"Das Schloss des Grauens" beginnt als klassischer Gothik-Knaller, der alles bietet, was das Herz begehrt. Eine frisch verheiratete Frau spürt des Nachts mit Kerzenleuchter im Nachthemd durch ein mittelalterliches Schloss, um herauszufinden, dass eine Frau mittles Eiserner Jungfrau ermordet wurde. Ihr Mann und Hausherr des Schlosses will so recht keine Hilfestellung bei der Lösung des Mordfalles geben. Auch der durch Narben verunzierte Diener (sehr gut agierend Christopher Lee) ist keine vertrauenserweckende Bank. Als einzige Erklärung wird der jungen Herrin erläutert, dass auf dem Schloss früher ein Hausherr lebte, der sich als Richter aufspielte und drakonische Maßnahmen des Strafvollzuges schätzte. Dieser sei nun zurückgekehrt.
Und genauso ist es. Es schlicht jemand in Richterklamotten durch das Haus, bedroht unsere Heldin und tötet noch einige weitere Menschen (aber leider nicht so schön wie das erste Opfer; beim zweiten ist die Methode zwar gut, aber er wird leider unterbrochen). Nach kurzen Verdächtigungen, dass ihr eigener Mann der Mörder sein könnte, stellt sich ihr Schwiegervater als derjenige welche heraus. Er war einer der Mitverschwörer des 20. Juli und wurde fürchterlich bestraft, was sein seelisches Gleichgewicht arg durcheinander gebracht hat. Erst im Sterben, Seite an Seite mit seinem treuen Diener, findet er zu sich selbst zurück.
Wie gesagt, der Film beginnt schön gruselig im Gothik-Sinne (es fehlen nur noch Spinnenweben). Dann verliert er in der Mitte deutlich an Fahrt, um dann zum Ende hin im Nazi-Fahrwasser auf einer völlig neuen Schiene weiterzumachen. Der für die damalige Zeit sicher provozierende Plot wirkt auch heute noch und macht den Film interessanter. Tricktechnisch ist die Idee aber eher mittelmäßig umgesetzt.
Es muss festgehalten werden, dass weder die Begleittexte noch der Titel dem Inhalt gerecht werden. So sind gewisse Enttäuschungen vorprogrammiert. Auch schauspielerisch ist nicht alles perfekt. Zum Ende hin wirken gewisse Poe-Elemente deplatziert, da der Zuschauer thematisch den Gothik-Sektor bereits verlassen hat.
"Das Schloss des Grauens" ist trotzdem ein lohnender Film, der nicht nur für Lee-Fans und Gothik-Freunde interessant sein dürfte. Von mir 6 von 10 Punkten.