliegen. Es wurden ganze Szenenblöcke herausgeschnitten, so dass man nicht mehr weiß, ob Person X und Y noch am Leben sind. Ja, das nenne ich FSK18, das ist Deutschland. Solch eine Rotzfassung dem mündigen Bürger als Erwachsenen-Version vor die Nase zu halten, grenzt schon an bodenloser Frechheit. Ich kann nur hoffen, dass dieses deutsche Label noch keinen einzigen Cent Absatz mit dem "Deutschland-Cut" macht.
Natürlich habe ich die Uncut-Version gesehen, aber um was geht es genau in "Inbred"?
In diesem Backwoodhorror der anderen Art haben wir es mit den üblichen Verdächtigen zu tun. Sieben stinklangweilig gezeichnete Charaktere würgen sich erstmal knapp 50 Minuten durch einen Plot, den man als einschläfernd bezeichnen kann. In dieser langen Laufzeit kann man dann doch zu zwei Charakteren eine leichte Sympathie aufbauen, während die anderen gleichgültig bis austauschbar bleiben. Wenn man jetzt aber überlegt, dass da schon gut zwei Drittel Laufzeit rum sind, ist das ein echtes Armutszeugnis für diesen Film. Natürlich dürfen wir auch die allen Anschein harmlosen Rednecks kennenlernen, doch reicht dies für mich nicht aus, um sagen zu können, dass ich bei Laune gehalten worden bin.
Aber es kommt noch schlimmer: Denn ich weiß nicht, was ich von der Zirkus-Nummer halten soll. Auf der einen Seite ist sie bizarr, grausam und vollgestopft mit schwarzen Humor, auf der anderen Seite frage ich mich, wie man auf die Idee kommt, solch ein beklopptes Drehbuch zu schreiben.
Aber zum Glück bleibt der Film in dieser strangen Sackgasse nicht stecken. Den Überlebenden gelingt die Flucht, die sich zwar nicht immer logisch gestaltet, aber dennoch äußerst spannend und blutig geraten ist. Da die teilweise liebgewonnenen "Touristen" dann doch noch so etwas wie Mitfiebern versprühen, verkommt das ganze nicht einfach zur lachhaften Chose wie ein "Wrong Turn 2-5".
Dass Regisseur Chandon den ganzen Film nicht ernstgenommen hat, merkt man besonders der Schlussphase an, bei dem die Schrotflinten das Sagen haben und unter den Rednecks lediglich noch Wetten abgeschlossen werden, wer wie lang überlebt.
"Inbred" ist der bessere "Wrong Turn" - was aber nicht viel heißen soll. Was mich wirklich geärgert hat, waren vorallem die lange Anlaufzeit und die dermaßen unsympathisch gezeichnete Gruppe an Normalbürgern, dass ich schon sagen kann, dass mir die inzestuösen Bauern mehr ans Herz gewachsen sind, als sie eigentlich sollten.
Was das Publikum wirklich spalten dürfte, ist die Zirkus-Szene, die zwar abgrundtief eklig und auch blutig vonstatten geht, aber dem Mainstream-Schauer zu viel an bizarrer Story abverlangt.
Insgesamt weiß ich nicht, was ich davon halten soll. Auch mir war das Gesehene etwas zu strange, dass ich denke, dass es bei einem einmaligen Ansehen bleiben wird.
5/10