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DUNGEONS & DRAGONS ist die Verfilmung des gleichnamigen Rollenspielklassikers, der Ende der 90iger Jahre durch den Erfolg von FORGOTTEN REALMS : BALDUR'S GATE auf zahlreichen PCs für Furore sorgte. Das Spielprinzip ist dabei denkbar einfach, es wird der klassiche patriarchale Mythos in endloser Variation und mit zahlreichen popkulturellen Anleihen versehen immer wieder aufs neue nacherzählt: die Helden durchqueren ein Labyrinth, erschlagen Drachen und anderes Gezücht und bergen schlußendlich einen Schatz bzw. retten die holde Jungfrau.

In Courtney Solomons enthusiastischem, aber letztlich an der Kinokasse gescheitertem Spielfilm wird nun - ungewollt - die freudianische Dimension dieses Spielvergnügens deutlich. Aus dem Nebel taucht ein phantastisches Reich auf, eine Kamerafahrt führt in die Gewölbe unter einer prächtigen Stadt, in denen übles geschieht. Der böse Zauberer Profion (ein herrlich überchargierender Jeremy Irons) hätte gerne einen Zauberstab (!), der es ihm ermöglicht, Rote Drachen zu befehligen. Diese Herrschaft über das Feuer bedeutet letztlich die Macht über den Phallus (in Freuds Essay "Zur Gewinnung des Feuers" nachzulesen). Die Sache klappt jedoch zum Glück nicht so recht, so daß der unbeherrschbare Drache von einem Fallgitter zerquetscht wird. Also muss nun der "Stab von Savrille" her, der irgendwo in einer Höhle versteckt wurde. Und die junge Kaiserin mit ihren demokratischen Ideen muss natürlich weg! Das Reich Ismar, das auf keinem offiziellen D&D-Hintergrund basiert, da man sich für DRAGONLANCE oder die FORGOTTEN REALMS die Lizenzrechte nicht leisten konnte oder wollte, ist nämlich ein Zwei-Klassen-System mit einer priviliegierten gebildeten Magierkaste und den unterdrückten Nichtmagiern.

Nach diesem aufdringlichen Symbolismus kommen nun die Diebe Ridley und Snails als Sympathieträger ins Spiel, die in die Magierschule einbrechen, dort geschnappt werden und schon kurz darauf mit einer hübschen Magierin und einem grummeligen Zwerg (dem vermutlich größten seiner Spezies!) im Schlepptau wider Willen ein Quest zur Rettung des Reiches zu bestehen haben. Verfolgt werden sie dabei vom heimlichen Star des Films, dem mächtigen Damodar (affenscharf: Bruce Payne mit blauem Lippenstift und aus den Ohren quellenden Tentakeln). Dabei macht vor allem Ridley einen Rite de Passage durch in dessen Verlauf er sich dreimal bewähren muss: als geschickter Dieb, als Retter der von Damodar entführten Magierin, mit der sich logischerweise etwas anbahnt und schließlich als wiederauferstandener Heilsbringer (nach einer homosexuell aufgeladenen Excalibur-Hommage mit Damodar). Nebenbei verliert er auch noch seinen lustigen Kameraden Snails, was ihm die Zukunft mit der Zaubermaus erleichtern dürfte.

Irgendwann kommt es dann zur großen Computerschlacht zahlreicher Drachen, in deren Verlauf der sadistische Übervater Profion von einem Drachen gefressen wird und Ridley brav den Stab von Savrille zerstört. Einmal mehr zeigt sich, daß der Mensch die Natur nicht kontrollieren und benutzen soll, indem er sie aufs zur Verfügung stehende Objekt reduziert. Und natürlich sind amerikanisch-demokratische Parolen wie "Hurra Volk, hiermit seid ihr alle frei!" immer gut für ein Happy-End.

Damit ist DUNGEONS & DRAGONS trotz eines eher chaotischen Endschnitts, durch den zahlreiche Informationen (zum Beispiel die Eigentliche Aufgabe der Helden!) irgendwie verlorengehen in formaler Hinsicht so eindeutig, daß er beinahe als Kritik am Genre verstanden werden kann. Dies führte wohl auch zum Unmut der wichtigsten Zielgruppe des Films, der D&D-Fans, da die ödipale Struktur des D&D-Spiels (Entmachtung des tyrannischen Vaters durch den Messias, Phalluskult usw.) durch das holperige Quest-Motiv und zahlreiche Referenzen an bekannte Helden Lucas- und Spielbergscher Prägung nur unzureichend verborgen wurde.

Trotz einiger offensichtlicher Mängel ist DUNGEONS & DRAGONS jedoch lange nicht so schlecht wie sein Ruf. Wer nicht gerade einen Herrn der Ringe erwartet, bekommt farbenprächtige und actionreiche, aber leider etwas zu seichte Konfektionsware mit schöner Musik geboten - ein oberflächliches Stück Kulturindustrie, das logischerweise noch die eine oder andere Fortsetzung auf sich folgen lassen wird.

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