Review

Pilot

Es war mir ja schon klar, als ich die großspurigen Trailer und Ankündigungen von Pro7 verfolgte. Und im Grunde sind all meine Vorbehalte oder meine Kritik gegenüber "Terra Nova" leicht in der Luft zu zerreissen, immerhin mag ich ja Serien wie "The walking dead" und "Dead Set" die beileibe nichts Neues erzählen. Und dennoch... .

Was muss im Hirn von Produzent, Drehbuchautor und Regisseur vor sich gegangen sein? Welcher TV-Sender setzt bittte auf ein derart durchgerittenes Pferd?

Einem findigen Marketingstrategen wäre zuallererst einmal aufgefallen, dass es da mal vor vielen, vielen Jahren eine filmtechnische Revolution mit Namen "Jurassic Park" gab. Da war nämlich dieser findigen Typen namens Steven Spielberg. Dieser hatte von einem noch viel ausgefuchsteren und unfassbar geldgierigen Freund namens George Lucas gelernt, wie man ein Filmkonzept perfekt vermarktet. Und das war wichtig, konnte man doch auf diese Weise von den Unzulänglichkeiten des Films ablenken.

Und das geht so: Man verkauft ganz viel Spielzeug mit Bezug zum Film. Dann bringt man das Thema des Films dauernd in der Werbung (sowohl Print als auch Bewegtbild). Und wenn erst einmal alle Welt über das Thema spricht, die Kinder Ihre Eltern nerven, weil Sie unbedingt in den neuen Themepark "Dinosaurier" wollen oder nur noch in Dinobettwäsche schlafen können, dann ist es egal ob der Film nun wirklich so toll ist oder nicht. Alle Welt wird - allein um mitreden zu können - in die Kinos rennen.

Erfunden hat dieseTaktik, so sagt man, ein gewisser Walt Disney. Perfektioniert wiederum wurde Sie der Sage nach von  James Cameron.

Nun ist es aber so, dass man genau aus diesem Grund, nämlich dass der Film hinter der Werbestrategie meist gar nicht so gut ist, versucht soviele Menschen wie möglich am Startwochenende zum Kauf eines Tickets zu bewegen. Hat sich nämlich erst einmal herumgesprochen dass der Film gar nicht mal so gut ist ...

... Tja, das Ergebnis lässt sich leicht beim Vergleich der drei "Jurassic Park"-Teile erkennen. Die erste Michael Chrichton-Verfilmung war tricktechnisch genial und damit Grundlage eines jeden Hollywoodblockbusters der letzten 15 Jahre (selbst Oscar-Preisträgerdramen á la "Benjamin Button" kommen ja heutzutage nicht mehr ohne Effektoverkill aus). Storytechnisch haperte es leider gewaltig, war doch die Mischung aus Fortschrittskritik, Mad-Scientist- und Creaturefeature alles andere als neu.

Dennoch muss man zugeben JP hatte was und ist immer noch wunderbar konsumierbar. Doch was sollte man der Geschichte bitte noch hinzufügen? Teil 2 hatte noch ein wenig mehr Abenteuerfilm und holte im finalen Teil den Echsenterror ganz im Stil eines "Godzilla"-Films von der Insel in die Großstadt.

Doch Teil drei zeigte sich als Totalausfall ohne größere Berechtigung. Das Thema war auseglutscht und wurde demnach zurecht fallengelassen. Eine Quasifortsetzung gab es höchstens noch in Form von Videospielen (nämlich "Dino Crisis I+II").

Das Dinofieber scheint ausgestorben und vielleicht ist für Relikte eines alten Zeitalters eben diese Zeit im neuen Jahrtausend auch tatsächlich abgelaufen. Zwar versuchte es eine englische Serie noch einmal mit einer Reaktivierung ("Primeval"), dies jedoch mit einem völlig anderen Konzept und auch hier nur mäßig erfolgreich.

Was also um alles in der Welt hat Spielberg also dazu bewegt, zumal er ja sowieso nicht immer ein absolut sicheres Händchen für Serien beweisen konnte (siehe "Amazing Stories" oder ´"Taken"), dieses verstaubte Konzept wieder hervorzuholen?

Vielleicht sind Dinos, genau wie Aliens, ein Thema dass ihn immer und immer wieder in seinem Träumen heimsucht (anders lässt sich das misslungene Ende von "Indiana Jones und der Kristallschädel" nicht erklären). Vielleicht hilft ihm nur, diese Kreaturen andauernd auf Zelluloid zu bannen. Vielleicht herrscht im Hirn von Steven aber auch einfach Ideenarmut (Krieg, Aliens, Dinos, ... gibt´s überhaupt sonst noch wichtige Themen auf der Welt?)

Nun hat "Terra Nova" ("Terra Perdita" wäre wohl zu offensichtlich gewesen) aber neben dem abgedroschenen Handlungskonstrukt (Menschen im Dinoland) noch ein weiteres Problem. Eines nämlich verstanden die Eingangs erwähnten Produktionen, egal ob "Star Wars" oder "Der mit den Schlümpfen tanzt", alle: durch Ihre Effekte zu beeindrucken!

Doch schon der maue Dystopiebeginn in der Zukunft (kaum mehr Luft oder Essen, Überbevölkerung und Verschmutzung) weiß durch schlechte PC-Animationen im Stil eines "Final Fantasy Vii" (das Spiel, nicht der Film) zu verschrecken. Auch die Dinsoaurier selbst sind zwar in ihren Bewegungen recht geschmeidig (hier griff man offensichtlich auf die Bewegungsstudien der drei JP-Teile zurück), haben aber nichts mehr von der beeindruckenden Perfektion eines T-Rex oder Velociraptors aus dem ersten Teil. Damals machte sich die Mischung aus Modell und CGI einfach bezahlt - die Effekte von "Terra Nova" rufen aber leider die viel zu hell eingepaseten Viecher des dritten Teils in Erinnerung, die so gar nicht mit dem real gefilmten Hintergrund harmonieren wollten.

Dafür konnte man aber scheinbar Teile der Sets auf Hawai wiederverwerten (obwohl ich dachte die wären damals durch einen Hurrikan vernichtet worden). Gerade die Zäune kennt man dann doch ein wenig zu gut.

Neben den Effekten ist es dann auch die Schema-F Handlung die dem Ganzen ein Bein stellt (und das obwohl das Konzept von Anfang an auf wackligen Beinen stand). Die Charaktäre sind allesamt der Klischeekiste entsprungen. Vom aufrechten Ehemann (natürlich Ex-Polizist, der aber für seine Familie in den Knast musste), bis zum innerhalb von 5-Minuten etablierten Loveinterest des Sohnes. Und natürlich gibt es, ganz "Lost", noch eine Gegenpartei, die aber schon in der ersten Episode zeigt, dass sie gar nicht so böse ist. Wie das Ganze weitergeht braucht man nicht mehr wirklich erraten. Getragen wird die Chose dann auch noch von eher mindertalentierten Darstellern, die es zu keinem Zeitpunkt schaffen, Sympathien einzuheimsen.

Schade ist bei alledem eigentlich weniger, das "Terra Nova" der erwartete überflüssige Unfug ist. Nein, das traurige ist, dass hier die Produzenten wieder einmal dem großen Namen mehr Vertrauen schenkten, als einem kleinen, dafür aber vielleicht viel feineren Konzept. Wer weiß, wie viele Skript- und Serienentwürfe in den Papierkorb wanderten - die um so vieles besser waren, als dieser langweilige Einheitskäse - nur weil sie eben keine Rückendeckung vom großen Meister Spielberg hatten. Und wer weiß, welche Serien Chancen hätten, nicht nur bei irgendwelchen Nischensendern ihr Dasein zu fristen, statt heftig für die PRO7-Primetime beworben zu werden. Aber so ist es nunmal - nur mit Beziehungen kommt man weiter.

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